Sehnsucht nach Gott. Wolfram Weimer

Sehnsucht nach Gott - Wolfram Weimer


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      WOLFRAM WEIMER

      Sehnsucht nach Gott

      Warum die Rückkehr der Religion

      gut für unsere Gesellschaft ist

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      Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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      Umschlagabbildung: © shutterstock/aRalia

      Satz: Bonifatius Druck

      Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck

      Printed in Germany

      ISBN 978-3-89710-888-2

      eISBN 978-3-89710-956-8

      Weitere Informationen zum Verlag:

       www.bonifatius-verlag.de

       „Der Glaube ist die größte Leidenschaft des Menschen.“

      Søren Kierkegaard

      Inhalt

       Die Diagnose

       Spurensicherung Gottes

       Die Anamnese

       Der zeitgeschichtliche Zusammenhang

       Der politische Rahmen

       Der philosophische Bezug

       Die Therapie

       Warum die Sehnsucht Kultur schafft

       Warum die Sehnsucht Staat macht

       Wie die Sehnsucht Gewissen formt

       Die Rehabilitation

       Person würdigen

       Familie lieben

       Religion prägt den Kulturkreis

       Tradition hegen

       Recht und Ordnung achten

       Tugend pflegen

       Das Heimweh

       Die soziale Sehnsucht

       Die persönliche Sehnsucht

       Literaturinspirationen

      Die Diagnose

      Spurensicherung Gottes

      Fingerabdrücke Gottes sind überall und immer, in der Natur, im Tod, in der Liebe und im Leben, überall, wo Menschen sind. Wir haben ihm Tempel gebaut, Pyramiden, Kathedralen. Wir haben ihm die größten Kunstwerke gewidmet, ihn verehrt, angebetet und gefleht, politisiert, missbraucht, verflucht und verraten, ignoriert. Und selbst wenn wir ihn verloren zu haben glauben, also nichts mehr glauben, so irritieren uns seine Spuren, so spüren wir in uns einen Zweifel über den Zweifel, eine leise, aber doch unsterbliche Sehnsucht nach dem Unsterblichen, eine Sehnsucht nach der Antwort auf die letzten Fragen. Und je weiter man sich persönlich oder als Gesellschaft von Gott entfernt, desto größer wächst dieses eigentümliche Heimweh.

      Es ist eigenartig, dass die Spuren Gottes, egal wie nihilistisch oder areligiös die Menschen gerade denken, nie verschwinden. Angesichts der überwältigenden Nachhaltigkeit dieser Spuren zu allen Zeiten in allen Kulturen, angesichts also der erdrückenden Beweislast massenhafter Indizien über Jahrtausende hinweg, wirkt die Vorstellung, Gott könne womöglich gar nicht existieren, ziemlich forsch. Ist nicht der Glaube an das Nichts ein viel gewagterer Glaube als der an Gott? Ist nicht der Mensch, der Gott konkret gefunden hat, ein glaubwürdigerer Zeuge als der, der abstrakt behauptet, es gebe ihn nicht? Denn Ersterer bezeugt etwas Manifestes, Letzterer behauptet etwas über jemanden, dessen Existenz er abstreitet. Das Sehen der Zeugen wiegt doch eigentlich schwerer als das Nicht-Sehen der Gegen-Zeugen.

      Und trotzdem spielen wir in Europa seit ein, zwei Jahrhunderten ein Versteckspiel mit Gott. Obwohl seine Spuren überall sind, halten wir Gott für tot. Im 20. Jahrhundert religiös verstorben. Und kulturell vergessen. Wir haben ihn systematisch umgebracht, unsere Philosophen, die Psychologen, die Ideologen der abendländischen Neuzeit. Friedrich Nietzsche und Charles Darwin, Arthur Schopenhauer und Karl Marx und all ihre Epigonen. Sigmund Freud diagnostizierte den Gottesmord zutreffend als die große „Kränkung“ der Moderne. Das 20. Jahrhundert und seine gottvergessenen Ideologien dokumentierten dies schließlich mit pathologischer Brutalität. Am Ende besorgten der Alltags-Atheismus und die Vergesslichkeit eines materialistischen Zeitalters den Rest. Die postmodernen Wohlstandsgesellschaften spülten sogar die kulturellen Restbestände des Christentums aus dem Bewusstsein einer geistig zerstreuten Zeit.

      Mit der gelassenen Arroganz unserer Aufklärung haben wir Gott in den vergangenen Jahren immer öfter wie einen verstorbenen Großvater betrachtet. Schließlich trägt jeder gebildete Europäer die Kritik des Metaphysischen mit sich herum wie ein Erbstück vom Großvater. Kopernikus rückt die Welt aus ihrer Mitte, Kant macht uns die Grenzen der Erkenntnis klar, Darwin biologisiert unsere Herkunft, Feuerbach („Das Wesen des Christentums“) erinnert uns an den Projektionscharakter der Religion, Marx enttarnt ihr politisches Wesen („Opium des Volkes“), und mit Freud („Die Zukunft einer Illusion“)


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