Die bekanntesten Theaterstücke. Heinrich von Kleist
In einem goldnen Kästchen,
Auf das Amphitryon sein Wappen drückte.
SOSIAS: für sich. Er weiß um alles. – Alle Teufel jetzt! Ich fang im Ernst an mir zu zweifeln an. Durch seine Unverschämtheit ward er schon Und seinen Stock, Sosias, und jetzt wird er, Das fehlte nur, es auch aus Gründen noch. Zwar wenn ich mich betaste, wollt ich schwören, Daß dieser Leib Sosias ist. – Wie find ich nun aus diesem Labyrinth? – Was ich getan, da ich ganz einsam war, Was niemand hat gesehn, kann niemand wissen, Falls er nicht wirklich Ich ist, so wie ich. – Gut, diese Frage wird mir Licht verschaffen. Was gilt's? Dies fängt ihn – nun wir werden sehn.
Laut.
Als beide Heer im Handgemenge waren,
Was machtest du, sag an, in den Gezelten,
Wo du gewußt, geschickt dich hinzudrücken?
MERKUR:
Von einem Schinken –
SOSIAS: für sich. Hat den Kerl der Teufel –?
MERKUR:
Den ich im Winkel des Gezeltes fand,
Schnitt ich ein Kernstück mir, ein saftiges,
Und öffnete geschickt ein Flaschenfutter,
Um für die Schlacht, die draußen ward gefochten,
Ein wenig Munterkeit mir zu verschaffen.
SOSIAS: für sich. Nun ist es gut. Nun wär's gleichviel, wenn mich Die Erde gleich von diesem Platz verschlänge, Denn aus dem Flaschenfutter trinkt man nicht, Wenn man, wie ich, zufällig nicht im Sacke Den Schlüssel, der gepaßt, gefunden hätte.
Laut.
Ich sehe, alter Freund, nunmehr, daß du
Die ganze Portion Sosias bist,
Die man auf dieser Erde brauchen kann.
Ein mehreres scheint überflüssig mir.
Fern sei mir, den Zudringlichen zu spielen,
Und gern tret ich vor dir zurück. Nur habe die
Gefälligkeit für mich, und sage mir,
Da ich Sosias nicht bin, wer ich bin? Denn etwas, gibst du zu, muß ich doch sein.
MERKUR:
Wenn ich nicht mehr Sosias werde sein,
Sei du's, es ist mir recht, ich will'ge drein.
Jedoch solang ich's bin, wagst du den Hals,
Wenn dir der unverschämte Einfall kommt.
SOSIAS:
Gut, gut. Mir fängt der Kopf zu schwirren an,
Ich sehe jetzt, mein Seel, wie sich's verhält,
Wenn ich's auch gleich noch völlig nicht begreife.
Jedoch – die Sache muß ein Ende nehmen;
Und das Gescheiteste, zum Schluß zu kommen,
Ist, daß ich meiner Wege geh. – Leb wohl.
Er geht dem Hause zu.
MERKUR: stößt ihn zurück. Wie, Galgenstrick! So muß ich alle Knochen Dir lähmen?
Er schlägt ihn.
SOSIAS:
Ihr gerechten Götter!
Wo bleibt mir euer Schutz? Mein Rücken heilt
In Wochen nicht, wenn auch Amphitryon
Den Stock nicht rührt. Wohlan! Ich meide denn
Den Teufelskerl, und geh zurück ins Lager,
So finster diese Höllennacht auch glotzt. –
Das war mir eine rühmliche Gesandtschaft!
Wie wird dein Herr, Sosias, dich empfangen?
Ab.
Dritte Szene
MERKUR:
Nun, endlich! Warum trolltest du nicht früher?
Du hättst dir böse Risse sparen können. –
Denn daß ihn eines Gottes Arm getroffen,
Die Ehre kümmert den Halunken nicht:
Ich traf ihn wie der beste Büttel auch.
Nun, mag es sein. Gesündigt hat er gnug,
Verdient, wenn auch nicht eben heut, die Prügel;
Er mag auf Abschlag sie empfangen haben. –
Wenn mir der Schuft mit seinem Zeterschrei,
Als ob man ihn zum Braten spießen wollte,
Nur nicht die Liebenden geweckt! – So wahr ich lebe,
Zeus bricht schon auf. Er kommt, der Göttervater,
Und zärtlich gibt Alkmen', als wär's ihr teurer
Gemahl Amphitryon, ihm das Geleit.
Vierte Szene
Jupiter in der Gestalt Amphitryons. Alkmene; Charis; Merkur; Fackeln.
JUPITER:
Laß, meine teuerste Alkmene, dort
Die Fackeln sich entfernen. Zwar sie leuchten
Dem schönsten Reiz, der auf der Erde blüht,
Und keiner der Olympier sah ihn schöner;
Jedoch – wie sag ich? Sie verraten den,
Den dieser Reiz hieher gelockt, Geliebte,
Und besser wird es ein Geheimnis bleiben,
Daß dein Amphitryon in Theben war,
Sie sind dem Krieg geraubt, die Augenblicke,
Die ich der Liebe opfernd dargebracht;
Die Welt könnt ihn mißdeuten, diesen Raub;
Und gern entbehrt ich andre Zeugen seiner,
Als nur die eine, die ihn mir verdankt.
ALKMENE:
Amphitryon! So willst du gehn? Ach, wie
So lästig ist so vieler Ruhm, Geliebter!
Wie gern gäb ich das Diadem, das du
Erkämpft, für einen Strauß von Veilchen hin,
Um eine niedre Hütte eingesammelt.
Was brauchen wir, als nur uns selbst? Warum
Wird so viel Fremdes noch dir aufgedrungen,
Dir eine Krone und der Feldherrnstab?
Zwar wenn das Volk dir jauchzt, und sein Entzücken
In jedem großen Namen sich verschwendet,
Ist der Gedanke süß, daß du mir angehörst;
Doch dieser flücht'ge Reiz, kann er vergelten,
Was ich empfinde, wenn im wilden Treffen
Der Pfeil auf diesen teuern Busen zielt.
Wie öd ist, ohne dich, dies Haus! Wie träge,
Bist du mir fern, der muntre Reihn der Stunden,
Wenn sie den Tag herauf mir führen sollen!
Ach was das Vaterland mir alles raubt,
Das fühl ich, mein Amphitryon, erst seit heute,