Fleisch-Codex. Ludwig Maurer
in meinem zweiten Buch „Rind Complete“ habe ich mich den neuen Cuts und der ganzheitlichen Verarbeitung eines Rindes gewidmet. Im Laufe der Zeit wurde ich von den Medien als das Gesicht der deutschen Kochszene, wenn es um das Thema Fleisch geht, geadelt. Ich habe verschiedene Titel bekommen, von „Mr. Nose to Tail“ bis hin zu „Deutschlands Fleischpapst“. Ein Titel, den mir die SAT. 1-Sendung „The Taste“ 2015 verliehen hat: Ich mag ihn nicht … Ich finde, man könnte bei dem Wort „Fleischpapst“ auch denken, ich habe eine frühere Karriere als Pornodarsteller hinter mir.
Mit meinem lieben Freund Heiko Antoniewicz, für mich die höchste Instanz, wenn es ums Kochen geht, und Michael Podvinec, einem Molekularbiologen aus der Schweiz, habe ich 2017 das Buch „Veredelung“ geschrieben. Für mich ist es heute noch eines der absolut besten Bücher, die je zum Thema Fleisch geschrieben wurden.
Für diverse Magazine, allen voran Rolling Pin, BEEF! und Fire & Food habe ich über 30 Rezeptstrecken zum Thema Fleisch kreiert. Als einer der Ersten habe ich mit meiner „Meisterklasse“ einen digitalen Workshop zum Thema Fleisch & BBQ erstellt.
Mit unserer Fernsehserie „In 80 Steaks um die Welt“ habe ich zusammen mit Wolfgang Otto einige Länder bereist, nicht nur um Rotwein zu trinken und Steaks zu essen, sondern auch um stetig einen neuen Einblick auf den Konsum und die Zubereitung dieser wunderbaren Lebensmittel in anderen Kulturen zu bekommen. Wir haben neun Episoden gedreht, waren in Argentinien, Brasilien, Uruguay, Frankreich, Belgien, Österreich, Irland, auf Sylt und nicht zuletzt im Bayerischen Wald. Hätte uns Corona nicht einen Strich durch die Reiseplanung gemacht, wären auch schon die Episoden aus Japan und Nordamerika im Kasten.
Ich habe über 15.000 Bücher verkauft, einige sind in der zweiten Auflage, und habe diverse nationale und internationale Preise gewonnen. Ich bin zweimal mit dem World Gourmond Cookbook Award ausgezeichnet worden, für alle Bücher wurde mir die GAD Medaille verliehen, und ich habe sogar von Jürgen Dollase, einem der gefürchtetsten Buchkritiker überhaupt, regelmäßig gute Bewertungen bekommen.
Und nun … was soll da also jetzt kommen?
Ein sehr guter Stammgast und Fan vom STOI hatte mich unlängst gefragt: Kannst du nicht mal ein Buch für ganz normale Leute schreiben, ohne dass sie sich Spezialequipment für mehrere tausend Euro zulegen und zum Shoppen der Lebensmittel ins KaDeWe fahren müssen?
Ein Buch für „normale“ Menschen und kein Fachbuch nur für Köche und Nerds. Mit Endverbraucher-Gerichten und nicht nur Avantgarde. Gerichte für jeden Tag und auch die persönlichen Lieblingsgerichte eines Lucki Maurer. Nachkochbar mit normalem Equipment und in jeder normalen Haushaltsküche. Zutaten aus normalen Läden und Märkten ums Eck. Fleischteile, die auch der normale Landmetzger hat.
Also einfach ein Buch für jedermann. Wo halt einfach ALLES drinsteht …
von Tim Mälzer |
Kein Vorwort
– sondern eine Liebeserklärung!
Liebe Leute,
wenn ihr dieses Buch in der Hand haltet und lest, bekommt ihr vielleicht eine Ahnung, warum ich diesen Mann so liebe. Ausgestattet mit der Optik eines zotteligen, gewaltigen Yetis und dem Herzen einer niederbayerischen Nonna, zähle ich Lucki Maurer zu den feinsten Menschen, die ich kenne.
Dieses Buch ist sein persönlichstes und gibt euch Einblick in das Leben von einem der besten Köche und Geschmacksphilosophen. Im Gegensatz zu mir gehört er eben nicht zu den Dampfplauderern unserer Branche, sondern präsentiert sich durch eine fast „nervende“ Bescheidenheit. Unsere Freundschaft währt nun schon viele Jahre, und deshalb werde ich hier nicht mit irgendwelchen Marketingfakten oder Anekdoten langweilen. Vielmehr möchte ich darum bitten, euch mit Zeit und Muße dem Leben Lucki Maurers zu widmen, welches hoffentlich noch lange währt.
Ich fasse in wenigen Worten zusammen, was Lucki für mich bedeutet: Freund, Familie, Kollege, Inspiration, Innovation, Leidenschaft, Vertrauens- und Saufkumpane oder einfach nur MENSCH!
Lasst euch von den Geschichten dieses warmherzigen Wolpertingers begeistern – ich wünsche einem jeden von euch einen Menschen wie Lucki an die Seite.
Tim Mälzer
Einleitung | von Ludwig Maurer |
Nur die ganz Guten machen Fleisch
Mein Papa Sepp Maurer sen. ist im November 1944 in den letzten Wirren des Zweiten Weltkriegs als letztes von neun Kindern geboren worden. Meine Oma war eine unglaublich gute Köchin und hat es geschafft, trotz Krieg und Armut die ganze Familie zu versorgen und zu ernähren. Ich selbst erinnere mich noch gut daran, dass sie bei besonderen Anlässen immer sagte: „Heut gibt’s mal ein Stückerl gesottenes Rindfleisch mit Krebrej.“ Gemeint war damit ein Rindertafelspitz in feiner Meerrettichsauce mit Knödeln oder einfach nur Salzkartoffeln. Das ist übrigens heute noch unser traditionelles und klassisches Familienessen. Das Wichtigste an der Zubereitung der Sauce ist, dass beim Genuss derselben auch mal die Tränen kommen dürfen!
Das war einer der ersten Grundsätze, die mir mein Papa beigebracht hat, wenn’s ums Kochen ging.
„Mit der Zeit habe ich immer mehr machen dürfen“
Meine Oma stammte von einem großen Bauernhof mit Eigenjagd, wo sehr viel Wildbret zubereitet wurde. Ihre Schwester betrieb den Schlossgasthof Schierer in Schachendorf, wo meine Oma immer mitkochte und so auch in die Geheimnisse der bayerischen Traditions- und Wirtshausküche eingeweiht wurde. Mein Vater hat zusammen mit meiner Mutter in 45 Jahren aus einem kleinen Wirtshaus mit Fremdenzimmern eines der führenden Sporthotels in Bayern geschaffen. Er stand 40 Jahre lang so gut wie jeden Tag bei jedem Mittag- und Abendservice in der Küche. Dabei hat er genauso schnell ein paar „Stramme Max“ für eine Wandergruppe zubereitet wie 350 À-la-carte-Essen an einem Feiertag wie Ostern oder Muttertag.
Wie das in einem Familienbetrieb so ist, durften bzw. mussten mein Bruder und ich schon früh mithelfen. Während mein Bruder lieber im Service und an der Theke meine Mutter unterstützte, war ich vor allem hinter den Kulissen und habe in der Küche geholfen. Meine ersten Schnitzel habe ich im Kindergartenalter gemacht, und das erste Mal gekocht habe ich wohl mit acht Jahren – für ein Mädchen, in das ich verliebt war. Es war die Tochter unserer holländischen Stammgäste. Ich war total in sie verschossen und dachte, ich kann sie mit gebackenen Champignonköpfen und Remouladensauce beeindrucken.
Mein Vater hat als Chef immer auf dem Posten des Sauciers gekocht. Früh und am Vormittag hat er die ganzen Braten vorbereitet und in die Röhre geschoben, die Saucen, Brühen und Ansätze gekocht; während des Service hat er annonciert und stand am Grill, um die Steaks zu braten. Mein Job war eher unspektakulär: Ich habe vormittags Himbeerkuchen belegt und dann mit dem Wiegemesser krause Petersilie klein gehackt. Während des Service bestand meine Aufgabe darin, die Teller zu garnieren – ein Salatblatt mit Tomate, auf die Knödel oder Spätzle eine Prise gehackte Petersilie. Bei Wildgerichten kamen Preiselbeeren