Sprach- und Schriftsprachförderung wirksam gestalten: Evaluation umgesetzter Konzepte. Группа авторов
zu agieren. Zu dem Zusammenhang zwischen Sensitivität und Prozessqualität gibt es bereits national und international einige positive Ergebnisse (Eckhardt & Egert, 2018; Vermeer et al., 2016). Diese beiden Aspekte von pädagogischen Orientierungen werden im vorliegenden Beitrag untersucht, wobei Sensitivität als subjektiv wahrgenommenes feinfühliges Handeln konzeptualisiert ist.
2 Ziele
Nachdem insbesondere für Deutschland noch wenige Ergebnisse zur Qualität der pädagogischen Interaktionen und deren Bedingungsfaktoren im Krippenalter vorliegen, fokussiert der Beitrag folgende Zielstellungen:
2.1 Qualität pädagogischer Interaktionen über den Vormittag hinweg
(a) Zunächst soll untersucht werden, auf welchem Qualitätsniveau sich die Unterstützung von Emotion und Verhalten und die aktive sprachlich-kognitive Lernunterstützung in Krippengruppen in Deutschland befinden. Um die explorativen und deskriptiven Ergebnisse besser einordnen zu können, werden diese mit internationalen Resultaten verglichen. (b) Darüber hinaus werden die Zusammenhänge zwischen allgemeinen Bedingungsfaktoren und der Qualität der pädagogischen Interaktionen analysiert. Dabei werden strukturelle Merkmale (Fachkraft-Kind-Schlüssel, situationsspezifische Merkmale), Persönlichkeitsmerkmale der Fachkräfte (Persönlichkeit, Selbstwirksamkeit) sowie pädagogische Orientierungen (Erziehungsziele, Sensitivität) näher betrachtet. (c) Zudem wird die Interaktion signifikanter Bedingungsfaktoren im Zusammenhang mit der Qualität pädagogischer Interaktionen untersucht.
2.2 Qualität pädagogischer Interaktionen in Bilderbuchsituationen
(a) Da Bilderbuchsituationen als besonders sprachförderlich gelten, soll explorativ untersucht werden, wie hoch die Qualität pädagogischer Interaktionen tatsächlich in diesen Situationen ist und ob sich diese vom Durchschnittswert des Vormittages unterscheidet. (b) Weiter wird die Qualität pädagogischer Interaktionen in Abhängigkeit von situativen Bedingungen (u. a. Anzahl der Kinder und Fachkraft-Kind-Aktivitätenschlüssel) analysiert.
3 Methode
3.1 Stichprobe
Insgesamt nahmen 43 Fachkräfte, die mit Kindern im Krippenalter arbeiten, an den BiSS-E-Studien teil. Die Fachkräfte kamen aus BiSS-Verbünden in Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg und Sachsen (Evaluationsprojekte BiSS-E2 und BiSS-E12). Die Daten beziehen sich auf den ersten Messzeitpunkt der längsschnittlichen Evaluationsstudie. Im Mittel waren die Fachkräfte 37.07 (SD = 11.24) Jahre alt, 92.70 % waren weiblich und hatten durchschnittlich 12.02 (SD = 10.83) Jahre Berufserfahrung als pädagogische Fachkraft. Etwa 12.20 % der Fachkräfte verfügten über einen akademischen Abschluss auf Fachhochschul- oder Universitätsniveau. Die meisten Fachkräfte (87.50 %) arbeiteten überwiegend in geschlossenen Gruppenstrukturen, der Rest in einem offenen oder teiloffenen Konzept.
3.2 Durchführung
Zertifizierte Erheberinnen und Erheber hospitierten bei den Fachkräften an einem Vormittag, um strukturierte Live-Beobachtungen durchzuführen. Pro Vormittag wurden für jede Fachkraft vier bis sechs ca. zwanzigminütige Cycles unterschiedlicher Alltagssituationen mithilfe des Classroom Assessment Scoring Systems geratet. Die Fachkräfte wurden aufgefordert, ihren üblichen Tagesablauf einzuhalten. Lediglich um eine Bilderbuchbetrachtung wurde gebeten, sofern diese gut integrierbar war. Darüber hinaus wurden die Fachkräfte gebeten, Fragebögen auszufüllen. Die Angaben zu den pädagogischen Orientierungen erfolgten im Rahmen der Posterhebung. Die Rücklaufquote lag bei 80.00 %.
3.3 Instrumente
Prozessqualität
Das in den BiSS-E-Studien eingesetzte Classroom Assessment Scoring System – CLASS-Toddler (La Paro et al., 2012) dient u. a. dazu, verschiedene Qualitätsaspekte von Fachkraft-Kind-Interaktionen im Krippenalltag zu untersuchen. Die CLASS-Toddler wurde bereits erfolgreich international eingesetzt (u. a. Bandel, Aikens, Vogel, Boller & Murphy, 2014; Bücklein et al., 2017; Perren et al., 2016; Slot, Leseman, Verhagen & Mulder, 2015) und ermöglicht daher eine gute Einordnung von Ergebnissen im (inter)nationalen Vergleich.
Abb. 2.1: Qualitätsdomänen und Dimensionen der CLASS-Toddler
Die CLASS-Toddler ist ein standardisiertes Beobachtungsverfahren mit einer siebenstufigen Likert-Skala. Sie unterscheidet niedrige (< 3), mittlere (3–5) und hohe (> 5) Qualität, die in acht Dimensionen erfasst wird. Diese Dimensionen wiederum werden jeweils zu den zwei Qualitätsdomänen »Unterstützung von Emotion und Verhalten« und »Aktive sprachlich-kognitive Lernunterstützung« zusammengefasst (
Tab. 2.1: Beispiele für die Qualitätserfassung mit der CLASS-Toddler
QualitätsdomäneBeispieldimensionNiedrige QualitätHohe Qualität
Anmerkungen. * Jeweils operationalisiert über verschiedene beobachtbare »behavior markers« und ausführliche Beispielbeschreibungen.
Strukturqualität
Der allgemeine Fachkraft-Kind-Schlüssel (allgemeines administratives Zuständigkeitsverhältnis für Kinder pro Fachkraft) wurde mittels Fragebogen erhoben. Weiter wurde durch die Erheberinnen und Erheber vor Ort erfasst, wie viele Kinder an der mit der CLASS beobachteten Aktivität mit der Zielfachkraft teilnahmen (Anzahl der Kinder in der Aktivität) und wie viele Fachkräfte beteiligt waren, um einen Fachkraft-Kind-Aktivitätenschlüssel zu bilden. Dieser liegt für jeden Beobachtungscycle vor und wird gemittelt über den Erhebungstag oder situationsbezogen als Einzelwert in die Analysen einbezogen.
Persönlichkeitsmerkmale
Die Persönlichkeit der pädagogischen Fachkräfte wurde mittels einer Kurzversion des Big Five Inventory (BFI-K) bestehend aus 21 Items von Rammstedt und John (2005) erhoben. Die Fachkräfte schätzen auf einer fünfstufigen Likert-Skala (1 = sehr unzutreffend bis 5 = sehr zutreffend) ihre Persönlichkeit in den Dimensionen »Extraversion«, »Verträglichkeit«, »Gewissenhaftigkeit«, »Neurotizismus/geringe emotionale Stabilität« und »Offenheit für neue Erfahrungen« ein. Die internen Konsistenzen für die aktuelle Stichprobe waren mit einem Cronbachs α = .73 für Extraversion und α = .71 für Neurotizismus zufriedenstellend. Die Dimensionen Verträglichkeit (α = .35), Gewissenhaftigkeit (α = .44) und Offenheit (α = .33) stellten sich hingegen als nicht hinreichend reliabel in der vorliegenden Stichprobe heraus. Für die Analysen der Fragestellungen wurden daher ausschließlich die Skalen Extraversion und Neurotizismus verwendet.
Mittels der Kurzskala zur Erfassung allgemeiner Selbstwirksamkeitserwartungen (ASKU; Beierlein, Kovaleva, Kemper & Rammstedt, 2012) gaben die pädagogischen Fachkräfte auf einer fünfstufigen Likert-Skala (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll und ganz zu) in drei Items ihre kontextübergreifende Erwartungshaltung an, kritische Anforderungen aus eigener Kraft bewältigen zu können. Die interne Konsistenz in der vorliegenden Stichprobe betrug α = .79.
Pädagogische Orientierungsqualität
Die