Prüfungen erfolgreich bestehen im Fach Tierphysiologie. Dietmar Gradl
die Na+/K+-ATPase dafür, dass intrazellulär die Natriumkonzentration sehr gering bleibt. Damit besteht an der apikalen Seite ein Na+-Gradient, Na+ strömt vom Darmlumen in die Enterozyten. Dies geht vorwiegend durch zur Familie der SGLT gehörende Transportproteine im Symport mit Glukose (Glc). Damit steigt die intrazelluläre Glukosekonzentration so hoch, dass an der basalen Seite Glukose passiv durch Kanalproteine der GLUT-Familie ins Blut aufgenommen wird.
5 Warum wird die Zellulose des Salatblattes als Ballaststoff unverdaut ausgeschieden?
Wie Amylose ist auch Zellulose ein linear 1,4-verknüpftes Polymer aus Glukose. Der einzige Unterschied zur Amylose ist, dass die 1,4-Bindung in Zellulose in der β-Konformation vorliegt. Zellulose ist damit ein Polymer aus β -1,4-verknüpfter Glukose. Unsere Amylasen können ausschließlich α-1,4-glykosidische Bindungen spalten; die β-1,4-Bindung stellt für sie kein Substrat dar. Tatsächlich gibt es keine höheren Tiere, die entsprechende Enzyme exprimieren. Um die β-1,4-glykosidischen Bindungen aufzubrechen, sind selbst herbivore Tiere wie die Kuh oder das Kaninchen auf eine Symbiose mit Mikroorganismen angewiesen.
Das Fehlen eigener Enzyme für den Abbau β-1,4-glykosidischer Bindungen, einhergehend mit der Symbiose mit Mikroorganismen, erklärt die anatomischen Anpassungen herbivorer Tiere auf ihre Ernährung. Diese anatomische Anpassung kann wie bei Wiederkäuern in einem mehrkammerigen Magen liegen, sodass die Verdauung der Zellulose prägastrisch erfolgt. Sie kann sich aber auch in der Ausbildung einer postgastrischen Gärkammer manifestieren – meist in Form einer massiven Vergrößerung des Blinddarms. Eine postgastrische Verdauung geht dabei meist mit Koprophagie einher, also der Wiederaufnahme eines mithilfe der symbiotischen Mikroorganismen im Blinddarm produzierten Blinddarmkots.
6 Die Proteinverdauung beginnt im sauren Milieu im Magen. Wie kommt es zur Ansäuerung und wozu dient der saure pH?
Für die Ansäuerung des Magensaftes sind spezialisierte Zellen der Magenwand verantwortlich: die Belegzellen. Diese Zellen sezernieren Salzsäure und senken damit den pH-Wert des Chymus auf bis zu pH 1, was dem pH-Wert einer 0,1-molaren Salzsäurelösung entspricht. Das Ansäuern hat zweierlei wesentliche Aufgaben. Zum einen dient es dem Infektionsschutz, da im sauren Milieu säurelabile Mikroorganismen abgetötet werden, zum anderen werden Wechselwirkungen zwischen Aminosäureresten aufgebrochen, wodurch die Nahrungsproteine denaturieren. Erst jetzt können Endopeptidasen wie Pepsin in räumliche Nähe zu ihrem Substrat, den Peptidbindungen innerhalb der Proteine gelangen und die Hydrolyse dieser Peptidbindungen katalysieren.
Als Konsequenz auf dieses saure Milieu im Magen hat sich die Endopeptidase Pepsin evolutionär so angepasst, dass sie ihr pH-Optimum im stark sauren Milieu hat.
Eine weitere Konsequenz des sauren Milieus ist, dass die Zellen der Magenwand von einer Schutzschicht umgeben sind. Dieser „Magenschleim“ besteht aus polymeren Kohlenhydraten, die verhindern, dass die Oberflächenproteine der Magenepithelzellen denaturieren und die Zellen absterben.
7 Die Proteinverdauung wird durch die Endopeptidasen des Pankreas im leicht alkalischen pH-Wert des Zwölffingerdarms (Duodenum) fortgesetzt. Wie kommt es zur Veränderung des pH-Werts? Wie werden Trypsin und Chymotrypsin aktiviert?
Die Bauchspeicheldrüse sezerniert nicht nur Verdauungsenzyme, sondern auch Bicarbonat. Dieses Bicarbonat im Pankreassekret neutralisiert die Salzsäure des Magensafts. Über autonome nervöse Regulationsmechanismen am Pylorus (Pförtner) wird verhindert, dass das Duodenum übersäuert. pH-Sensoren am Zwölffingerdarm erlauben den Muskeln des Pförtners nur kurzzeitig zu öffnen, und zwar dann, wenn der pH-Wert im Zwölffingerdarm neutral bis leicht basisch ist. Somit wird gewährleistet, dass der saure Chymus kontrolliert in den Zwölffingerdarm gelangt und die Darmepithelzellen nicht schädigt.
Mit dem Pankreassaft werden die Endopeptidasen Trypsin und Chymotrypsin als inaktive Vorstufen Trypsinogen und Chymotrypsinogen sezerniert. Aus diesen inaktiven Vorstufen entstehen erst im Duodenum durch limitierte Proteolyse die aktiven Enzyme. Limitierte Proteolyse heißt, dass ein Teil der Peptidkette der inaktiven Vorstufen durch die Aktivität von Endopeptidasen abgespalten wird. Erst dann können sich die Pankreaspeptidasen in aktive Enzyme falten. Dieser Mechanismus verhindert, dass Trypsin und Chymotrypsin bereits im exokrinen Pankreas und im Ductus pancreaticus aktiv sind und die Proteine der Bauchspeicheldrüse und des Pankreasgangs verdauen und damit die Organe schädigen oder gar zerstören. Bei den Endopeptidasen, die Trypsin und Chymotrypsin aktivieren, handelt es sich um Trypsin und Elastase.
8 Wo und wie erfolgt die Abspaltung einzelner Aminosäuren? Warum ist die Vorverdauung durch Endopeptidasen essenziell?
Die vom Magen und Pankreas produzierten proteinverdauenden Enzyme Pepsin, Trypsin und Chymotrypsin sind Endopeptidasen, d. h. als Reaktionsprodukte entstehen Peptide. Unser Resorptionsepithel am Dünndarm nimmt bevorzugt freie Aminosäuren auf. Zu einem geringeren Anteil werden auch Dipeptide und Tripeptide resorbiert. Die Abspaltung einzelner Aminosäuren aus einem Peptid erfolgt von beiden Enden her, dem Aminoterminus und dem Carboxyterminus. Entsprechend sezerniert unser Dünndarmepithel Aminopeptidasen und Carboxypeptidasen. Diese Exopeptidasen katalysieren also die Abspaltung freier Aminosäuren von den Enden der Peptide.
Für ein effizientes Arbeiten der Exopeptidasen ist eine Vorverdauung der Nahrungsproteine durch Endopeptidasen unerlässlich, denn wenn Proteine zur Resorption in freie Aminosäuren zerlegt werden müssen und die Abspaltung von Aminosäuren nur von den freien Enden erfolgt, so wird die Effizienz der Verdauung deutlich erhöht, wenn die Anzahl freier Enden erhöht wird. Genau dies ist die Aufgabe der Endopeptidasen. Wenn beispielsweise ein 300 Aminosäuren großes Protein in 30 Peptide zerlegt wird, so erhöht sich die Anzahl der Angriffspunkte für Exopeptidasen von zwei auf sechzig.
9 Vergleichen Sie die Resorption der Aminosäuren mit der Resorption von Glukose.
Der prinzipielle Aufnahmemechanismus von Aminosäuren und Glukose ist sehr ähnlich. Sowohl Aminosäuren als auch Glukose werden sekundär aktiv im Symport mit Natrium-Ionen resorbiert. In beiden Fällen stammt die Energie, die benötigt wird, um Monomere entgegen ihres Konzentrationsgradienten zu resorbieren, also von der Aktivität der Na+/K+-ATPase. Dieses Enzym, das an den Epithelzellen baso-lateral lokalisiert ist, hält die intrazelluläre Natriumkonzentration gering, sodass permanent ein Natriumgradient zwischen Darmlumen und Zellinnerem besteht. Für die Resorption von Glukose wird dieser Natriumgradient genutzt, indem er Natrium durch die SGLT-Transportproteine nur einströmen lässt, wenn gleichzeitig Glukose in die Zelle eintritt. Ähnliches gilt auch für die Resorption von Aminosäuren, nur dass hier anstatt des SGLT-Transportproteins Aminosäuren-Transportproteine die Energie des Natriumgradienten nutzen. Dabei gibt es vier unterschiedliche Aminosäuren-Transportproteine, die jeweils für einen Teil der Aminosäuren verantwortlich sind. Diese Aminosäuren-Transportproteine sind gruppenspezifisch, z. B. für saure oder basische Aminosäuren.
10 Was sind Micellen und wie kommen sie zustande?
Micellen sind sogenannte „Fetttröpfchen“, aber nicht zu verwechseln mit einem „Fettauge“, wie es in der Suppe schwimmt. Wesentlich für Micellen ist der amphiphile Charakter der Micellen-bildenden Fette. Dieser amphiphile Charakter sorgt dafür, dass sich im Innern der Micelle die lipophilen Fettsäurereste befinden und außen, also hin zum wässrigen Milieu, die hydrophilen Kopfgruppen. Diese hydrophilen Kopfgruppen können die Phosphatgruppen der Phospholipide sein, aber auch die polaren Komponenten der Gallensalze.
Bei fettreicher Nahrung dominieren Triacylglyceride. Diese sind per se nicht in der Lage, Micellen zu bilden. Die amphiphilen Fette, die wir als Bestandteile der Membranen zu uns nehmen, reichen nicht aus, die große Menge an Triacylglyceriden zu emulgieren. Zur effizienten Micellenbildung sezerniert die Galle die in der Leber produzierten Gallensalze in den Zwölffingerdarm. Gallensalze sind Cholesterinderivate, die durch eine Sulfatgruppe amphiphilen Charakter aufweisen (s. Abb. 1.4). Sie lagern sich zwischen die Triacylglyceride ein und führen spontan zur Micellenbildung.