Medien in Deutschland. Группа авторов

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      Vorwort

      Die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft hat einen umfassenden Untersuchungsgegenstand: Sie befasst sich als Sozialwissenschaft primär mit allen Formen öffentlicher Kommunikation, insbesondere mit klassischer Massenkommunikation (Print, Radio, Fernsehen) sowie mit öffentlicher und teil-öffentlicher Kommunikation in und mittels Onlinemedien. Im Zentrum des Lehr- und Forschungsfeldes stehen in Analogie zum Ablauf publizistischer bzw. massenkommunikativer Prozesse die Kommunikator-, die Aussagen-, die Medien(struktur)- sowie die Rezipienten- und Wirkungsforschung. Diesen Feldern kann man sich aus unterschiedlichen Fachperspektiven nähern wie etwa der politologischen, der psychologischen und soziologischen Perspektive. Zur Klärung offener wissenschaftlicher Fragestellungen bedient sich das Fach weitgehend quantitativer und qualitativer sozialwissenschaftlich-empirischer Forschungstechniken.

      In meinem 2003 erstmals publizierten sowie 2014 umfassend überarbeiteten und erweiterten Lehrbuch »Publizistik- und Kommunikationswissenschaft« habe ich versucht, das Lehr- und Forschungsfeld dieser Disziplin inhaltlich zu strukturieren und möglichst umfassend aufzubereiten. Es erscheint nun, neu konfektioniert, auch in Teilbänden. Der vorliegende Band enthält den Abschnitt über »Medienforschung – Medienstrukturen«, der sich mit Presse, Rundfunk (Radio, TV) und Onlinemedien in Deutschland befasst. Eingangs beschäftige ich mich mit dem im Fach teils unterschiedlich definierten und gebrauchten Begriff Medium. Es folgt ein kurz gehaltener Blick auf die Geschichte öffentlicher Kommunikation, insbesondere der (Massen-)Medien. Ausführungen über die weitgehend technisch bedingten Eigengesetzlichkeiten der Print-, Funk- und Onlinemedien schließen daran an, ehe im Weiteren wichtige Organisationsformen der Massenmedien in westlichen Demokratien vorgestellt werden. Der Schwerpunkt des Buchs liegt auf einer Beschreibung der gegenwärtigen Strukturen der Medienlandschaft Deutschlands sowie der Finanzierung von Druck-, Funk- und digitalen Medien. Die Daten geben, sofern nicht anders vermerkt, den Stand zur Jahreswende 2012/13 wieder; stellenweise konnten darüber hinaus noch Ereignisse und Daten aus dem ersten Halbjahr 2013 berücksichtigt werden.

      Neben zahlreichen Hinweisen im Text auf weiterführende Literatur enthält der Band ein umfangreiches Literaturverzeichnis sowie Links zu ausgewählten Institutionen und Organisationen der Massenmedien und deren Online-Auftritte, denen aktuelle Daten und Informationen über das deutsche Medienwesen und seinen raschen Wandel zu entnehmen sind.

      Weitere Teilbände sind Grundbegriffen der Kommunikationswissenschaft, der Kommunikator- bzw. Journalismusforschung, der Rezipientenforschung sowie der Kommunikationswissenschaft als interdisziplinärer Sozialwissenschaft gewidmet. Ebenso gibt es einen Band zu den empirischen Forschungsmethoden. Alle Bände erscheinen auch als E-Books. Mit diesem Publikationsprogramm sollen Interessenten angesprochen werden, die sich ein Teilgebiet der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft erschließen wollen.

      Ich danke Rüdiger Steiner, dem Verlagslektor von UVK, für die gute Zusammenarbeit bei der Entstehung des vorliegenden Buches.

München, im Januar 2015Heinz Pürer

      1 Medienforschung

      Der Begriff »Medienforschung« wird im allgemeinen Sprachgebrauch nicht selten als Synonym für Massenkommunikationsforschung generell gebraucht. Dies ist hier nicht gemeint. Im Hinblick auf die dieser Publikation zu Grunde gelegte Systematik von Kommunikationsprozessen befasst sich die Kommunikationswissenschaft im Bereich Medienforschung vielmehr mit den – nicht nur technischen – Mitteln und (Ver-)Mittlern der Kommunikation, deren man sich bedient, um anderen etwas mitzuteilen. In der Face-to-face-Kommunikation sind diese Mittel, wie erwähnt, primär die Sprache sowie eine Vielzahl nonverbaler Ausdrucksformen, die den Austausch von Informationen zwischen zwei oder auch mehr Kommunizierenden ermöglichen. In der technisch vermittelten Individualkommunikation (Telefon, Fax, SMS), in der Massenkommunikation (Print, Funk) sowie – mit notwendigen Differenzierungen – auch in der computervermittelten Kommunikation (Internet, Onlinekommunikation) sind Medien primär technische Geräte und organisationelle Infrastrukturen, mit deren Hilfe Botschaften und Mitteilungen generiert und ausgetauscht bzw. öffentlich vermittelt werden. In der Massenkommunikation sowie zu einem großen Teil auch in der computervermittelten Kommunikation werden diese technischen Medien in aller Regel von komplexen Organisationen wie Zeitungs- und Zeitschriftenbetrieben, Radio- und Fernsehanstalten, Film- und Videoproduktionsunternehmen, kommerziellen und nichtkommerziellen Onlineanbietern etc. betrieben. Da zahlreiche Medienunternehmen inzwischen Medienprodukte und Mediendienste unterschiedlicher Art anbieten, ist bei solchen Unternehmen auch von Medienhäusern bzw. Multimediakonzernen die Rede.

      Im Zusammenhang mit dem Medien-Begriff ist zu erwähnen, dass die Kommunikationswissenschaft de facto über keine eindeutige bzw. einheitliche Begriffsbestimmung verfügt. Es gibt jedoch zahlreiche Bemühungen, zu einer Begrifflichkeit zu finden. Drei Themenkreise sollen mit Blick auf den Begriff Medium kurz erörtert werden: zunächst der Aspekt, dass technische Medien keine neutralen Instrumente sind; zum Zweiten Vorschläge deutschsprachiger Kommunikationsforscher zur Klärung und Ausdifferenzierung des Medienbegriffes; sowie schließlich drittens der Umstand, dass infolge neuer Entwicklungen im Kommunikationssystem (Multimedia, Digitalisierung, Konvergenz, Onlinekommunikation) herkömmliche Begriffe in Frage gestellt werden und über neue (Medien-)Begriffe nachgedacht werden muss.

      Die Kommunikationswissenschaft ist lange Zeit von einem technischen Medienbegriff ausgegangen (das Druckmedium Zeitung, die Funkmedien Hörfunk und Fernsehen, der Film etc.) und hält z. T. noch immer daran fest. Darin ist jedoch eine unzulässige Verkürzung des Verständnisses von Medium bzw. Massenmedium zu sehen. Die deutschen Medienforscher Günter Bentele und Klaus Beck weisen zu Recht darauf hin, dass »technische Medien […] in mehrfacher Hinsicht ohne den Menschen nicht vorstellbar (sind): Sie wurden von Menschen in einem sozialen Prozess erfunden und entwickelt, über das ob und wie ihrer Anwendung wird beraten und gestritten. Technische Medien sind ohne eine soziale Form des Gebrauchs wirkungs- und bedeutungslos, denn sie sind im Wortsinne ›Mittel‹ und ›Vermittler‹« (Bentele/Beck 1994, S. 40). Der Wiener Kommunikationswissenschaftler Roland Burkart merkt an, dass ein kommunikationswissenschaftlicher Medienbegriff »nur dann nicht zu kurz (greift), wenn er berücksichtigt, dass das Vorhandensein einer technisch-kommunikativen Infrastruktur und auch die Art und Weise ihrer Nutzung erst dann angemessen erfasst werden kann, wenn man die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen nicht übersieht, unter denen es zur Ausbildung, zur Bereitstellung und auch zur Nutzung dieser technischen Einrichtung kommt« (Burkart 1999, S. 67). Dies heißt, dass die Medien neben ihren technischen Ausprägungen und Bedingtheiten von der Art und Weise ihrer politischen, sozialen und ökonomischen Organisation und Implementation in das System der Massenkommunikation sowie von ihren Nutzungsweisen im Alltag nicht zu trennen sind.

      Diese Überlegungen sollen am Beispiel der klassischen Massenmedien kurz konkretisiert werden. Um zunächst bei technischen Aspekten zu bleiben: Auf Grund ihrer unterschiedlichen technischen Eigengesetzlichkeiten und Zwänge erfordert und bedingt das statische Druckmedium Zeitung andere Produktionsweisen, Darstellungsmöglichkeiten und Kommunikationsmodi als etwa der flüchtige Hörfunk (auditives bzw. Tonmedium) und dieser wieder andere als die audiovisuellen Medien Film und Fernsehen (Bild und Ton). Ähnliches gilt für Onlinemedien, die sich oft multimedialer Gestaltungsmöglichkeiten bedienen. Oder, um etwa politische Aspekte anzusprechen: Im dualen Rundfunksystem z. B. resultieren aus rechtlich-politischen Gründen für die gemeinwohlverpflichteten öffentlich-rechtlich verfassten Rundfunkanstalten – z. T. zumindest – andere Aufgaben (Stichwort »Grundversorgung«; Postulat »Public Value«: öffentlicher Mehrwert der Programme) als etwa für die privat-kommerziellen Radio- und Fernsehsender. Oder, um ein weiteres Beispiel zu erwähnen: Boulevardzeitungen bieten formal wie inhaltlich in aller Regel andere Kommunikationsangebote an als etwa lokale und regionale Abonnementzeitungen, und diese wieder andere als überregional verbreitete Tageszeitungen. Schon gar nicht übersehen werden kann, dass allein aus der jeweiligen Blattlinie von Zeitungen und Zeitschriften jeweils auch unterschiedliche Kommunikationsziele verfolgt werden (vgl. Pürer/Raabe 2007, S. 272ff). Der amerikanische Medienphilosoph Herbert Marshall McLuhan hat in den


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