Schuldrecht Besonderer Teil I. Achim Bönninghaus

Schuldrecht Besonderer Teil I - Achim Bönninghaus


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der L entstanden.

      II. Rechtsvernichtende Einwendungen

      Zu prüfen ist nun, ob der Zahlungsanspruch im Hinblick auf den Verlust des achten Teilbandes auf dem Transportweg ganz oder teilweise entfallen ist.

      1. Wegfall gemäß § 326 Abs. 1 S. 1

      Der Zahlungsanspruch der L könnte ganz oder zumindest teilweise gemäß § 326 Abs. 1 S. 1 entfallen sein. Der Kaufvertrag ist ein gegenseitiger Vertrag, so dass § 326 Anwendung findet.

      a) Leistungsbefreiung nach § 275 Abs. 1

      Ein Wegfall des Kaufpreiszahlungsanspruchs nach § 326 Abs. 1 S. 1 setzt zunächst voraus, dass die L ganz oder teilweise gem. § 275 von ihrer Leistungspflicht befreit ist. In Betracht kommt eine Leistungsbefreiung wegen nachträglich eingetretener Unmöglichkeit gem. § 275 Abs. 1.

      Aufgrund des zwischen K und L geschlossenen Kaufvertrages schuldete die L die Lieferung eines aktuellen, aus acht Teilbänden bestehenden „Kölner Kommentar zum BGB“. Eine Konkretisierung der Schuld auf ein bestimmtes Exemplar ist nach dem Sachverhalt ausdrücklich bei Vertragsschluss nicht erfolgt und auch nicht im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 anzunehmen. Keine der beiden Parteien hatte ein erkennbares Interesse, die Lieferpflicht auf ein individuelles Exemplar zu konkretisieren. Deshalb schuldete die L nach dem mit K geschlossenen Kaufvertrag die Lieferung irgendwelcher mangelfreier Exemplare aus der festgelegten Gattung. Ob insoweit eine allgemeine oder eine auf den Vorrat der L beschränkte Gattungsschuld anzunehmen ist, kann dahingestellt bleiben. Bezogen auf beide Schuldformen käme eine Unmöglichkeit nur dann in Betracht, wenn die gesamte Gattung oder zumindest der Vorrat der L eine Leistung nicht mehr gestatten würde. Dafür bietet der Sachverhalt aber keinerlei Anhaltspunkte.

      Eine Unmöglichkeit kann also nur dann vorliegen, wenn sich die Gattungs- bzw. Vorratsschuld der L nach Vertragsschluss auf die konkret zur Versendung gebrachten Exemplare konkretisiert hätte und deshalb der Verlust des einen Teilbandes insoweit zur Unmöglichkeit führt.

      Gemäß § 243 Abs. 2 tritt Konkretisierung bei einer Gattungsschuld auf ein bestimmtes Exemplar dann ein, wenn der Schuldner das seinerseits zur Leistung Erforderliche getan hat.

      Indem der nun noch ausstehende Teilband untergegangen ist und sich sein Verbleib nicht mehr aufklären lässt, ist zumindest insoweit eine objektive, tatsächliche Unmöglichkeit i.S.d. § 275 Abs. 1 eingetreten.

      Im Falle der Teilunmöglichkeit sieht § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 grundsätzlich vor, dass die Gegenleistung nicht vollständig entfällt, sondern nach den Vorschriften über die Minderung gemäß § 441 anteilig herabgesetzt wird. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Unmöglichkeit eines Leistungsteils insgesamt zur Unmöglichkeit der gesamten Leistung führt. Im letzteren Falle würde der Anspruch auf die Gegenleistung gemäß § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 insgesamt entfallen.

      Ob das Ausbleiben des achten Teilbandes zur gesamten oder nur zur teilweisen Befreiung von der Zahlungspflicht des K führt, kann jedoch dahingestellt bleiben, wenn K aus anderen Gründen weiterhin zur Zahlung verpflichtet bleibt.

      b) Ausnahme von § 326 Abs. 1 S. 1 gemäß § 447

      Abweichend vom Grundsatz des § 326 Abs. 1 S. 1 bleibt der Käufer im Falle der Vereinbarung eines Versendungskaufes gemäß § 447 zur vollen Kaufpreiszahlung in jedem Fall verpflichtet, wenn eine Konkretisierung der zu versendenden Ware eingetreten ist, die Ware durch zufällige Zerstörung oder Verlust untergeht und die Anwendung des § 447 nicht ausgeschlossen ist.

      aa) Versendungskauf

      § 447 setzt voraus, dass der Käufer vom Verkäufer „verlangt“, dass die Sache nach einem anderen Ort als dem Erfüllungsort (Leistungsort) versendet wird. Ein besonderes, ausdrückliches Ersuchen des K lässt sich im Sachverhalt nicht feststellen. Vielmehr ergab sich aufgrund der Tatsache, dass er den Kommentar im Internet bestellte, aus der Natur der Sache, dass die Ware versendet werden musste. Allerdings ist das Versendungsverlangen i.S.d. § 447 nicht als einseitiges Ersuchen des Käufers zu verstehen, sondern vielmehr als Ausschluss eigenmächtigen Verkäuferhandelns. Allein die meist gleichzeitig mit dem Kaufvertrag getroffene Versendungsvereinbarung ist deshalb ausreichend. Wie bereits ausgeführt wurde zwischen den Parteien eine Schickschuld und damit ein Versendungskauf i.S.d. § 447 vereinbart.

      bb) Kein Ausschluss nach § 474 Abs. 4

      Die Gefahrtragungsregel des § 447 ist allerdings nach § 475 Abs. 2 nicht anwendbar, wenn es sich bei dem zwischen den Parteien vereinbarten Kaufvertrag um einen Verbrauchsgüterkauf i.S.d. § 474 Abs. 1 handelt und kein in § 475 Abs. 2 umschriebener Ausnahmefall vorliegt.

      Definitionsgemäß setzt der Verbrauchsgüterkauf gemäß § 474 Abs. 1 S 1 voraus, dass der Käufer bei Abschluss des Kaufvertrages als Verbraucher gehandelt hat. Daran könnte man hier zweifeln, da K den Kommentar für seine im Aufbau begriffene Anwaltskanzlei bestellt hat. Fraglich ist, ob K als Existenzgründer bereits als Unternehmer i.S.d. § 14 oder noch als Verbraucher i.S.d. § 13 anzusehen ist.


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