Spitzenteams der Zukunft. Richard de Hoop

Spitzenteams der Zukunft - Richard de Hoop


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ein Audi, BMW oder Porsche? Und dabei noch ökologischer? Es bedeutet, dass die alte Welt der Wirtschaft gerade untergeht. Die Zukunft hat bereits begonnen. Audi hat mehr als 30 Jahre gebraucht, um sich weltweit in der Riege der Premiumhersteller zu etablieren. Tesla Motors stellte 2006 sein erstes Auto vor, einen kleinen Roadster. Die Luxuslimousine Model S ist überhaupt erst das zweite Produkt der Kalifornier. Und während in Deutschland noch über ausreichend Ladestationen für Elektroautos diskutiert wird, baut Tesla für seine deutschen Kunden einfach eigene Ladesäulen. Die Welt der Wirtschaft dreht sich immer schneller. Wie schnell ist Ihr Unternehmen?

      Here we are now: Disruptive Unternehmen machen Dampf

      Der amerikanische Innovationsforscher und Harvard-Professor Clayton Christensen hat schon vor Jahren von disruptiven Technologien und disruptiven Unternehmen gesprochen. Eine Innovation ist disruptiv, wenn sie bestehende Technologien, Produkte oder Dienstleistungen möglicherweise vollständig verdrängt. So hat zum Beispiel die Digitalkamera die analoge Kamera fast komplett verschwinden lassen. Digitalkameras verlieren aber jetzt auch dramatisch Marktanteile, weil die Kameras der Smartphones immer perfekter werden. Disruptive Innovationen müssen nicht notwendig neue Technologien sein. Es kann sich zum Beispiel auch um Innovationen der Geschäftsmodelle handeln. So haben die Billigflieger in den letzten 15 Jahren etablierte Airlines an den Rand der Pleite getrieben oder zu Fusionen gezwungen.

      

»Trotz ihrer Ressourcenausstattung, Technologien, starker Markennamen, Produktionskompetenzen, Managementerfahrung, Distributionsstärke und trotz ihrer finanziellen Mittel haben erfolgreiche Unternehmen mit den besten Führungskräften ihre größten Schwierigkeiten damit, Dinge zu tun, die nicht zu ihrem Geschäftsmodell passen.«

      Clayton Christensen, Innovationsforscher

      Als Christensen 1997 sein Buch The Innovator’s Dilemma veröffentlichte und davor warnte, dass viele ursprünglich innovative Unternehmen den Anschluss verlieren könnten, verlief der Wandel noch relativ gemütlich. In Zukunft werden disruptive Unternehmen immer schneller in bestehende Märkte eindringen und diese mit neuen Technologien, Geschäftsmodellen oder Services umkrempeln. Oder sie werden gleich komplett neue Märkte schaffen. In Deutschland gibt es beispielsweise seit 2007 die Rocket Internet GmbH. Das Unternehmen hat funktionierende Geschäftsmodelle aus den USA innerhalb kürzester Zeit kopiert und auf den europäischen Markt gebracht. Mit Rocket Internet nahmen unter anderem die Firmen Zalando, Groupon und eDarling in Deutschland Fahrt auf.

      Als Zalando 2008 in Berlin gegründet wurde, dachten die meisten Einzelhändler noch, die Leute würden niemals Schuhe im Internet kaufen. Schließlich könnten sie diese ja nicht gleich anprobieren. Zalando konterte mit frecher Werbung: »Schrei vor Glück – oder schick’s zurück!« Die Kunden begriffen: Wenn die Schuhe bei der Anprobe zu Hause nicht passen, kann ich sie einfach zurückschicken. Alles easy. Schon bald konnte der Claim auf »Schrei vor Glück« reduziert werden. Einige sagen, um die Remissionsquote zu senken. Ganz bestimmt aber, weil die Botschaft angekommen war. Die ersten Männer berichteten von süchtigen Ehefrauen. Im fünften Geschäftsjahr machte Zalando bereits 1,15 Milliarden Euro Umsatz und begann dann, für einige überraschend, Outlet-Stores zu eröffnen. Das Internetgeschäft wurde also wieder mit stationärem Handel verknüpft. Allerdings: Zutritt zum Outlet haben ausschließlich bestehende Kunden. Sie müssen sich vor dem Shopping online registrieren. So etwas hat es vorher noch nirgendwo gegeben.

      Die intelligente Neukombination von Elementen ist typisch für die neue Welt der Wirtschaft. Nicht Onlinehandel oder Filialgeschäft, sondern beides. Sowohl-als-auch statt Entweder-oder! So bietet die Bahn auch Mietwagen und Mietfahrräder an. Autohersteller sind ins Carsharing eingestiegen. Wir werden in den nächsten Jahren noch die verrücktesten Kombinationen von Produkten, Vertriebskanälen und Services erleben. Wir werden auch Zeugen von Allianzen einstmals erbitterter Konkurrenten sein. Heute stehen sich beispielsweise Biolandwirtschaft und Agrarindustrie noch wie Feinde gegenüber. Experten erwarten, dass beides zusammenwachsen wird. Natürliche Anbaumethoden werden mit Hightech eine Synthese eingehen. Agraringenieure werden sich Verfahren von der Natur abgucken. Smart-Farming lautet eines der Stichworte.

      Alles, was in der neuen Welt der Wirtschaft geschieht, hat mit Schnelligkeit, Flexibilität, Agilität und intelligenter Vernetzung zu tun. Einzelne Mitarbeiter, Teams, Unternehmen, Kunden und übrige Stakeholder spielen auf immer komplexere Weise zusammen. Was früher Jahrzehnte dauerte, dauert jetzt wenige Jahre. Und was bisher Jahre in Anspruch nahm, passiert bald in Monaten oder Wochen. Wenn Sie sich beispielsweise fragen, wie der Erfolg von Tesla überhaupt möglich ist, stoßen Sie schnell auf die Themen Outsourcing und Vernetzung. Denn auch die etablierte Autoindustrie baut schon zu rund 80 Prozent lediglich Komponenten zusammen, die Zulieferer wie Bosch, ZF oder Continental eigenständig entwickelt haben. Und für diese Zulieferer arbeitet dann jeweils wieder ein Netzwerk von anderen Entwicklern.

      Nicht mehr maximale Konzentration von Kapital, natürlichen Ressourcen und Menschen bringt in Zukunft den Erfolg, sondern das richtige Netzwerk aus den besten Leuten und den besten Ideen. Wer am schnellsten die Lösung hat und die passenden Menschen, Ideen und Ressourcen miteinander verknüpfen kann, der hat gewonnen. Dabei wird es noch viel mehr als heute darauf ankommen, Ressourcen zu schonen und aus weniger mehr zu machen. Die Ansprüche steigen enorm. Alle müssen fitter und agiler werden und mehr aus sich herausholen.

      Entertain us: Was der Kunde mag, verkauft sich

      Set Point hätte alle Voraussetzungen mitgebracht, in der neuen Welt der Wirtschaft vorne mit dabei zu sein. Die Bekleidungskette hatte nämlich längst auf zwei der in Zukunft wichtigsten Erfolgsfaktoren gesetzt: Spitzenteams und positive, lebendige Kundenkontakte. Insbesondere während der legendären Aktionswochen hätten die Kunden beim Betreten der Läden von Set Point glauben können, hier sei die Arbeit eine einzige Party. Die Teams hatten untereinander Wettbewerbe laufen, wer in einer Woche am meisten verkauft. Alle packten in den Läden mit an, auch Mitarbeiter, die sonst in der Buchhaltung saßen oder für die IT verantwortlich waren. Dieser besondere Spirit, dieses Gefühl, dass jeder im Team die Talente der anderen schätzt und alle füreinander einstehen, machte die Firma besonders.

      Die Kunden liebten nicht nur die Aktionswochen, während der sie glänzend unterhalten und noch mehr als sonst mit Freigetränken und Snacks verwöhnt wurden. Sie hörten oft und gerne von Set Point. Die Mitarbeiter waren geschult, sich die Vorlieben der Kunden zu merken und sie aktiv zu kontaktieren, sobald es attraktive neue Angebote im Laden gab. Da wurde dann ein Kunde zum Beispiel sofort angerufen, sobald neue Hemden in seiner Größe und mit seinem bevorzugten Schnitt eingetroffen waren. Natürlich bedeutete diese Betreuung auch Aufwand. Aber der Aufwand zahlte sich aus. Set Point hatte eine extrem hohe Kundenbindung und brauchte auch das Internet nicht grundsätzlich zu fürchten. Denn welche Website ruft Sie schon an und fragt Sie, ob Sie Lust auf ein neues Shirt von Ihrer Lieblingsmarke haben?

      Mit dem Verkauf an einen Konzern war mit diesem Spirit schnell Schluss. Schon nach sechs Monaten kündigten die ersten Mitarbeiter. Der neue Eigentümer setzte auf Effizienz. Kunden wurden nicht mehr angerufen, sondern bekamen anonyme Mailings aus der Konzernzentrale – so wie alle anderen Kontakte irgendwo in Europa. Auch in den Läden schaute man jetzt vor allem, wo man Geld sparen und Personal abbauen könnte. Natürlich ist Effizienz wichtig. Aber an der richtigen Stelle! Der Innovationsforscher Clayton Christensen spricht von drei Arten von Innovationen: Empowering Innovation, Sustaining Innovation und Efficiency Innovation (siehe »Facts«).

      Effizienzoptimierung kommt immer zum Schluss. Nämlich dann, wenn neue Technologien und Geschäftsmodelle nicht nur am Markt sind, sondern sich auch nachhaltig etabliert haben. Wer einseitig auf Effizienz setzt und über grundlegende Innovationen nicht mehr nachdenkt, der wird in Zukunft schneller noch als heute aus dem Geschäft sein. Das sind die Unternehmen, die sich »kaputtsparen«, statt zu überlegen, was ihre Kunden morgen wollen und mit welchen Teams ihnen das geboten werden kann.

      Facts

      Nach dem Innovationsforscher


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