Sagen Sie doch, was Sie wollen!. Saskia Schottelius

Sagen Sie doch, was Sie wollen! - Saskia Schottelius


Скачать книгу
Worte. Rhetorik ist auch die Kunst, in schwierigen Kommunikationssituationen souverän und ausdrucksstark zu bleiben und mitunter ohne viele Worte gelassen zu bestehen. Doch auch hier kommt es wieder auf die innere Ruhe an und auf den Mut zur eigenen Meinung.

      Viele machen sich Sorgen, dass sie mit einer Rede, die sich nicht anpasst, oder dem Mut zur eigenen Meinung schlecht ankommen. Und dann wundern sie sich, wie leicht und gut es ist, wenn sie alle rhetorischen Raffinessen weglassen, unnötige Fremdwörter meiden und einfach klare Sprache sprechen, mit einem präzisen Ziel und deutlicher Abgrenzung: Sagen Sie doch, was Sie wollen!

      So genannte »Tipps und Tricks« zu einer »besseren« Rhetorik werden Sie in diesem Buch nicht finden. Aber Sie haben die Gelegenheit, für sich selbst zu entdecken, was es heißt, in einer Rede Stellung zu beziehen oder im Streit klar und dennoch freundlich zu bleiben. Sie werden sehen, dass es Spaß macht, die anschließende Diskussion gelassen »zu bestreiten«, und dass es Ihnen die Würde zurückgibt, wenn Sie auf hässliche Angriffe humorvoll kontern.

      Lassen Sie sich überraschen und betreten Sie das Feld von Rhetorik noch einmal ganz neu: Nicht um anerzogene Floskeln und Formen geht es, sondern um gelungenen Selbstausdruck und um Ihre Mitte. Auch über die Konzentration auf sich selbst und Ihre Mitte werden Sie im Anhang auf ganz neue Möglichkeiten stoßen. Ich wünsche Ihnen viel Freude dabei, sich kraftvoll auszudrücken und dennoch entspannt zu bleiben!

      1. Positive Sprache und Gedankenkraft

      1.1 Kompetenz und Performanz

      Welche Möglichkeiten in der Sprache stecken und wie wir unsere positiven Ausdrucksformen optimieren können

      Unsere Sprache wird zu Recht als »Schatz« bezeichnet: In ihr stecken unzählig viele Möglichkeiten, um die Welt (mit Worten) zu »sehen«, zu verstehen, beschreiben, betrachten, wiederzugeben, kurz: »wahr« zu nehmen. Das ist ihre »Kompetenz«, auf die wir als sprechende Wesen zurückgreifen. Dabei »be-deutet« jedes Wort mehr als nur gesagt: Die Art und Weise, wie wir die Dinge in Worte fassen, ist immer schon ein Deuten von Wirklichkeit – nach unserem Denken und durch unsere ganz persönliche Brille betrachtet.

      Mit »Performanz« könnte nach diesem Modell das benannt werden, was auf der Seite der Sprechenden und der Angesprochenen erscheint: die Vorführung auf der Bühne sozusagen, die (engl.) performance.

      Das Erstaunliche dabei ist, dass der Mensch im täglichen Miteinander viel zu selten zu den Schätzen greift, die ihm die Sprache offenbart. Im Gegenteil: Beobachten wir unsere »Rede-Wendungen«, so fällt auf, dass der Großteil negativ formuliert ist: Ob auf der Arbeit, mit Kindern, zu Hause oder in der Freizeit – die meisten Kommentare, Gedanken, Bemerkungen sind negativ. Und das nicht, weil unsere Sprache negativ ist, sondern weil wir sie negativ »ver-wenden«.

      »Lass das sein, das kannst du nicht, habe ich Ihnen das nicht schon hundertmal gesagt, hast du schon wieder nicht dein Zimmer aufgeräumt, knall die Tür nicht so, können Sie das nicht ein bisschen schneller erledigen, hast du keine Ohren, pass auf, dass du das nicht umschmeißt, mach die Augen auf, muss ich das schon wieder sagen, das gehört sich nicht, hörst du jetzt auf, fragen Sie doch nicht so blöd, gib nicht so an …«

      Wir sind darauf trainiert, das Positive nicht oder nur am Rande zu »bemerken«.

      Na, erinnern Sie sich? Von Kindesbeinen an bis in unseren heutigen beruflichen und privaten Alltag hinein sind wir an solche und andere Kommentare gewöhnt. Und auch wir selber sind darauf trainiert, allein das Negative wahrzunehmen und das Positive nicht oder nur am Rande zu bemerken. Und »bemerken« heißt hier einmal »wahrnehmen, erkennen«, aber auch »eine Äußerung, eine Bemerkung machen, etwas sagen«!

image

      Nur wenn wir etwas Positives bemerken, können wir es auch bemerken (eine Bemerkung machen). Jetzt stellen Sie sich vor, jedes negative Wort, jede negative Bemerkung ist wie ein Pfeil, der auf unsere Seele abgeschossen wird. Es entsteht eine regelrechte Verletzung1, gefolgt von Schmerzen und dem Versuch, sich davon wieder zu erholen. Manchmal – und auch das werden Sie kennen – ein langwieriger Heilungsprozess. Denken wir doch nur daran, was alles nach einem Streitgespräch in unseren Köpfen herumspukt. Und das, was »hängen bleibt«, sind immer die negativen Dinge. Da können wir noch so oft gelobt werden: Stundenlang, vielleicht sogar monate- oder jahrelang nachdenken werden wir über die Vorwürfe und Beschimpfungen und was an ihnen wohl dran ist (»bin ich vielleicht doch unaufmerksam und arrogant?«), nicht aber über das ohnehin viel zu seltene Lob und die lieben Worte.

      Und meistens bleiben Narben. Die werden im Laufe der Zeit immer größer und jedes weitere Wort auf eine alte Wunde macht unsere Selbstzweifel, Schuldgefühle und Versagensängste nur noch schlimmer.

      »Kein schlechter Gedanke«

      Schauen wir uns die verschiedenen Arten von »Sprachmissbrauch« – denn darum handelt es sich, sobald wir Sprache als verletzendes Instrument oder sogar als Waffe benutzen – etwas genauer an:

Negative FormulierungenNegative Worte: nicht, kein, nein, nie; Präfixe und Suffixe wie Miss-, -los; Harte Worte, SchimpfwörterNegative Imperative: Pass auf, lass das sein, geben Sie herMetaphorische Sprache: fühle mich »kaputt«, »ausgelaugt«, »zerbrochen«Ex negativo gedacht: Sie rufen außerhalb unserer Bürozeiten an; letztes Jahr standen hier Rosen
Positiv gemeint, aber doppelt negiert2 oder relativiertNicht schlecht, nicht übel, nicht neu, kein Fehler, kein schlechter Gedanke/keine schlechte Idee, da kann man nicht meckern, ich kann nicht klagen, da hab ich nichts dagegen, das ist auch nicht dumm; ich will Sie nicht weiter langweilen …Echt gut – das kann ich nicht anders sagen! Tu dir keinen Zwang an! Sie hat nicht ganz Unrecht. Red keinen Unsinn. Mach keinen Blödsinn.Da kann man nicht nein sagen. Das ist nicht von schlechten Eltern! Mach uns keine Schande! Eigentlich ganz gut, ziemlich toll, schon klasse, ganz gut (im Sinne von »mittelmäßig«) halt (Modewort im Sinne von »eben«)3, oder ich weiß nicht was
Positive Formulierungen, negativ gemeint4Das hast du ja mal wieder toll gemacht!Bist du auch schon da!Das hat mit gerade noch gefehlt!Ich werd dir gleich helfen!Na, hast du dich schick gemacht? Ich mach dir Beine!Hast du ’ne Ahnung!Gute Frau …Mach doch, was du willst!Das wär ja noch schöner!Sie können sagen, was Sie wollen!/Sagen Sie doch, was Sie wollen!

      Negative Formulierungen

      Beobachten wir unsere Alltagssprache, so fällt auf, dass wir Botschaften an andere häufig in Form von Befehlen oder Verboten aussenden. Wir rechtfertigen das gerne mit Zeitdruck (schnell ein Kind vor einer Gefahr warnen) oder behaupten, das sei im Arbeitsalltag klarer, praktischer, verständlicher usw.

      Unser Denken: prinzipiell offen für mindestens zwei Aspekte

      In Wirklichkeit haben wir nie gelernt und noch weniger geübt, die Dinge andersherum auszudrücken, eben positiv, bejahend – und das bedeutet: motivierend. Wie jedes Ding, so hat auch die Sprache, jedes Wort, jede Formulierung zwei Seiten. Und dahinter steht unser Denken: prinzipiell immer offen für mindestens zwei Aspekte. Das kennen Sie doch: Das Glas ist halbvoll oder halbleer.

      Harte Worte: die fallen oft in Streitgesprächen. Aber haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, dass es tatsächlich harte und weiche Worte gibt? Berühmteste Beispiele dazu sind »maluma« und »takete«. Na, wie klingt das in Ihren Ohren? »Maluma« klingt weich, freundlich und angenehm, »takete« spitz, scharf und kantig-grantig. Selbst die Worte, die ich wähle, um beides zu beschreiben, passen wiederum in diese Kategorien. Das ist übrigens nicht nur Spielerei. Unsere Konsonanten – je nachdem wo sie im Mund- oder Rachenraum gebildet werden – können weich und hart sein. Nach dieser »Lautverschiebung« können wir Sprachen, Dialekte und ganze Völkergruppen voneinander unterscheiden – je nachdem ob die Konsonanten hart und kräftig (p, t, k), mittel (b, d, g) oder weich gesprochen werden (f, th, ch): Pater – Vater – Father5. Unsere negativen Formulierungen und Imperative


Скачать книгу