Zwangsvollstreckungsrecht. Bettina Heiderhoff
eine qualifizierte Klausel braucht: Klauselerteilungsklage (§ 731 ZPO) › 3. Zulässigkeit
a) Statthaftigkeit
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Die Klage ist, wie in § 731 ZPO deutlich erkennbar wird, nur statthaft, wenn die Erteilung einer qualifizierten Klausel nach §§ 726–729 ZPO begehrt wird und der Nachweis nicht in der nach diesen Normen erforderlichen Form erfolgen kann. Die Erteilung einer einfachen Klausel nach § 724 ZPO kann folglich nicht gemäß § 731 ZPO verlangt werden (zur Abgrenzung von einfacher und qualifizierter Klausel schon Rn. 103 ff).
b) Zuständigkeit
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Örtlich und sachlich zuständig ist (bei Urteilen und Vergleichen) das Prozessgericht des ersten Rechtzugs[1]. Aus Gründen der Effizienz soll derjenige Richter bzw. Spruchkörper entscheiden, der die Sache in der ersten Instanz schon vorliegen hatte. Die Zuständigkeit ist ausschließlich (§ 802 ZPO). Eine rügelose Einlassung ist daher nicht möglich (§ 39 ZPO).
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Bei Vollstreckungsbescheiden ist § 796 III ZPO zu beachten. Bei gerichtlichen und notariellen Urkunden gilt § 797 V ZPO. Danach ist das Gericht örtlich zuständig, bei dem der Vollstreckungsschuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Sachlich gelten in diesem Fall §§ 23, 71 GVG.
c) Rechtsschutzbedürfnis
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Hinsichtlich des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses ist aufgrund der feststellenden Rechtsnatur der Klage nach § 731 ZPO auf das Feststellungsinteresse nach § 256 I ZPO zurückzugreifen.
Ein solches Feststellungsinteresse ist nach § 731 ZPO gegeben, wenn der für die Klausel notwendige Urkundennachweis nicht geführt werden kann. Die Klage ist deshalb unzulässig, wenn öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nicht erforderlich sind oder der Kläger die erforderlichen Urkunden ohne unzumutbaren Aufwand beschaffen kann[2]. Zu beachten sind diesbezüglich insbesondere § 792 ZPO, § 13 III FamFG, § 9 II HGB, § 12 II GBO, die einen Anspruch auf Ausstellung bestimmter öffentlicher Urkunden vermitteln. In Beispiel 11 könnte es dem Erben daher möglicherweise obliegen, sich zunächst einen Erbschein nach § 792 ZPO iVm. § 2353 BGB zu beschaffen, mit dem er den erforderlichen Nachweis nach § 727 ZPO erbringen kann. Das wäre dann der Fall, wenn die Beantragung eines Erbscheins deutlich einfacher wäre als die Klage nach § 731 ZPO. Die herrschende Ansicht verneint dies. Danach kann G also ohne den Versuch der Beantragung eines Erbscheins direkt nach § 731 ZPO auf Erteilung der Klausel klagen[3].
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Das Rechtsschutzbedürfnis liegt ferner nur vor, wenn der Kläger die Klauselerteilung vor Erhebung der Klage beim zuständigen Organ erfolglos beantragt hat. Dies soll nach herrschender Meinung auch dann gelten, wenn die Tatsachen nicht durch Urkunden bewiesen werden können oder der Kläger die Urkunden nicht besitzt[4]. Der Nachweis der Tatsachen durch Urkunden könnte nämlich wegen Offenkundigkeit (§ 291 ZPO analog) oder eines Zugeständnisses des Schuldners im Rahmen der Anhörung (§ 288 ZPO analog) entbehrlich sein. Dann wäre das Klauselerteilungsverfahren erfolgreich. Auch nach herrschender Ansicht ist aber der Antrag nicht erforderlich, wenn erkennbar ist, dass das Verfahren keinen Erfolg haben kann[5].
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Umstritten ist weiterhin, inwieweit der Kläger nach Ablehnung der Klauselerteilung durch den Rechtspfleger zunächst erfolglos Beschwerde nach § 567 ZPO bzw. § 54 BeurkG (für Titel nach § 794 I Nr. 5 ZPO) eingelegt haben muss. Die wohl herrschende Meinung lehnt dies ab, da weder der Wortlaut des § 731 ZPO ein solches Erfordernis erwähne, noch die Prozessökonomie ein solches rechtfertige[6].
Klausurhinweis:
Da die Klauselklage eine Feststellungsklage ist, sollte das Rechtsschutzbedürfnis in der Zulässigkeit selbst in einfach gelagerten Fällen etwa wie folgt kurz angesprochen werden:
„G benötigt die Klausel für die Vollstreckung. Da er sie nicht nach § 726 ZPO erhalten hat, weil er laut Sachverhalt den Bedingungseintritt nicht mit öffentlichen Urkunden nachweisen konnte, hat er ein Feststellungsinteresse iSd. § 731 ZPO.“
§ 4 Klauselrechtsbehelfe › II. Rechtsbehelf des Gläubigers, der eine qualifizierte Klausel braucht: Klauselerteilungsklage (§ 731 ZPO) › 4. Begründetheit
4. Begründetheit
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Die Klage ist begründet, wenn die Voraussetzungen für die Klauselerteilung vorliegen. Das ist der Fall, wenn zum einen die formellen Voraussetzungen gegeben sind, also ein Antrag an den Rechtspfleger gestellt wurde und ein formell wirksamer vollstreckbarer Titel besteht[7]. Es müssen aber auch die speziellen materiellen Voraussetzungen der §§ 726 ff ZPO vorliegen. Diesbezüglich muss also über den Eintritt einer Tatsache (§ 726 I ZPO) oder die Rechtsnachfolge (§ 727 ZPO) Beweis erhoben werden. Als Beweismittel wird regelmäßig der Zeugen- oder aber Sachverständigenbeweis in Betracht kommen.
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Von Bedeutung ist in der Begründetheit weiterhin, dass sich der Beklagte im Rahmen des § 731 ZPO auch mit denjenigen materiell-rechtlichen Einwendungen gegen den dem Titel zugrunde liegenden Anspruch verteidigen kann, zu deren Geltendmachung er ansonsten die Vollstreckungsabwehrklage aus § 767 I ZPO erheben müsste[8]. Das gebietet die Prozessökonomie[9]. Allerdings gelten auch hier die Grenzen des § 767 II ZPO. Der Schuldner ist also bei der Klauselerteilungsklage mit solchen Einwendungen präkludiert, die er schon im Ausgangsrechtsstreit hätte geltend machen können (näher Rn. 219 ff). Wenn etwa der Erbe eine Klausel nach § 727 ZPO als Rechtsnachfolger des Erblassers im Wege der Klauselerteilungsklage nach § 731 ZPO beantragt, kann der Beklagte in diesem Prozess geltend machen, dass dem zu vollstreckenden Anspruch des Erben materielle Einwendungen (etwa Erfüllung, Aufrechnung, Stundung) entgegenstehen. Diese Einwendungen müssen sich wegen § 767 II ZPO aber neu (d.h. vereinfacht gesagt: nach dem Ende des ersten Verfahrens) ergeben haben.
Hinweis:
Zu beachten ist, dass sich dies wiederum auswirkt, wenn der Schuldner später seinerseits eine Vollstreckungsabwehrklage erheben will. Die Präklusionsvorschrift des § 767 II ZPO greift nämlich dann mit einer veränderten Perspektive ein. Der relevante Zeitpunkt für die Präklusion ist nicht mehr der Ausgangsrechtsstreit, sondern nunmehr das Verfahren über die Klauselerteilungsklage. Wenn der Beklagte also bereits zurzeit des Klauselerteilungsverfahrens materielle Einwendungen gegen den Anspruch hat und es unterlässt, diese Einwendungen im Klauselerteilungsverfahren geltend zu machen, dann ist er bei einer späteren Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 I ZPO mit diesen Einwendungen ausgeschlossen (§ 767 II ZPO).
§ 4 Klauselrechtsbehelfe › III. Das Gegenstück: Rechtsbehelf des Schuldners gegen die Erteilung einer qualifizierten Klausel – Klauselgegenklage (§ 768 ZPO)
III. Das Gegenstück: Rechtsbehelf des Schuldners gegen die Erteilung einer qualifizierten Klausel – Klauselgegenklage (§ 768 ZPO)
§ 4 Klauselrechtsbehelfe › III. Das Gegenstück: Rechtsbehelf des Schuldners gegen die Erteilung einer qualifizierten Klausel – Klauselgegenklage (§ 768 ZPO) › 1. Zielrichtung