Die NATO. Falk Ostermann

Die NATO - Falk Ostermann


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werden sollte, auf dem der Gegner angegriffen hatte“ (Bockenförde 2013, 40). Diese Strategie trug der neuen Situation Rechnung, dass im Falle eines alliierten Erstschlags ab den 1960er Jahren auch mit einer massiven nuklearen Antwort der Sowjetunion gerechnet werden musste, die ihre Raketenentwicklung vorangetrieben hatte.3 Außer Frankreich, das von der Strategie der massiven Vergeltungmassive Vergeltung nicht abweichen wollte, weil die durch flexible responseflexible response erhöhte Einsatzschwelle von NuklearwaffenAtomwaffen unvereinbar mit der eigenen AbschreckungAbschreckung (nuklear)sdoktrin gegenüber der UdSSR war (Kugler 1991, 57f.; Rühl 1997; Yost 1984, 54ff., 154f.), schlossen sich nach und nach alle Alliierten dieser Sichtweise an. Sie wurde jedoch erst nach dem französischen Austritt aus der integrierten Militärstruktur im Jahr 1967 offizielle Doktrin (Kugler 1991, 59; Combs 2012, 270f.). Letztlich verletzt flexible responseflexible response nicht die AbschreckungAbschreckung (nuklear)sprinzipien, weil in Anbetracht des engen und hochbevölkerten potentiellen europäischen Schlachtfelds auch ein begrenzter Einsatz von NuklearwaffenAtomwaffen schnell dieselben entgrenzten Folgen hätte haben können wie ein totaler Atomkrieg. Somit verschoben sich die Gefahren, genauso wie die Handlungsoptionen, wieder deutlicher in den konventionellen Bereich (Brodie 1959, 341). Auch das neue Strategische Konzept der Allianz aus dem Januar 1968 (MCMilitärkomitee 14/3, NATO 1968) trug dieser größeren Flexibilität in der militärischen Strategie der NATO Rechnung und formulierte wieder stärker konventionelle Antworten auf die Sicherheitsherausforderung durch die UdSSR. Durch die Einrichtung der Nuklearen Planungsgruppe im Dezember 1966 innerhalb der NATO-Militärstruktur wurde zudem ein neues Forum geschaffen, in dem Nuklearfragen auch unter Teilhabe der zwölf nichtnuklearen Mitglieder (und ohne Frankreich) besprochen werden konnten (Kugler 1991, 61f., 63ff.). Die 1968er Strategiedokumente waren flexibel genug, um bis zum Ende des Kalten KriegsEnde des Kalten Kriegs nicht mehr verändert werden zu müssen (Pedlow 1997, XXIIIff.). Es entwickelte sich nach 1968 dann eine größere EntspannungEntspannung(spolitik)sphase in der Blockkonfrontation, die sich durch erste Schritte hin zur RüstungskontrollRüstungskontrollee und AbrüstungAbrüstung ausdrückte. Der im Namen der NATO vom belgischen Außenminister Pierre HarmelHarmel, Pierre verfasste HarmelHarmel-Bericht-Bericht machte durch den Beschluss des NACNordatlantikrat (NAC) vom Dezember 1967 die Dualität aus Verteidigung/AbschreckungAbschreckung (nuklear) und EntspannungEntspannung(spolitik) zur offiziellen NATO-Strategie (Görtemaker 1979, 58ff.).

      Exkurs: Der französische Rückzug aus der integrierten NATO-Militärstruktur 1966/67

      Frankreich war ein starker Verfechter einer Politik nationaler AutonomieSouveränität, Autonomie (Grosser 1986, 223), die es sowohl aus historischem Antrieb als ehemalige Welt- und Kolonialmacht – seine letzte Kolonie Algerien gab Frankreich erst 1962 ab – mit demokratisch-universalistischem Führungsanspruch (grandeurgrandeur (Frankreich), Cerny 1980; Godin und Chafer 2006) als auch tagespolitischen, strategischen Gründen verfolgte. Frankreich positionierte sich nach dem Ende des Zweiten WeltkriegZweiter Weltkriegs klar im westlichen Lager, stand aber dem US-amerikanischen Führungsanspruch, den es als kulturgleichmachend und paternalistisch empfand, kritisch gegenüber, nicht zuletzt wegen des SuezSuez(krise)debakels und der US-amerikanischen Unterstützung für den Dekolonisierungsprozess. Charles de Gaullede Gaulle, Charles wandte sich daher strikt gegen eine Abhängigkeit von den USA (Grosser 1986, 191, 254 et al.) und wollte der Blockkonfrontation entkommen, die die US-Amerikaner*innen nach französischem Verständnis in den 1960er Jahren anheizten. De Gaulle widersetzte sich zunehmend der tiefgreifenden militärischen Integration in den NATO-Strukturen und zog bereits 1959 und 1963 französische Einheiten aus alliierten Marineverbänden ab (Vaïsse 2009a). Versuche zur Wiederbelebung eines amerikanisch-britisch-französischen Triumvirats zum Erreichen mehr außenpolitischer Koordination liefen ins Leere. Auch in Nuklearfragen waren Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten mit den USA an der Tagesordnung. Frankreich schlug (neben anderen Alliierten) ebenfalls US-Pläne zur Errichtung einer multilateralen Atomstreitmacht (MLF) aus, bei der ein Teil des Nukleararsenals der Verbündeten unter alliiertes Kommando gestellt worden wäre (Combs 2012, 269f.; Grosser 1986, 245ff.; Kugler 1991, 47ff.; Schmidt 1997, 115ff.; Vaïsse 2009b, 167ff.).

      Die Divergenzen über die NATO-Integration, atomare Fragen und die Blockkonfrontation wurden schließlich so groß, dass de Gaullede Gaulle, Charles im Juni 1966 beschloss, der integrierten Militärstruktur – nicht aber der Allianz selbst, als dessen Teil er Frankreich unvermindert ansah – den Rücken zu kehren. Er zog in der Folge Luft- und Armeeeinheiten aus Deutschland ab und französische Offiziere verließen die gemeinsamen alliierten Stäbe, sodass beide nicht mehr unter direktem NATO-Oberbefehl standen. Daraufhin mussten US-amerikanische Truppen Stützpunkte in Frankreich und ihr EUCOM-Hauptquartier bis April 1967 verlassen und die NATO ihre politischen und militärischen Hauptquartiere aus Frankreich nach Brüssel und Mons (Belgien), verlegen.

      Frankreich war durch diesen Schritt in der Lage, sich einen größeren AutonomieSouveränität, Autonomie- und Handlungsspielraum gegenüber den USA zu verschaffen, die nun neben der NATO auch bilateral mit Frankreich verhandeln mussten, um Einigkeit für die Verteidigung des nordatlantischen Raumes herzustellen. Frankreich kooperierte weiterhin auf militärischer und politischer Ebene mit der Allianz, konnte dies aber mit mehr Entscheidungsfreiheit tun (Vaïsse 2009b, 185ff.). Ironischerweise trug es so auch zu einer noch stärkeren Stellung der USA in der Militärstruktur bei. Diese vorteilhafte Position behielt Frankreich bis zum Ende des Kalten Krieges bei und blieb ihr auch darüber hinaus trotz erheblicher Einflusseinbußen nach dem Ende der Blockkonfrontation (Bertram 1997; Meimeth 1997; Menon 2000) bis ins Jahr 2009 treu, als es unter Präsident SarkozySarkozy, Nicolas in die Militärstruktur zurückkehrte (Fortmann et al. 2010; Ostermann 2019b). Zur Reintegration s. Exkurs in Kap. 4.3.

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