Original Gangstas. Ben Westhoff

Original Gangstas - Ben Westhoff


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Los Angeles Sentinel als auch für Pornoheftchen wie Players. Er schrieb unzählige Blaxploitation-Romane mit Titeln wie My Name Is Black! Sein musikalisch talentierter Sohn Kim wuchs in Compton und Inglewood auf und eiferte wie so viele Kids in den Achtzigerjahren Prince nach. Er verehrte ihn so sehr, dass er sich wie die Pop-Ikone aus Minneapolis zu kleiden begann und sich sogar DJ Prince nannte.

      Doch alles änderte sich, als er eines Tages mit einem Freund auf der Rollschuhbahn war. Ein süßes Mädchen skatete neben ihnen und fragte nach ihren Namen. „Ich bin Eyptian Lover“, sagte Nazels Freund, ein populärer DJ. „Ich bin DJ Prince“, sagte Nazel. Das Mädchen warf ihm einen prüfenden Blick zu, bevor sie ihm seinen eigenen nahöstlich angehauchten Spitznamen verpasste. „Du solltest Arabian Prince heißen“, sagte sie, „da ihr beide ständig abhängt.“ Und so sollte es sein. So wie sein Kumpel veröffentlichte auch Arabian Prince Electro-Platten voller spaciger und exotischer Sounds, die gut zu seinem neuen Namen passten.

      Arabian Prince traf Dr. Dre in den lokalen DJ-Kreisen. Schon bald gingen sie gemeinsam auf Vinyl-Jagd, hingen am Strand ab und gaben sich alle Mühe, Frauen abzuschleppen. Sie fuhren sogar raus ins San Bernardino County, um Mitglieder der ebenso kessen wie charismatischen weiblichen Rap-Gruppe J.J. Fad zu treffen. Dre hatte ein Auge auf Anna Cash (alias Lady Anna) geworfen und Arabian Prince hatte es auf Juana Burns (alias MC J.B.) abgesehen. Die Mädchen wollten eine Platte aufnehmen, doch Dre war nicht überzeugt von ihnen. „Er fand uns abgedroschen“, erinnert sich MC J.B., die damals Cheerleaderin bei Los Angeles Express war, einem Team der kurzlebigen United States Football League.

      Doch Arabian Prince stand noch etwas Studiozeit zur Verfügung. So half er den Mädchen, zwei Tracks – „Supersonic“ und „Another Ho Bites the Dust“ – zusammenzustellen. Der zweite ist ein nahezu in Vergessenheit geratener Beitrag zu den sogenannten „Roxanne wars“ Mitte der Achtzigerjahre. Dabei handelte es sich um einen verbalen Schlagabtausch zwischen MC Roxanne Shanté und der Gruppe UTFO, von der der Song „Roxanne Roxanne“ stammte. Obwohl J.J. Fad keine der involvierten Parteien kannten und auch sonst keinen Grund hatten, auf diese Leute sauer zu sein, ließen sie ihre besten Beleidigungen vom Stapel: Roxanne Shanté ain’t got no hair in her back/ She’s bald.

      „Wer damals keinen Diss-Track am Start hatte, hatte nichts zu melden“, erklärt MC J.B. Die Nummer ließ ihre Hörer kalt, doch die B-Seite, auf der das ansteckende „Supersonic“ zu hören war, fing an, Wellen zu schlagen. So sah Eazy-E einen Auftritt der Gruppe im Club The Casa und war durchaus beeindruckt. Inzwischen umwarb Eazy Arabian Prince für eine „Supergroup“, die er plante und außer ihm noch Cube von C.I.A. sowie Dre und DJ Yella von der World Class Wreckin’ Cru umfasste. Obwohl er eine brandheiße Single am Markt hatte, war Eazy in Bezug auf seine Rap-Skills immer noch unsicher, weshalb er vermutlich dachte, dass es das beste wäre, sich mit einer Gruppe zu umgeben. Das Timing war gut. Dre und Cube waren ihren alten Acts entwachsen und so traf sich die Gruppe – erweitert um Eazys alten Kumpel aus dem Viertel, Lorenzo „MC Ren“ Patterson – im Haus der Mutter von Arabian Prince in der Van Ness Avenue in Inglewood, um dort gemeinsam einen Namen auszuknobeln. Trotz Eazys und Dres Neigungen war es noch keine ausgemachte Sache, dass sie in eine neue Hardcore-Richtung gehen würden. Immerhin waren gleich drei der Gründungsmitglieder – DJ Yella, Ice Cube (alias Purple Ice) und Arabian Prince – große Bewunderer von Prince. Auf eine Sache einigten sie sich jedoch rasch: Sie wollten ihre jeweiligen Herkunftsorte repräsentieren, so wie das auch die New Yorker Rapper taten. Arabian Prince schlug im Scherz ein Plattencover vor, auf dem die Jungs Waffen tragen sollten. Seine Idee für den Titel: From Compton With Love. Die Begeisterung hierfür hielt sich in Grenzen. Als er und Dre sich irgendwann beschwerten, dass sie für ihre Produzenten-Beiträge nicht bezahlt würden, sagte einer von ihnen, er würde sich fühlen wie ein „nigga with an attitude“. Kurze Zeit darauf schlug Eazy-E genau das als Name für die Gruppe vor: N.W.A – „Niggaz With Attitudes“. Es war ein Name, der genug Schock-Potenzial hatte, um aufhorchen zu lassen – gewürzt mit einer Prise selbstgerechter Empörung. Cube war einverstanden mit der Idee, dass „Schwarze dieses Wort verwenden, anstatt sich damit beschimpfen zu lassen“.

      In seiner provokanten Art war der Name genial. Manche waren begeistert, andere wiederum erschauderten. „In frühen Interviews machte MC Ren sich die unterschiedlichen Voraussetzungen zunutze und verleitete Reporter, so auch mich, dazu, ein Wort auszusprechen, das manche nicht einmal stammeln konnten“, schrieb Jonathan Gold. „Wenn du den Köder geschluckt hast, warst du ein Rassist. Und wenn nicht, so wie ich, ein Weichei. Es gab nichts dazwischen.“ Eazy hielt die Zügel in der Hand. Inzwischen hatte er sich völlig vom Drogengeschäft verabschiedet und teilte seine Zeit zwischen seinen Solo-Projekten und N.W.A auf. Die erste EP der Gruppe mit dem Titel Panic Zone erschien 1987 und enthielt zwei Songs, die Geschichte schreiben sollten, sowie einen weiteren, der das nicht tat. „8 Ball“ war eine Ode an Olde English 800, eine Starkbiermarke. I don’t drink Brass Monkey legt Eazy los, eine direkte Antwort auf den Lobgesang der Beastie Boys auf ihr bevorzugtes Elixier (tatsächlich bediente sich der Song sogar eines Samples von „Fight For Your Right“ der weißen New Yorker). Interessanterweise tranken damals weder Eazy noch der Autor des Songs, Ice Cube. Sir Jinx verriet, dass seine Flasche mit Apfelsaft gefüllt war, wenn Eazy auf Konzerten dem Publikum zuprostete.

      Auch „Dope Man“ stammte aus Ice Cubes Feder und nahm den zukünftigen Sound sowie das Image der Gruppe vorweg. Hier brachte Dr. Dre zum ersten Mal den „funky worm“ zum Einsatz, jenen unwiderstehlichen, hohen Moog-Synthie-Sound, dessen Name die Siebzigerjahre-Funk-Band Ohio Players geprägt hatte. „Dope Man“ glorifizierte und verdammte abwechselnd den Drogendealer und seinen Lifestyle und endete mit einer Warnung aus dem Mund des mexikanisch-amerikanischen Rappers Krazy Dee: You sold crack to my sister and now she’s sick/ But if she happens to die because of your drug/ I’m putting in your culo a .38 slug!

      Die erste Single von N.W.A war aber der Electro-Track „Panic Zone“, ein apokalyptischer Bericht aus den raueren Vierteln von Los Angeles:

      Ice Cube is from L.A., he’s in the panic zone Eazy-E is from Compton, he’s in the panic zoneArabian Prince from Inglewood, he’s in the Panic Zone.

      Obwohl er ein lokaler Hit war, ist er heute fast in Vergessenheit geraten. Die Roboter-Stimmen hatten schon ausgedient und wurden von, nun ja, Gangsta-Songs wie „The Boyz-N-The-Hood“ abgelöst. Um Kapital aus der wachsenden Popularität von N.W.A zu schlagen, stellte Macola ein Album mit dem Titel N.W.A and the Posse zusammen. Das geschah aber ohne die Zustimmung der Gruppe, womit es zur bizarren Situation kam, dass die Band sich über ihre eigene Platte das Maul zerriss. „Diese Platte war echt schlechter Shit“, fand MC Ren.

      Egal, Posse funktionierte als gelungene Compilation der frühen Arbeiten der Gruppe. Neben den Songs von Panic Zone tummelten sich hier unter anderem noch „Boyz“ sowie „Fat Girl“, bei dem Eazy und Ron-De-Vu die mollige Titelfigur hochleben ließen, oder auch die humoristisch-misogyne Nummer „A Bitch Iz A Bitch“, die Cubes Einstellung zu Mädchen zum Ausdruck brachte, die nicht nach seiner Pfeife tanzten.

      Garantierter Reichtum

      Heute kennt man N.W.A and the Posse vermutlich vor allem wegen des Plattencovers, einer Achtzigerjahre-Momentaufnahme, die ein knappes Dutzend Leute aus dem engeren Umfeld der Band ins rechte Licht rückte, wie sie vor einer mit Graffiti und Müll übersäten Kulisse in der Nähe der Macola-Fabrik in Hollywood den wilden Mann markierten.

      Das Album rückte außerdem ein weiteres außergewöhnliches Talent in den Vordergrund – Tracy Curry, einen Rapper aus Dallas, der auf Posse mit einer Gruppe namens Fila Fresh Crew zu hören war. Ihr Beitrag umfasste die Alk-Ode „Drink It Up“ (eine beduselte Parodie auf „Twist and Shout“) sowie den Track „Dunk the Funk“, bei dem Curry seine beachtlichen Rap-Skills besonders behände unter Beweis stellen durfte. Seine textliche Akrobatik glich nichts, was man bis dahin an der Westküste gehört hatte. Außerdem stellte sich heraus, dass Curry auch ein meisterhafter Songwriter war. Curry wurde N.W.A von Dr. Rock vorgestellt, einem DJ aus L.A. und ehemaligen Mitglied der World Class Wreckin’ Cru. (Dre hatte Rocks Position in der Gruppe geerbt, als dieser zum Studieren nach Austin umzog. Später machte er sich als Radiopersönlichkeit beim Sender K-104 in Dallas einen Namen.) Rock hatte Currys Performance auf einer Party in Dallas gesehen. „Ich war


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