Soziale Interventionen in der Psychotherapie. Группа авторов
Gefährdung von Einkommen, drohende Sanktionen von Ämtern bei fehlender Mitwirkung) führen dazu, dass auch der Grad der Freiwilligkeit, sich in Beratung zu begeben, sehr unterschiedlich ist. Der Aufbau einer tragfähigen Beziehung ermöglicht im Verlauf des Beratungsprozesses jedoch auch die Konfrontation der PatientInnen mit problembehafteten Anteilen. Dabei sind jedoch strukturelle Rahmenbedingungen zu beachten, die diesen Aufbau verkomplizieren können.
Im anschließenden Beitrag »Psychosozial und interdisziplinär verstehen und handeln: Wie geht denn das konkret?« erläutern Silke Birgitta Gahleitner und Yvette Völschow« anhand einer Fallvignette, wie psychosoziales Verstehen und Handeln auf interdisziplinärer Ebene stattfinden kann. Insbesondere in sog. Hard-to-reach-Fällen stellt sich diese Zusammenarbeit als konstitutiv für eine angemessene Qualität der Behandlung heraus. Die weitreichenden Belastungen solcher und ähnlicher Biografien stellen psychosoziale Fachkräfte vor große Herausforderungen. Werden KlientInnen vom Hilfesystem jedoch adäquat unterstützt, kann ihre Überlebenskraft und -kreativität sehr konstruktive Kräfte entfalten. Vorgestellt werden professionsbegründete Prinzipien diagnostischen Fallverstehens und ein bereits bewährtes Modell für die Therapie, Beratung und Begleitung von traumabetroffenen Frauen, welches die verschiedenen Professionen in der gemeinsamen Arbeit an Hard to reach-Fällen zusammenführt und gelungene Kooperation möglich macht.
Einen Überblick zu den Unterschieden und Gemeinsamkeiten von Psychotherapie und Sozialer Arbeit in der Arbeit mit Ressourcen gibt Günther Wüsten in seinem Beitrag »Die Arbeit mit Ressourcen – eine Präzisierung psychosozialer Perspektiven«. In der Unterstützung und Hilfe bei sozialen Problemen geht es oft um das Erschließen von Ressourcen. Der Autor stellt ein Modell vor, das sich gut eignet, eine biopsychosoziale Perspektive zu öffnen. Im Vordergrund steht die Frage, inwieweit es einem Individuum gelingt, grundlegende Bedürfnisse in seinem Lebensführungssystem in den unterschiedlichen sozialen Systemen zu verwirklichen. Unter der sozialtherapeutischen Betrachtungsweise geraten als Folge auch die sozialen Bedingungen, insbesondere Ressourcen, in den Blick. Der Zugang zu sozialen Ressourcen bestimmt wiederum nicht nur das Ausmaß realisierter Partizipation, sondern auch das Ausmaß möglicher Gesundheit sowie die zu erwartenden Lebensjahre.
Unter dem Titel »Professionsgrenzen als Kompetenzgrenzen und Kooperationsgebote – ethische Aspekte psychosozialer Arbeit« geht Ruth Großmaß daraufhin auf die ethischen Aspekte der psychosozialen Arbeit ein. Die seit der Mitte des 20. Jahrhunderts stattfindende Ausdifferenzierung der Berufe im Bereich der psychosozialen Versorgung hat Spezialisierungen und Abgrenzungen hervorgebracht, gleichzeitig aber dazu geführt, dass häufig verschiedene Professionen mit denselben PatientInnen bzw. KlientInnen arbeiten. Mag im medizinischen Bereich das etablierte Überweisungssystem noch dafür sorgen, dass Interventionen und Behandlungen abgestimmt und in sich kohärent erfolgen, so ist dies bei Betrachtung der psychosozialen Versorgung als Ganzes nicht der Fall. Hier treffen Psychotherapie und Soziale Arbeit (insbesondere mit den Schwerpunkten Klinische Sozialarbeit bzw. sozialpädagogische Begleitung) als eigenständige Professionen aufeinander, die jeweils von verschiedenen Trägern organisiert werden und unterschiedlichen staatlichen Stellen gegenüber verantwortlich sind. Ethische Überlegungen können helfen, einen professionellen Umgang mit den sich daraus ergebenden Fragen und Problemen zu finden.
Abschließend werden in dem Beitrag »Inklusion und Teilhabe als wichtige Aspekte in den sozialen Unterstützungsleistungen und in der psychotherapeutischen Versorgung von Menschen mit kognitiven Einschränkungen und psychischen Erkrankungen« von Harald Schwarzmann und Insa Helmken die Bedeutung der Teilhabe an der Gesellschaft und die Möglichkeiten der Sozialen Arbeit in den Tätigkeiten mit behinderten Menschen erörtert. Sie beschreiben zum einen die Versorgungssituation von Menschen mit kognitiven Einschränkungen, zum anderen gehen sie auf die notwendigen kontext- und lebensweltorientiert ausgerichteten pädagogischen, psychotherapeutischen und psychiatrischen Interventionen ein. Das gegenwärtige Gesundheitssystem, so wird im Artikel deutlich, schafft Barrieren in der Nutzung medizinischer und psychotherapeutischer Leistungen. Dafür werden alternative Strukturen benannt, und es wird thematisiert, dass gesellschaftspolitische Konzepte wie Inklusion auch die Notwendigkeit von Änderungen in der fachlichen Konzeptionierung wie z. B. erweiterte Ansätze psychotherapeutischen Handelns erfordern. Daraus ergibt sich die Anforderung, pädagogische, psychotherapeutische und psychiatrische Intervention kontext- und lebensweltorientiert auszurichten. Mit der Inklusion verschiebt sich auch der Fokus von rein individualistisch orientierten Konzepten zur Bewältigung von Konflikten im sozialen Feld. Abschließend wird auf konkrete Anforderungen an die soziale und (psycho-)therapeutische Arbeit mit Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen hingewiesen.
Der dritte Abschnitt des Buches gibt einen Einblick in verschiedene Praxisfelder, in denen Psychotherapie und Soziale Arbeit gleichermaßen involviert sind. Der einführende Artikel »Sozialtherapeutische poststationäre Betreuung im Rahmen der stationären psychosomatischen Behandlung – ein Fallbeispiel« von Bärbel Siegfarth-Häberle widmet sich Situationen, die (teil)stationäre Psychotherapie erforderlich machen. Diese sind in vielen Fällen auch mit sozialen Problemlagen verbunden, ohne deren Lösung psychotherapeutische Ansätze nicht nachhaltig wirken können. PatientInnen sollten im Rahmen der stationären Behandlung ermutigt werden, sich mit diesen Schwierigkeiten auseinanderzusetzen. Oftmals ist der Prozess zur Klärung der sozialen Situation mit der Entlassung der PatientInnen jedoch noch nicht abgeschlossen und erfordert weitere intensive Unterstützung, um den Behandlungserfolg nachhaltig zu sichern. In vielen Fällen befinden sich PatientInnen zum Zeitpunkt der Behandlung noch nicht in ambulanter Therapie, aufgrund von Wartezeiten und probatorischen Sitzungen ist die sozialtherapeutische Unterstützung bei schwierigen Problemlagen im Übergang daher ein wichtiger Punkt.
Einem spezifischen Feld, in dem die Sozialtherapie eine wichtige Stellung einnimmt, widmen sich Stefanie Leers und Melanie-Svenja Küppers-Naß. Unter dem Titel »Sozialtherapie in der Suchtbehandlung: Von der Notwendigkeit der Klinischen Sozialarbeit aus biopsychosozialer Perspektive« thematisieren sie in theoretischen Überlegungen sowie anhand eines Fallbeispiels die Notwendigkeit sozialtherapeutischer Behandlung als ein wesentliches Konzept in der Suchtbehandlung. Das Feld der Klinischen Sozialarbeit umfasst die soziale Suchttherapie, die in der Regel von Sozial- und SuchttherapeutInnen durchgeführt wird. Ebenso deutlich jedoch wird auch die dynamische Verzahnung von medizinischer, psychologischer und sozialer Behandlung, die verschiedene Zugänge zu ganz unterschiedlichen Problemlagen und Fallkonstellationen möglich macht.
Unter dem Titel »Erziehungs- und Familienberatung – Schnittmengen Sozialer Arbeit und Psychotherapie« stellt Mathias Berg anschließend die multidisziplinäre Ausrichtung der Erziehungs- und Familienberatung vor. In Beratungsstellen für Eltern, Kinder und Jugendliche, die nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (§ § 17, 18, 28 SGB VIII) arbeiten, ist eine (psycho)therapeutische Qualifikation der Fachkräfte konstitutiv. Viele dieser Fachkräfte haben einen sozialarbeiterischen Professionshintergrund. So sind pädagogische und damit verbundene therapeutische Leistungen mit Kindern und Jugendlichen, wie auch mit ganzen Familien, keine heilkundliche Behandlung – dennoch berühren viele Interventionen die Schnittstelle zwischen Sozialer Arbeit und Psychotherapie. Der Artikel gibt einen Überblick zu interprofessionellen Gemeinsamkeiten wie Unterschieden in den Bereichen Diagnostik und Therapie und verortet die (Klinische) Soziale Arbeit als psychosozial und therapeutisch handelnde Profession im Konzert mit einer Reihe weiterer Berufsgruppen.
Einem weiteren wichtigen Arbeitsbereich widmen sich Maximiliane Brandmaier und Adrian Golatka unter dem Titel »Psychosoziale Versorgung von Geflüchteten und Asylsuchenden«. Geflüchtete Menschen haben aufgrund ihrer Erfahrungen von Verfolgung, Flucht und Trauma sowie der belastenden Situation im Exil ein stark erhöhtes Risiko für die Entwicklung psychischer Störungen. Aufgrund der komplexen Belastungen kann nicht nur ein hoher Bedarf an psychotherapeutischer, sondern allgemein an psychosozialer Unterstützung angenommen werden. Häufig bedarf es dabei zunächst niedrigschwelliger, stabilisierender Angebote. In der Praxis finden Psychotherapie und Soziale Arbeit weitgehend getrennt voneinander statt, wenngleich die Behandlung komplexer Traumata und psychsozialer Problemlagen ein multiprofessionelles Versorgungskonzept erfordert. Welches Potenzial eine integrierte psychosoziale Versorgung in diesem Praxisfeld bietet, wird im Artikel u. a. an einem Beispiel aus dem Jugendhilfekontext umrissen.
Das Thema Trauma nehmen