Original Gangstas. Ben Westhoff

Original Gangstas - Ben Westhoff


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Straight Outta Compton kam er zum Beispiel gar nicht vor. Mir jedenfalls ist nicht klar, warum Eazy, Dre, Cube, Ren und Yella als klassische N.W.A-Besetzung gelten, wo diese fünf alleine eigentlich nie zusammen ein Album aufgenommen haben.

      Denkst du, weiße Kids können damit was anfangen?

      Heute gilt Straight Outta Compton als wegweisendes Werk, das nicht nur die Welt des Hip-Hop revolutioniert, sondern auch die gesamte Popmusik nachhaltig beeinflusst hat. Allerdings schlug es nach seiner Veröffentlichung keine sonderlich großen Wellen. Der Rolling Stone verzichtete auf eine Besprechung und widmete der Band erst anlässlich ihres zweiten Albums einen großen Artikel. Viele Rezensenten wussten nicht, was sie damit anfangen sollten. Im Radio wurde die Gruppe vor allem am Anfang kaum gespielt. Aber der Vertrieb des Albums war ausgezeichnet und auch die Mundpropaganda trug das ihrige zu seinem Erfolg bei.

      „Je härter die Rap-Gruppe, desto mehr fuhren die weißen Kids auf sie ab“, erklärt Violet Brown von Wherehouse Records. „In all den Gegenden, die die Leute für besonders weiß hielten, verkaufte ich eine Menge Alben.“

      In ihrer Heimatstadt zogen N.W.A-Autogrammstunden zuerst hunderte und schon bald tausende Fans an. Eine Show, die nach der Veröffentlichung des Albums im Skateland stattfand, war mit 2.200 Konzertbesuchern, unter denen sich Horden kreischender Groupies befanden, ausverkauft. Im Anschluss ging es in Limousinen weiter zu einer Aftershow-Party im Hotel Bonaventure. Craig Schweisinger sagte, die Show sei so laut gewesen, dass seine Ohren noch Tage später gerauscht hätten.

      Aber es gab auch Hindernisse zu überwinden. So wurde ihnen an der Tür eines Clubs in Beverly Center der Zutritt zu ihrer eigenen Veröffentlichungsparty verwehrt, da sie der Türsteher für „einen Haufen Ganoven“ hielt. Als Eazy-Duz-It veröffentlicht wurde, buhte das Publikum sie im Apollo Theater in Harlem schonungslos aus und bewarf sie mit Gegenständen. Bei einem Auftritt im Celebrity Theatre in Anaheim brach auf der Bühne eine Keilerei aus und die Cops mussten eingreifen. Zeugen berichteten, dass auch Messer zum Einsatz kamen.Straight Outta Compton geriet schließlich in einen aufziehenden Mediensturm, der L.A. bereits als Zentrum einer amerikanischen Kriminalitätsepidemie ausgemacht hatte, da dort sowohl das Bandenunwesen als auch Crack zum Alltag gehörten. Anfang 1988 stellte der von Dennis Hopper in Szene gesetzte Film Colors – Farben der Gewalt zwei Polizisten der CRASH-Einheit, gespielt von Robert Duvall und Sean Penn, die sich inmitten eines Bandenkriegs in L.A. wiederfinden, in den Mittelpunkt. Das Filmplakat versprach „70.000 Gang-Mitglieder. Eine Million Knarren. Zwei Cops“ und Ice-T steuerte den Titel-Song bei, der seine Karriere so richtig in Gang brachte, wie er selbst sagt. Filmkritiker bejubelten seinerzeit den vermeintlichen Realismus des Streifens. Als ich mir den Film später noch einmal ansah, erschauderte ich jedoch angesichts der schwarzen und lateinamerikanischen Charaktere. Die Bürgerinitiative der Guardian Angels unterstellte dem Film, er würde das kriminelle Leben auf der Straße glorifizieren, und hinterließ einen Award in Form einer Kloschüssel auf dem Rasen von Sean Penn in Malibu, da er angeblich aus der Bandengewalt Profit schlug.

      Ohne darauf einzugehen, ob Musik brutales Verhalten von Jugendlichen fördern kann, lässt sich mit Sicherheit sagen, dass N.W.A überall Teenager beeinflussten. Ich war elf Jahre alt, als Straight Outta Compton veröffentlicht wurde, und als ich ein paar Jahre später an die Central High School in St. Paul, Minnesota, kam, war mein Freundeskreis wie besessen von ihnen. Im Gegensatz zur restlichen Stadt war unsere Schule ethnisch mehr durchmischt. Weiße Kids wie ich wurden im Rahmen des International-Baccalaureate-Programms von außerhalb des Viertels angekarrt.

      Ich konnte anfangs nichts mit N.W.A anfangen. Da ich mit Fernsehserien aufgewachsen war, in denen die Polizei als unfehlbar präsentiert wurde, erschien mir die Message von „Fuck tha Police“ nicht nur unangebracht, sondern ganz und gar falsch. Aber wie das bei Outlaw-Kunst oft der Fall ist, ließen sich meine Freunde und ich irgendwann doch darauf ein. Wir fingen nicht nur an, Autorität zu hinterfragen, sondern auch, ob es sich bei Drogendealern und Gang-Mitgliedern tatsächlich ausschließlich um schlechte Menschen handelte, wie uns eingetrichtert worden war. Von N.W.A blieben die rechtschaffenen politischen Aussagen und der Bombast hängen – vor allem ihr bombastischer Sound. Wir verarschten Cops hinter vorgehaltener Hand, imitierten Eazys schmierige Anmachsprüche, zogen unsere Turnhosen weit nach unten und beschwipsten uns mit Olde English. Ein paar von uns trugen Pager oder kauften sich Lautsprecher fürs Auto mit einem fetten Bass. Wir träumten davon, in „6-4s“ herumzufahren, obwohl ich erst später herausfand, dass damit ein 64er-Impala gemeint war. Für unsere „Gang“, die Langford Park Posse, hatten wir sogar ein eigenes Handzeichen. Obwohl fast keiner von uns Compton auf der Landkarte gefunden hätte, stellten wir uns diesen Ort als gleichzeitig beängstigend und unheimlich cool vor.

      Diese Erinnerungen sind mir heute extrem peinlich und ich weiß, wie unsensibel und lächerlich es wirkt, die Coolness von Leuten nachzuahmen, deren Lebenssituation und Herkunft wir uns kaum ausmalen konnten. Aber es ist mir wichtig zu demonstrieren, wie normal dieses Verhalten im Amerika der Weißen damals war. Verzeiht mir den schrecklichen Ausdruck, aber wir waren keine „Wigger“, aber so ziemlich jeder, den wir kannten, machte einen auf Gangbanger aus L.A. Zumindest die Jungs taten das, aber auch viele Mädchen. „Es ging um das Gefühl, ein harter Typ zu sein, mich größer und stärker zu fühlen, als ich mich eigentlich selbst sah“, erklärte mir mein Freund Eric Royce Peterson die Anziehungskraft des Gangsta-Rap.

      Wie sich herausstellen sollte, war die vorstädtische weiße N.W.A-Fangemeinde kein Zufallsprodukt. Dr. Dre hatte jedenfalls darauf gehofft. Ein weißer Ruthless-Angestellter, der anonym bleiben möchte, erzählte mir, dass Dre ihn in seinen Nissan Pathfinder einlud, um ihm die neueste Musik der Gruppe vorzuspielen und ihn fragte: Denkst du, weiße Kids können damit was anfangen?“

      1991 begannen David Faustino, der Bud Bundy aus Eine schrecklich nette Familie, und Nic Adler, ein Sprössling der Sunset-Strip-Ikone Lou Adler, in Los Angeles unter dem Namen Balistyx eine Hip-Hop-Party zu veranstalten, die ein gemischtrassiges Publikum anzog und auch von Eazy-E besucht wurde, der völlig gleichgültig seinen BMW im Parkverbot abstellte. Xzibit und will.i.am boten Freestyle-Battles und mit Fergie tanzte ein zukünftiges Mitglied der Black Eyed Peas in einem Käfig.

      Obwohl Faustino ein reicher weißer Junge war, verfügte er über die notwendige Credibility, weil seine Serienfigur das Genre aufrichtig zu lieben schien und sogar Poster von Ice Cube und Nas in ihrem Zimmer hingen. „Mein Albumcover als Poster an Buds Wand war einer der krankhaftesten Momente überhaupt“, schreibt mir Nas „Alle meine Projekte sind wie verrückt durchgestartet. Es war ein Zeichen, dass ich es in vielerlei Hinsicht geschafft hatte.“

      Ein weiteres Zeichen war die Mode. Der Erfolg von Straight Outta Compton war nicht nur ein Triumph über den in L.A. vorherrschenden Hip-Hop-Style, sondern auch in Bezug auf die Hip-Hop-Mode. Eazy-E verabschiedete quasi im Alleingang jegliche Eastcost-Ästhetik samt Dookie-Ropes und gigantischen Brillen. In Anlehnung an den hiesigen Gangster-Look trug er stets ein brandneues weißes T-Shirt, meistens mehr als nur eins gleichzeitig, eine Khakihose und eine schwarze Baseballkappe. Auf einer seiner liebsten Kappen, die er sich von einem nordkoreanischen Einwanderer namens Wan Joon Kim anfertigen ließ, der auch als einer der ersten an seinem Swap-Meet-Verkaufsstand Gangsta-Rap verkaufte, stand ein „Compton“-Schriftzug. Die Farben Schwarz und Silber übernahmen N.W.A vom Footballteam der Raiders, die von 1982 bis 1994 in L.A. beheimatet waren. Dies wurde zum bevorzugten Look aller (Möchtegern-) Streetkids im ganzen Land. „Wir gingen in Kansas City in eine Filiale von Foot Locker und der ganze Chiefs-Shit war noch da, doch der Raiders-Kram war ausverkauft“, erzählte Cube.

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