Original Gangstas. Ben Westhoff

Original Gangstas - Ben Westhoff


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und immer noch Bock auf mehr haben. „Du konntest mitverfolgen, wie sich respektable Männer in Crackheads verwandelten“, sagte Ice Cube. „Du konntest beobachten, wie sich die Krankenschwester mit Familie, die in derselben Straße lebte, in eine ‚Strawberry‘, eine Erdbeere, verwandelte.“ Damit meinte er eine Frau, die ihren Körper verkaufte, um die Droge beschaffen zu können.

      Die Preise für Crack, ursprünglich bekannt unter dem Namen „Ready-Rock“, da es mit Backpulver aufgekocht war und man es sofort rauchen konnte, waren anfangs noch ziemlich hoch. Allerdings änderte sich das aufgrund der Bemühungen von Dealern wie Freeway Rick Ross aus South Central. Er schickte Typen auf Mopeds los, um den Stoff überall in der Gegend auszuliefern. Mitte der Achtzigerjahre verschob er auf diese Weise buchstäblich Tonnen von Kokain.

      Marvin Kincy wurde Augenzeuge der Auswirkungen, die Crack auf Compton hatte. Er war jedenfalls fassungslos, als er eines Tages ein prominentes Mitglied der Gemeinde, einen Bankier und Inhaber einer Autowaschanlage, einen Einkaufswagen die Straße entlang schieben sah. „Er hatte sein ganzes Imperium in Rauch aufgehen lassen.“

      Den Crack-Konsumenten war auch nicht bewusst, dass sie dabei halfen, einen Krieg in Mittelamerika zu finanzieren. Einer von Ross’ nicaraguanischen Lieferanten, Oscar Danilo Blandon, stand nämlich unter dem Schutz der CIA, da er mit seinen Profiten die Contra-Rebellen in seiner Heimat unterstützte, deren Ziel es war, die linksgerichtete Sandinista-Regierung zu stürzen. Die Regierung Reagan unterstützte die Rebellen ebenfalls und finanzierte sie durch Waffenverkäufe an den Iran, was schließlich im Rahmen des Iran-Contra-Skandals ans Licht kommen sollte. Blandon wurde schließlich verhaftet, arbeitete fortan verdeckt für die US-Regierung und half dabei, Rick Ross dingfest zu machen, der daraufhin für 13 Jahre hinter Gitter musste.

      1989 veröffentlichte der Senatsausschuss für Auswärtige Beziehungen unter Führung von John Kerry, der damals seine erste Amtszeit als Senator von Massachusetts absolvierte, einen Report, der zu dem Schluss gelangte, hochrangige US-Politiker seien „nicht gegen die Vorstellung immun, dass Drogengelder die perfekte Lösung für die Finanzierungsprobleme der Contras darstellten“. Die CIA mag zwar nicht direkt Crack in die Stadtgebiete geliefert haben, wie manchmal behauptet wird, doch scheint sie mitunter beide Augen zugedrückt zu haben, solange es ihren geopolitischen Zielen nützte.

      In der Zeit vor der Crack-Ära war Gang-Kriminalität kein besonders profitables Geschäft. Allerdings erkannten ihre Mitglieder schon bald, wie viel Geld sich mit den Drogen machen ließe. „Plötzlich hieß es: ‚Ich kann mir tolle Autos, ein Haus und coole Klamotten leisten‘“, sagt Freeway Rick Ross. „Deshalb stiegen sie ins Geschäft ein.“ Ein Zeitlang tappte die Polizei im Dunkeln. Sie suchten bei ihren Razzien nicht nach Kokain, sondern nach PCP. Aber 1986 wurden verpflichtende Mindeststrafen festgelegt – und der Besitz von Crack wurde dabei viel schärfer geahndet als jener von Kokain. Schwarze dröhnten sich nicht mehr zu als Weiße, doch war es für die Polizei viel leichter, eine Gruppe von Dealern an der Straßenecke einzukassieren als eine Haustür in Beverly Hills einzutreten.

      Die Polizei von L.A. ging äußerst brutal gegen das aufkommende Bandenwesen, den Drogenmissbrauch und Gewaltverbrechen vor. Die CRASH-Einheit des LAPD – CRASH stand dabei für „Community Resources Against Street Hoodlums“ – begab sich unter dem Codenamen „Operation Hammer“ in South Central auf einen weitreichenden Kreuzzug, in dessen Verlauf tausende angebliche Gang-Mitglieder verhaftet wurden. Viele davon waren jedoch, wie sich herausstellte, absolut unschuldig. Die CRASH-Polizisten trugen nicht selten eine Extra-Knarre oder etwas Dope bei sich, um es gegebenenfalls einem Verdächtigen unterzuschieben. „Sie schlucken den Stoff runter oder werfen ihn schnell weg, also verprügeln wir sie und stecken ihnen unseres zu“, gestand einer. „Sie verstoßen gegen das Gesetz, verkaufen Drogen, also warum sollten wir ihnen Respekt schulden? Das war falsch, aber so dachten wir nun mal.“ Im Januar 1988 wurde eine 27-jährige Frau namens Karen Toshima in Westwood Village getötet, als sie versehentlich ins Kreuzfeuer zweier rivalisierender Gangs geriet. Obwohl Gang-Morde nichts Neues waren, beschlossen Bürgermeister Tom Bradley und der Stadtrat als Reaktion auf Toshimas Tötung, die in einem begüterten Viertel passiert war, Millionen von Dollar für zusätzliche Patrouillen locker zu machen.

      Präsident Reagan erklärte 1982 seinen „War on Drugs“ und der Chef der Polizei von Los Angeles, Daryl Gates, ging besonders hart gegen Drogenkonsumenten vor. 1990 erklärte er vor einem Senatsausschuss, dass auch diejenigen, „die sich gelegentlich Pot reinpfeifen“, am besten „vor die Türe gebracht und abgeknallt werden sollten“. Ein besonders drastisches Instrument, das Gates einsetzte, war die Batterram, ein sechs Tonnen schwerer gepanzerter Rammbock, der mit einem über vier Meter langen Stahlarm ausgestattet war, mit dem die Türen von Häusern plattgemacht wurden, in denen man Crackhöhlen vermutete. Dieses Gerät inspirierte auch den gleichnamigen Hit des Comptoner Rappers Toddy Tee, den der junge Dr. Dre produzierte.

      Im April 1989 schlüpfte die frisch als First-Lady abgelöste Nancy Reagan, die nun mit ihrem Ronald in Bel Air residierte, in Tennisschuhe und eine Windjacke der LAPD, um der Razzia in einem mutmaßlichen Drogenhaus in South Central, nahe Main Street Ecke 51st, beizuwohnen. An der Seite von Chief Gates beobachtete sie, wie ein SWAT-Team sich seinen Weg bahnte. Reagan, die den Slogan „Just Say No“ geprägt hatte, erklärte, dass sie das spärlich eingerichtete Haus als „sehr deprimierend“ empfand. Ebenso deprimierend war vermutlich der Umstand, dass zwar nur eineinhalb Gramm Crack sichergestellt werden konnten, aber dafür immerhin 14 Leute festgenommen wurden. Die Medien berichteten, dass noch im selben Jahr eine Drogenentzugsklinik im San Fernando Valley, die Nancy Reagans Namen tragen würde, eröffnet werden sollte. Allerdings sollte es nie dazu kommen, da Reagan im Sommer dem Projekt ihre Unterstützung entzog, wodurch Spendengelder in Höhe von fünf Millionen Dollar in den Sand gesetzt wurden. Ihr Sprecher erklärte gegenüber der Los Angeles Times, dass sie sich schlicht zu viel aufgehalst hätte.

      Die meisten Bürger von South Los Angeles fürchteten die Cops nicht weniger als die Kriminellen. Greg Mack vom Hip-Hop-Radiosender KDAY berichtet etwa von Pistolenschüssen, die so regelmäßig zu hören waren wie die „Ghetto-Birds“ – Hubschrauber, die über seinem Zuhause in South Central kreisten, um nach Übeltätern zu fahnden. „Da meine damalige Frau eine Latina war, wurden wir ständig angehalten“, erinnert sich Mack, der selbst schwarz ist. „Sie dachten immer, ich würde Übles im Schilde führen, beziehungsweise dass ich vermutlich ein Zuhälter sei, weil ich mit einem Mädchen unterwegs war, das einen anderen ethnischen Hintergrund hatte.“

      „Sie schossen Leuten in den Rücken“, weiß MC Ren zu berichten. „Sie traten einem für nichts in den Arsch.“ Fast jeder schwarze Mann aus L.A., den ich für dieses Buch interviewt habe, hat solche Geschichten auf Lager – Verkehrskontrollen wegen Lappalien oder aus reiner Willkür, Erniedrigungen, unfaire Verhaftungen. Es gehörte einfach zum Leben dazu.

      Inmitten dieses Chaos’ entstand die Hip-Hop-Szene von Los Angeles. Die Musik selbst war warm und einladend, zumindest oberflächlich betrachtet. Lokale MCs rappten zu sanften, tanzbaren Beats. In den Clubs und auf Hauspartys spielten DJs die Platten von Rappern aus New York. Aus den Nissans und VW-Käfern der Mitglieder von Auto-Clubs dröhnten Mixtapes. Breakdancer aus Venice Beach vollführten Kunststücke auf Kartonunterlagen. Und manche Drogendealer investierten ihre Profite in lokale Könner wie den Hip-Hop-Titan Mixmaster Spade, der das DJ-Handwerk während seiner Schulzeit in New York gelernt hatte und nach L.A. zurückgekehrt war, um ortsansässige Nachwuchstalente wie King Tee, Toddy Tee, Coolio und DJ Pooh zu fördern – zumindest bis 1987, als er nach einer Schießerei mit der Polizei verhaftet wurde, nachdem diese eine gigantische Menge PCP bei ihm zu Hause gefunden hatte.

      Eine Hip-Hop-Show, die im Sommer zuvor in der Long Beach Arena stattgefunden hatte, war im Chaos versunken. Die Headliner Run-DMC waren um ihren Auftritt gebracht worden, als eine Prügelei ausgebrochen war. KDAY-Programmgestalter Greg Mack hatte von der Bühne aus gesehen, wie ein Mann von einem der Balkone geschubst wurde, was der aber irgendwie überlebte. Angreifer hatten abgebrochene Tischbeine zu Waffen umfunktioniert und jungen Mädchen die Ketten vom Hals gerissen. Die Sicherheitskräfte waren überfordert gewesen und Dutzende hatten sich Blessuren eingehandelt.

      „Es war ein Rassenkonflikt“, erzählte der populäre DJ Rodger Clayton, der die Show


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