Hölle am Himmel. Will Berthold

Hölle am Himmel - Will Berthold


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Million, Boß!«

      »Ein Trinkgeld«, winkte der Hausherr verächtlich ab. »Außerdem hat uns die Polizei längst eine Falle gestellt. Verlassen Sie sich darauf, Jack.« Er lächelte grämlich. »Ihr benehmt euch wie Anfänger!« Er nahm noch einen Schluck Bourbon. »Was ist ein Jumbo wert?«

      »An die fünfzig Millionen Dollar.«

      »Jet-Air würde ihn gern für ein paar Millionen zurückkaufen. Aber das ist noch nicht das richtige Geschäft. Wenn die richtigen Passagiere in der Maschine sitzen, kommt ein enormes Lösegeld zusammen. Bestimmt noch einmal zehn oder zwölf Millionen, vielleicht sogar fünfzehn. Nach oben sind überhaupt keine Grenzen gesetzt.«

      »Aber wie wollen Sie das anfangen, Boß?«

      »Meine Sache«, versetzte er. »Ihr tut, was ich euch sage. Außerdem will ich Geld und keine Leichen. Daß das in eure verdammten Makkaroni-Gehirne nicht hinein will.«

      Er sah Angst im Gesicht dieses Mannes, den die Unterwelt fürchtete, und genoß sie. »Also, es muß ein Jumbo sein«, sagte er. »Trommeln Sie Ihre Leute zusammen. Möglichst Burschen, die bei der Polizei noch nicht aufgefallen sind. Sechs, acht Männer. Vielleicht noch ein paar Mädchen. Sparen Sie nicht mit Personal. Übrigens werde ich selbst dabeisein.«

      »Sie, Boß?« erwiderte Jack Dossola verblüfft. Er hatte kleine Hechtaugen, eine Nase, die vorsprang wie eine feststehende Klinge. Sie stammte aus zweiter Hand. Die plastische Operation in Rom hatte den Italo-Amerikaner nicht schöner, jedoch für die Polizei unkenntlich gemacht. Gegen Fingerabdrücke, die sich nicht ändern ließen, konnte er sich durch Handschuhe schützen.

      »Wann steigt die Sache?« fragte er.

      »Wenn sich der Lärm gelegt hat«, erwiderte der Geschäftsmann mit dem Doppelleben. »Vielleicht verwirren wir unsere Freunde aber auch mit etwas Nervenkrieg. Wie weit seid ihr mit diesem Forthman?« fragte er dann.

      Jack Dossola grinste. »Er säuft uns aus der Hand.«

      »Gut, Jack. Halten Sie sich bereit.« Er verabschiedete seinen Besucher mit einer ungeduldigen Handbewegung. »Und lassen Sie sich hier nie wieder blicken.«

      Der Mann stand auf, und Jack Dossola wunderte sich, wie schnell sich ein Sitzriese in einen Stehzwerg verwandelte.

      8

      Die Entführung eines vollbesetzten Jet-Riesen lag in der Luft, und so erlebte Larry Merx die vorderhand längste Nacht seines Lebens. Jede Stunde Zeitgewinn war wichtig, um einem rabiaten Gangster-Anschlag zuvorzukommen. Und so verlangte der FBI-Experte von seinen Männern, was er sich selbst abforderte.

      Zunächst einmal machte er das Jet-Air-Hauptquartier wieder stubenrein …

      Er ließ die Wanzen, die Mini-Spione, aus Mr. Lovestones pompösem Arbeitszimmer entfernen und baute die Abhörvorrichtung wieder aus dem Telefon aus. Am Morgen würde auch die im Tresor verwahrte Million Lösegeld zur Bank zurückgebracht werden. Das war seine Art, zuzugeben, daß seine Falle versagt hatte.

      Wenn er sich selbst mit einschloß, hatten nur drei Personen von seinem Plan gewußt. Sein Scheitern erschien ihm deshalb unbegreiflich. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als nach seinem Leitsatz vorzugehen: Wunder gibt es nicht, und Rätsel werden gelöst.

      »Wir haben Mr. Lovestone überprüft«, meldete sich eine halbe Stunde später einer seiner Leute. »Der Mann ist völlig in Ordnung. Er kennt nur seine Arbeit und seine Familie, hat Geld wie Heu, und das versauert auf der Bank.« Er sprach und atmete heftig. »Nicht der geringste Ansatzpunkt für eine Erpressung.«

      Larry hatte kein anderes Ergebnis erwartet. Er griff nach der nächsten Zigarette, der vorletzten in seinem Päckchen. Ein ganz hübscher Verbrauch für einen Mann, der gestern noch Nichtraucher gewesen war.

      »Wir haben auch den Chefpiloten Nobis unter die Lupe genommen«, fuhr der Mann vorsichtig fort.

      »Ach nein«, bemerkte Larry Merx giftig.

      »Für ihn gilt das gleiche«, ergänzte der FBI-Mann. »Seine Freizeit und mein übriges Geld wären ein prächtiges Gespann.«

      »Und warum habt ihr mich nicht überprüft?« fragte Larry spöttisch.

      Keiner lachte über den faulen Witz, denn jeder seiner Leute wußte, daß das geringste Versäumnis genügte, um Hunderte von Menschenleben in Gefahr zu bringen.

      Zum drittenmal im Verlauf dieser unruhigen Nacht suchte Larry den Chefpiloten in der Flugzentrale auf. Der Freund saß vor einer großen Wandtafel und verfolgte die Flüge seiner Piloten. Sobald eine Maschine gestartet war, flammte ein Lämpchen auf. Mit einem Blick konnte Martin feststellen, daß um vier Uhr New Yorker Ortszeit bereits 23 Passagier-Flugzeuge den Luftraum füllten. Die ersten Jets waren im Morgengrauen in Tokio und Manila gestartet, dann in Bangkok und New Delhi. Es schien, als brütete die nach Westen weiterwandernde Sonne Riesenvögel aus.

      »Alles in Ordnung, Martin?« fragte der FBI-Mann.

      »Kein Zwischenfall«, bestätigte der Chefpilot. »Kein Hilferuf. Keine Alarmnachricht. Ein Sturmtief über dem Indischen Subkontinent, aber darauf verstehen sich unsere Leute ja.«

      Ein Bote brachte einen Zettel. Martin faßte ihn mit spitzen Fingern an, las den Text und grinste dann breit. Er griff zum Mikrofon und rief die Boeing 707, die kurz vor der Landung in Singapur stand.

      »Jet-Air-Flug 121«, meldete sich Flugkapitän Wagner.

      »Hier spricht Martin Nobis«, erwiderte der Chefpilot. »Gratuliere, Bob. Dein Stammhalter wiegt fünf Pfund und 27 Gramm.«

      Ein paar Sekunden blieb es still.

      »Aber das ist doch noch eine ganze Woche zu früh.«

      »Um so besser«, meinte Martin. »Mutter und Kind sind jedenfalls wohlauf.«

      »Vielen Dank, Martin.«

      »Und wie geht es euch sonst?« fragte der Chefpilot.

      Anstelle des Flugkapitäns antwortete der Co-Pilot der zu acht Tagen Fernost-Route eingeteilten Crew: »Bestens. Bis auf das Essen. Wir haben alle schon Schlitzaugen.«

      Albern setzte er hinzu: »Reis stopft.«

      Der Chefpilot warf wieder einen Blick auf die Wandtafel: 32 Jet-Riesen zogen jetzt auf ihrem vorgeschriebenen Kurs dahin, und auch in New York wurden die ersten Maschinen startklar gemacht.

      »Feierabend, Martin!« sagte Larry.

      »Nach dir«, erwiderte der Chefpilot.

      »Ich bin hier zu Hause«, entgegnete der FBI-Spezialist. »Wir haben euer feines Gästehaus für uns beschlagnahmt.«

      Mike Blower, Larrys Assistent, beendete den Streit. Er stürzte außer Atem herein, als hätte er den Weg von Washington nach New York im Laufschritt zurückgelegt.

      »Die Sache ist brandheiß«, schoß er los und legte seine Ausgrabungen aus dem FBI-Archiv auf den Tisch. »Unsere Kollegen in New York hatten diese Dossola-Gang schon lange im Auge. Das Übliche: Prostitution, Rauschgift, Spielhöllen, Erpressung. Auf einmal gab’s bei einem Banden-Krieg Morde am laufenden Band. Da griff das FBI zu und drehte die Dossola-Leute durch die Mangel. Dabei gingen 49 Gangster hoch.«

      »Und Jack Dossola?«

      »Dem Burschen war nichts nachzuweisen. Da haben es unsere Leute in New York mit der üblichen Tour probiert: Steuerhinterziehung.«

      »Und bevor es soweit ist, ist er getürmt?«

      »Untergetaucht«, versetzte Mike Blower. »Aber es nicht sicher, ob er noch lebt. Man hat drei Monate später einen ziemlich unkenntlichen Toten aus dem Hudson gezogen, und seitdem streiten sich die Experten, ob es Dossola war oder nicht. Da haben sich unsere schlauen Leute in Washington etwas ganz Besonderes einfallen lassen, nämlich Ausweisung«, höhnte Mike.

      »Das faule Ei des Kolumbus«, quittierte Larry Merx;


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