König Artus. Arnulf Krause

König Artus - Arnulf Krause


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Qualitäten der Malory-Handschrift erkannte William Caxton, der als Händler während etlicher Jahre in Flandern und Köln den Buchdruck kennengelernt hatte. Nach London zurückgekehrt, war er unter anderem als Buchverleger tätig, der die Druckerpresse in England einführte. Malorys Werk gliederte er in 21 Bücher mit 507 Kapiteln sowie einem Prolog und einem Epilog. Zwecks besserer Übersicht legte er zudem ein Verzeichnis mit Inhaltsangaben der einzelnen Kapitel an. Dem letzten Teil mit Artus’ Ende entnahm er bekanntlich den Buchtitel, dessen elegischer Ton die vorherrschende Stimmung in England treffen mochte. Aber Caxtons Druckwerk bot viel mehr, nämlich »edles Rittertum, Höflichkeit, Menschlichkeit, Freundlichkeit, Kühnheit, Liebe, Freundschaft, Feigheit, Mord, Haß, Tugend und Sünde« (Sir Thomas Malory 1977, 12) und somit zahlreiche Aspekte der menschlichen Natur. Dies alles ruft jene Faszination hervor, die von Artus und den Rittern seiner Tafelrunde bis heute ausgeht.

       Mit Zauber gezeugt und von Feen entrückt – Die Vita des Artus

      Aus Malorys und Caxtons Werk lässt sich eine Vita des Königs Arthur erschließen (im Folgenden in der englischen Namensform der literarischen Vorlage. Wie der Artusname wechseln auch viele andere Figurennamen in mehreren Varianten. Darauf wird nicht weiter eingegangen, sofern sich der Name eindeutig erkennen lässt). Vorgeschichte und Anfänge werden bereits von Wunderbarem und Magischem beherrscht: Der englische König Utherpendragon begehrt Igraine, die Frau seines Gastes, des Herzogs Gorlois von Cornwall. Dieser verlässt darum heimlich mit ihr den königlichen Hof, was Uther zornig als Missachtung versteht. Es kommt zum Krieg, in dem Lady Igraine in der Burg Tintagil (Tintagel an der Nordwestküste Cornwalls) in Sicherheit gebracht wird, während sich Gorlois auf der benachbarten Festung Terrabil der Belagerung durch König Uther stellt. Ihr trotzt der Herzog mit Erfolg, was den Liebestollen geradezu krank vor Wut und Leidenschaft macht. Zum ersten Mal tritt der Zauberer Merlin auf den Plan, und zwar in der Verkleidung eines Bettlers. Er weiß bereits von des Königs Begierde und verspricht Abhilfe. Er will jedoch als Bedingung das von Uther mit Igraine gezeugte Kind. Dieser lässt sich darauf ein, worauf Merlin einen magischen Gestaltwechsel vornimmt: Uther reitet in der Gestalt des Herzogs nach Tintagil, wird selbstverständlich zur Burgherrin vorgelassen und wohnt ihr bei – just zu diesem Zeitpunkt findet Gorlois den Tod im Kampf. Damit endet der Krieg, und schließlich vermählt sich Uther mit Igraine. Nach der Geburt seines Sohnes wird dieser wie vereinbart in aller Heimlichkeit Merlin übergeben. Der wiederum vertraut das Kind dem ehrenwerten Ritter Sir Ector (Hector) an, der es wie seinen eigenen Sohn aufzieht und auf den Namen Arthur taufen lässt. Während Arthur heranwächst, herrscht Utherpendragon siegreich über England. Aber nach schwerer Krankheit und frühem Tod erheben die Lords ihre Machtansprüche. In dieser Situation erweist sich Merlin als graue Eminenz, die die Fäden in der Hand hält. Obwohl dubioser heidnischer Herkunft rät er dem Erzbischof von Canterbury, wegen Uthers Nachfolge alle Lords und Ritter zu Weihnachten nach London zu laden. Dort werde Jesus ein Wunder bewirken. »In der größten Kirche Londons« – damit könnte St. Paul’s Cathedral gemeint sein – tritt die Versammlung nach Morgengebet und Messe hinaus auf den Vorplatz und erblickt »einen großen viereckigen Stein, wie ein Marmorblock, und mitten darauf etwas, ungefähr einen Fuß hoch, das wie ein stählerner Amboß aussah, darin stak, tief hineingestoßen, ein blankes Schwert, um das in goldenen Buchstaben geschrieben stand: Wer dieses Schwert aus diesem Stein und Amboß herauszieht, der ist der rechtmäßige König von ganz England« (Sir Thomas Malory 1977, 24). An diesem mythischen Objekt, das zu den bekanntesten und rätselhaftesten Requisiten der Artuswelt gehört, versuchen sich sogleich einige Lords – doch erfolglos.

      Während das Schwert streng bewacht wird, findet ein großes Turnier statt. Zu diesem kommen auch Sir Ector und sein Sohn Kay sowie dessen vermeintlicher Bruder Arthur. Als der Ritter Kay sein Schwert für das Turnier vermisst, schickt er seinen Knappen Arthur, es zu holen. Nach erfolgloser Suche tritt dieser zum gerade unbewachten Schwert in Amboss und Stein und zieht es mit Leichtigkeit heraus, um es Kay zu übergeben. Der erkennt das Schwert sofort, maßt sich den Königstitel an, gibt dann aber in der Kirche beim Bibelschwur zu, es von Arthur erhalten zu haben. Sir Ector erklärt diesen zum König – das Schwert kann er leicht wieder in den Stein stoßen. Der Magie der Zeugung folgt das Wunder des Schwertes, das den jungen Knappen zum König macht. Als Ector ihn über seine Herkunft aufklärt, bekennt sich Arthur zur Nachfolge seines Vaters Uther und macht seinen Stiefbruder Kay zum Seneschall, also zum führenden Beamten seines Hofes. Doch der Widerstand der Barone und anderer hoher Herren bleibt bestehen, obwohl all ihre Versuche, das Schwert aus Stein und Amboss zu ziehen, scheitern. Dem Ratgeber Merlin schwant Gefahr für den jungen Herrscher, weswegen er Uthers meistgeschätzte Ritter zum Pfingstfest nach London kommen lässt, um Arthur zu schützen. An diesem in der Artuswelt wichtigsten Fest zieht Arthur das Schwert erneut und legt es auf den Altar. Dann schlägt ihn der Erzbischof zum Ritter und krönt ihn zum König Englands. Als solcher erweist er sich sofort als Herrscher, der Gerechtigkeit und andere Tugenden gelobt und zugleich geschehenes Unrecht seines Vaters rückgängig macht. Dann besetzt er die Hofämter mit seinen Vertrauten und unternimmt erste Feldzüge, auf denen er Englands Norden, Schottland und Wales erobert.

      Dort kommt es in Carlion (Carliun, Caerleon in Südwales) zu einem Aufstand, vor dem er sich in einer Burg verschanzen muss. Wiederum erscheint Merlin und enthüllt den Aufständischen die wahre Herkunft Arthurs. Von den meisten Rittern wird er jedoch als »Hexenmeister« geschmäht. Obwohl er trotzdem für den König freies Geleit erwirkt, kommt es zum Streit mit den Rebellen. Arthur zieht sich in seine Burg zurück, Merlin wird von König Lot von Orkney verhöhnt. Selbst er rät nun zum Angriff. Als Lot während des Kampfes Arthur in Bedrängnis bringt, wählt dieser das letzte Mittel: »Darauf zog er sein Schwert Excalibur, das strahlte so hell in den Augen seiner Feinde, als leuchteten dreißig Fackeln« (ebd., 31). Was bislang ein Ritterkampf war, wird daraufhin zum Volksaufstand; denn die einfachen Menschen von Carlion erheben sich, bewaffnen sich mit Keulen und Knütteln und töten viele Ritter, die Überlebenden suchen ihr Heil in der Flucht. Damit ist der Krieg um England jedoch nicht beendet; ganz im Gegenteil nimmt er an Härte zu. In London beratschlagt sich Arthur mit Merlin, auf dessen Rat er ein Bündnis mit König Ban von Benwick (Bonewig, Benoic, wohl in der Bretagne oder Normandie verortet) und dessen Bruder König Bors von Gallien eingeht. Zu Allerheiligen begehen die drei Verbündeten ein großes Fest nebst dem üblichen Turnier. Merlin führt derweil ein Heer von 10 000 Reitern von Frankreich nach Dover, das er »auf den verborgensten Pfaden« nach Norden in den Wald Bedegraine (wahrscheinlich im englischen Pennines-Mittelgebirge) befiehlt, wo in einem Tal ein geheimes Lager errichtet wird. Die drei Könige ziehen ihrerseits mit 20 000 Mann in den Norden. Dort haben sich immerhin elf Könige gegen Arthur verbündet, darunter die Herren von Northumberland, Irland und Cornwall. Alles läuft auf eine Entscheidungsschlacht hinaus, in deren Vorfeld das Land verwüstet und Arthur von einem seiner vielen Träume heimgesucht wird. Unter Merlins Rat kommt es zur großen Schlacht, die ausführlich geschildert wird: »Arthur war so mit Blut bedeckt, daß man ihn nicht einmal an seinem Schild erkennen konnte, und sein Schwert troff von Blut und Hirn« (ebd., 45). Aber die elf Könige verteidigen sich standhaft. Merlin rät, die Feinde unbehelligt ziehen zu lassen. So endet die große Schlacht im Norden mit Arthurs Sieg, auch wenn er nicht vollständig ist. Der Feldzug zeitigt noch ein anderes Ergebnis: Mit der Grafentochter Lionors zeugt Arthur seinen Sohn Borre, später Ritter der Tafelrunde.

      Heimgekehrt nach Carlion begeht Arthur ungewollt einen ersten Sündenfall: Die Frau König Lots sucht ihn in dessen Auftrag mit einer Botschaft auf, hat aber Verrat im Sinn. Sie ist nämlich Arthurs Halbschwester Morgause (die Schwester Morganes), mit der er ahnungslos Mordred zeugt. Einer bösen Vorahnung mag es dann geschuldet sein, dass Arthur von Greifen und Schlangen träumt, die sein Land verwüsten und ihn schwer verwunden. Am Tag hat er rätselhafte Erlebnisse, so begegnet er auf der Jagd einem seltsamen Tier, aus dessen Bauch Lärm dringt. Ein anderes Mal führt ihn Merlin zu einem See, in dessen Mitte »sah Arthur einen Arm, der in weißen Brokat gekleidet war und ein prächtiges Schwert in der Hand hielt« (ebd., 63). Die Dame vom See erscheint und rät Arthur, zum Schwert zu rudern und es nebst Scheide an sich zu nehmen. Merlin erklärt ihm die Bedeutung der Scheide, denn wenn er sie an sich trage, könne er kein Blut verlieren – die Überlieferung um dieses Zauberschwert setzt es teils mit Excalibur gleich oder versteht das Schwert


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