Don Carlos. Friedrich Schiller

Don Carlos - Friedrich Schiller


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      carlos: Glauben Sie?

      domingo:

      Wenn Eure Hoheit sich des letzteren

      Turniers zu Saragossa noch entsinnen,

      Wo unsern Herrn ein Lanzensplitter streifte –

      Die Königin mit ihren Damen saß

      Auf des Palastes mittlerer Tribüne

      Und sah dem Kampfe zu. Auf einmal rief’s:

      „Der König blutet!“ – Man rennt durcheinander,

      Ein dumpfes Murmeln dringt bis zu dem Ohr

      Der Königin. „Der Prinz?“ ruft sie und will –

      Und will sich von dem obersten Geländer

      Herunterwerfen. – „Nein! Der König selbst!“

      Gibt man zur Antwort – „So laßt Ärzte holen!“

      Erwidert sie, indem sie Atem schöpfte.

       Nach einigem Stillschweigen.

      Sie stehen in Gedanken?

      carlos: Ich bewundre

      Des Königs lust’gen Beichtiger, der so

      Bewandert ist in witzigen Geschichten.

       Ernsthaft und finster.

      Doch hab ich immer sagen hören, daß

      Gebärdenspäher und Geschichtenträger

      Des Übels mehr auf dieser Welt getan,

      Als Gift und Dolch in Mörders Hand nicht konnten.

      Die Mühe, Herr, war zu ersparen. Wenn

      Sie Dank erwarten, gehen Sie zum König.

      domingo:

      Sie tun sehr wohl, mein Prinz, sich vorzusehn

      Mit Menschen – nur mit Unterscheidung. Stoßen

      Sie mit dem Heuchler nicht den Freund zurück.

      Ich mein es gut mit Ihnen.

      carlos: Lassen Sie

      Das meinen Vater ja nicht merken. Sonst

      Sind Sie um Ihren Purpur 1 .

      domingo stutzt: Wie?

      carlos: Nun ja.

      Versprach er Ihnen nicht den ersten Purpur,

      Den Spanien vergeben würde?

      domingo: Prinz,

      Sie spotten meiner.

      carlos: Das verhüte Gott,

      Daß ich des fürchterlichen Mannes spotte,

      Der meinen Vater seligsprechen und

      Verdammen kann!

      domingo: Ich will mich nicht

      Vermessen, Prinz, in das ehrwürdige

      Geheimnis Ihres Kummers einzudringen.

      Nur bitt ich Eure Hoheit, eingedenk

      Zu sein, daß dem beängstigten Gewissen

      Die Kirche eine Zuflucht aufgetan,

      Wozu Monarchen keinen Schlüssel haben,

      Wo selber Missetaten unterm Siegel

      Des Sakramentes aufgehoben liegen –

      Sie wissen, was ich meine, Prinz. Ich habe

      Genug gesagt.

      carlos: Nein, das sei fern von mir,

      Daß ich den Siegelführer so versuchte!

      domingo:

      Prinz, dieses Mißtraun – Sie verkennen Ihren

      Getreusten Diener.

      carlos faßt ihn bei der Hand:

      Also geben Sie

      Mich lieber auf. Sie sind ein heil’ger Mann,

      Das weiß die Welt – doch, freiheraus – für mich

      Sind Sie bereits zu überhäuft. Ihr Weg,

      Hochwürd’ger Vater, ist der weiteste,

      Bis Sie auf Peters Stuhle niedersitzen.

      Viel Wissen möchte Sie beschweren. Melden

      Sie das dem König, der Sie hergesandt.

      domingo:

      Mich hergesandt? –

      carlos: So sagt ich. O, zu gut,

      Zu gut weiß ich, daß ich an diesem Hof

      Verraten bin – ich weiß, daß hundert Augen

      Gedungen sind, mich zu bewachen, weiß,

      Daß König Philipp seinen einz’gen Sohn

      An seiner Knechte schlechtesten verkaufte

      Und jede von mir aufgefangne Silbe

      Dem Hinterbringer fürstlicher bezahlt,

      Als er noch keine gute Tat bezahlte.

      Ich weiß – O still! Nichts mehr davon! Mein Herz

      Will überströmen, und ich habe schon

      Zuviel gesagt.

      domingo: Der König ist gesonnen,

      Vor Abend in Madrid noch einzutreffen.

      Bereits versammelt sich der Hof. Hab ich

      Die Gnade, Prinz –

      carlos: Schon gut. Ich werde folgen.

       Domingo geht ab. Nach einem Stillschweigen.

      Beweinenswerter Philipp, wie dein Sohn

      Beweinenswert! – Schon seh ich deine Seele

      Vom gift’gen Schlangenbiß des Argwohns bluten;

      Dein unglücksel’ger Vorwitz übereilt

      Die fürchterlichste der Entdeckungen,

      Und rasen wirst du, wenn du sie gemacht.

      Zweiter Auftritt

       Carlos. Marquis von Posa.

      carlos:

      Wer kommt? – Was seh ich? O ihr guten Geister!

      Mein Roderich!

      marquis: Mein Carlos!

      carlos: Ist es möglich?

      Ist’s wahr? Ist’s wirklich? Bist du’s? – O, du bist’s!

      Ich drück an meine Seele dich, ich fühle

      Die deinige allmächtig an mir schlagen.

      O, jetzt ist alles wieder gut. In dieser

      Umarmung heilt mein krankes Herz. Ich liege

      Am Halse meines Roderich.

      marquis: Ihr krankes,

      Ihr krankes Herz? Und was ist wieder gut?

      Was ist’s, das wieder gut zu werden brauchte?

      Sie hören, was mich stutzen macht.

      carlos: Und was

      Bringt dich so unverhofft aus Brüssel wieder?

      Wem


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