Max Beckmann. Petra Kipphoff
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Autorin und Verlag danken der »ZEIT-Stiftung Ebelin
und Gerd Bucerius« für die großzügige Unterstützung
Petra Kipphoff von Huene studierte Germanistik, Anglistik und Kunstgeschichte. 1962 wurde sie an der Ludwig-Maximilians-Universität München promoviert. Von 1962 bis 2002 war sie Redakteurin im Feuilleton der Wochenzeitung »Die ZEIT« mit dem Schwerpunkt Bildende Kunst. Seitdem schrieb sie vorwiegend für die »Neue Zürcher Zeitung«. 1974 gab sie gemeinsam mit Marianne Bernhard »Deutsche Romantik. Handzeichnungen in zwei Bänden« heraus. 2010 erschien der in Zusammenarbeit mit der Fotografin Erika Schmied entstandene Band »Im Profil. Künstlerporträts aus fünfzig Jahren«. Seit 2000 betreut sie den Nachlass Stephan von Huenes; ein Werkverzeichnis sowie mehrere Ausstellungskataloge wurden publiziert.
PETRA KIPPHOFF
MAX BECKMANN
Der Maler als Schreiber
zu Klampen
Inhalt
Beckmann, der Leser und seine Bibliothek
Der Künstler und seine Konfessionen – im Streit mit der Konkurrenz
Max Beckmann. In eigener Sache
Sechs Sentenzen zur Bildgestaltung
Schwarz und Weiß
Kunst dient der Erkenntnis, nicht der Unterhaltung, der Verklärung oder dem Spiel.1
Max Beckmann, der Maler, Zeichner und Graphiker, war auch ein lebenslanger Schreiber, ein vielfältiger und eigensinniger Autor. Am umfangreichsten in seinen Tagebüchern und Briefen, zwei Kategorien, die man üblicherweise nicht zur literarischen Produktion zählt. Die aber bei Beckmann von einer Kontinuität und Intensität sind, die sich wie von selbst zu einem Roman in eigener Sache, einem autobiographischen Drama, fügen. Zur bewegten Autobiographie gehören neben Briefen und Tagebüchern auch die Texte, Programme und Vorträge, die Beckmann im Zusammenhang mit seiner künstlerischen Arbeit geschrieben hat. Und schließlich hat er, der sich sehr für das Theater seiner Zeit interessierte, auch drei kleine Dramen verfasst, das dritte wurde erst im Nachlass gefunden.
Die »archaische Wucht des Erzählenwollens« erkannte der langjährige Freund Stephan Lackner in den Tryptichen von Beckmann. Diese Energie war schon von Anfang an vorhanden und zu erkennen. Wenn auch zunächst in einer Theatralik der Sujets. In seinen frühen Jahren hatte Beckmann das große Format für die großen Dramen der Antike, des Christentums und des Alltags in den Farben der Alten Meister gewählt. Da gab es die »Auferstehung« (1908/1909), »Das Erdbeben von Messina« und die »Kreuzigung Christi« (beide 1909), »Die Amazonenschlacht« (1911) und den »Untergang der Titanic« (1912). Mehr Drama ging nicht. Beckmann brauchte das große Format für großartige Ereignisse. Und begegnete diesen auch in angemessener Ausstattung. Ein frühes Foto, das Beckmann bei der Arbeit zeigt, ist am Strand aufgenommen, im Jahr 1907 an der Ostsee. Beckmann steht hier an der Staffelei, im dunklen Anzug, die Melone liegt am Boden, eine Flasche steht neben dem Malkasten. Zwischen Pose und Profession lässt sich der dreiundzwanzigjährige Künstler, der grade von einem Stipendienaufenthalt in der Villa Romana in Florenz zurückgekehrt ist, hier ablichten.
Der Hang zum Drama, der mit den großen historischen oder biblischen Tragödien beginnt, setzt sich im kleinen Format der schwarzweißen Graphik-Zyklen fort. Auch hier wird eine grausame Geschichte erzählt, jetzt aber aus der schwarzweißen, erlebten alltäglichen Gegenwart, so in »Hölle« (1919), »Gesichter« (1919), »Stadtnacht« (1920), »Jahrmarkt« (1921) und der »Berliner Reise« (1922). Diese großen Graphik-Folgen, die alle in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg entstanden, sind das Gegenteil der historischen Dramen in Öl, sie haben einen sehr direkten und von Beckmann teils auch selber miterlebten Anlass und Hintergrund. Es sind drastische Reportagen aus dem Großstadt-Alltag der Armut und Gewalt tätigkeiten, der Kriegsverletzten, Obdachlosen und Verhungernden. Die Blätter dokumentieren ein Elend, das alle Farben hinter sich gelassen hat.
»Ja: Schwarz und Weiß, das sind die beiden Elemente, mit denen ich zu tun habe«, sagt Beckmann 1938 in einem Vortrag in London über seine Malerei und betont damit das schwarzweiße Entweder – Oder einer andererseits vielfarbigen Welt. Und fährt fort: »Das Glück oder Unglück will es, daß ich nicht nur weiß, nicht nur schwarz sehen kann. Eins allein wäre viel einfacher und eindeutiger. Allerdings wäre es dann auch nicht existent. Aber trotzdem ist es doch der Traum vieler, nur das Weiße (nur das gegenständlich Schöne) oder nur das Schwarze (das Häßliche und Verneinende) sehen zu wollen … Ich kann nicht anders, als mich in beidem zu realisieren. Nur in beidem, Schwarz und Weiß, sehe ich Gott als eine Einheit, wie er es sich als großes, ewig wechselndes Welttheater immer wieder neu gestaltet.«2
Schwarz und Weiß, in diesen beiden für die Typographie und die graphischen Künste essentiellen Farben kommen sich Text und Zeichnung oder Radierung