Unter Der Sommersonne. Manu Bodin

Unter Der Sommersonne - Manu Bodin


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verpasste. Eine Branche in der sich eine „große Familie“ von hinterhältigen Personen versteckt, in der sich viele Menschen hassen, aufeinander eifersüchtig sind, oder einem ohne ersichtlichen Grund übel mitspielen.

      Elias hielt sich für zwei Monate im Libanon auf. Er arbeitete an seinem zweiten Spielfilm. So wie sein erstes Projekt, würde diese Produktion dank einiger großzügiger Mäzene finanziert werden, die einen engen Freund Elias kannten, und die nichts im Gegenzug dafür verlangten. Die Herstellungskosten für das Werk würden sich auf nicht einmal 5.000 Euro belaufen, wobei er sich mit einigen engen und begeisterten Freunden umgab, die an seine Arbeit glaubten. Elias teilte Franck in seiner E-Mail mit, dass das Drehbuch bald fertiggestellt sein würde. Seinen libanesischen Freunden und seiner Familie ginge es gut. Er saugte die Freiheit in sich auf, weit entfernt von der beklemmenden Atmosphäre in Paris, weit weg von seinem erbärmlichen 15-Quadratmeter-Palast, einem Lebensraum, der die Grundfläche eines seiner Bäder im Libanon hatte, und in seinen eigenen Worten: „die Größe meines Scheißhauses!“

      Paris… das künstliche Herz Frankreichs. Stadt der Opfer und des Leidens in der Hoffnung, es eines Tages „zu schaffen“.

      Franck hatte ihm auf seine Nachricht geantwortet. Er hatte ihn an seinen banalen Erlebnissen der letzten Tage teilhaben lassen, und ihm haarklein berichtet, wie er dem Blick einer hübschen Russin begegnet war, die es ihm eventuell ermöglichen würde, die zu vergessen, die ihn in den letzten Woche so sehr hatte leiden lassen: seine letzte Freundin, die ebenfalls Ausländerin war. Er betrachtete sie nur noch als eine flüchtige Geliebte für die Zeit, wenn sie nach Paris kam, um sich zu entspannen und zu vergnügen, was regelmäßig ein- bis zweimal im Jahr passierte. Franck versprach, ihn auf dem Laufenden zu halten, sollte sich etwas mit der jungen Frau ergeben und empfahl ihm, die Ferien in der Sonne zu genießen, bevor er wieder in dem grauen Paris in Klausur gehen würde.

      2.

      Als Treffpunkt hatte er mit Svetlana die Metro-Station Abbesses vereinbart. Franck wollte ihr den Montmartre und Sacré-Cœur zeigen. Die Wettervorhersage war nicht gerade einladend: riesige Nimbuswolken ließen Niederschläge erwarten. Vereinzelte Sonnenstrahlen durchbrachen mehr schlecht als recht die dicke Wolkendecke. Was für ein graues und deprimierendes Wetter für ein erstes Date!

      Franck wartete seit gut 10 Minuten auf sie. Er war nicht zu früh. Svetlana kam zu spät. Er hatte schon versucht sie anzurufen und war direkt auf ihrer Mailbox gelandet.

      Vor dem Ausgang der Metro-Station war wie aus dem Nichts ein Brautpaar aufgetaucht. Gefolgt von einem Filmteam hatten sie den winzigen Platz in Besitz genommen. Beim Anblick der Ausrüstung, hatte Franck einen Moment lang gedacht, dass es sich um eine Filmproduktion handelte. Da war ein Kameramann, der eine Steadycam umgeschnallt hatte. Die Halterung schien schwerer zu sein als die Kamera an sich, bei der es sich um eine kleine digitale Videokamera handelte. Eine andere Person richtete eine tragbare Beleuchtung aus. Ein Assistent leitete den Kameramann an, der nur seinem LCD-Bildschirm vertraute. Ein vierter Mann hinderte eine ganze Menschenansammlung daran, zu nah heranzukommen – sicherlich die beiden Familien und Freunde der Brautleute. Franck hatte sich etwas von ihnen entfernt, um nicht im Bild zu erscheinen. Das Liebespaar nahm abenteuerliche Posen ein, wobei es den Zugang zum Metro-Eingang blockierte. Dieses Spektakel war in Francks Augen schwer zu ertragen. Die Art von Überspanntheit, die durch zu viel Geld hervorgerufen wurde.

      Nachdem man sie wieder durchließ, konnten die Leute die unterirdische Station schließlich verlassen. Franck konnte Svetlana in dieser Flut von Menschen immer noch nicht entdecken. Er verfolgte weiterhin die chaotischen Aktionen des Pärchens. Dann drehte er sich um, um ein paar Kindern zuzusehen, die bei einem Karussell Freudenschreie ausstießen. Direkt daneben führte ein Clown eine Jonglier-Nummer vor. Er wurde von Touristen umringt. Rechts davon gab ein Mann den Rhythmus vor, indem er die Kurbel einer Drehorgel drehte. Was für eine anachronistische Atmosphäre! Der Charme war zu spüren. Trotz einer trostlosen Wettervorhersage entfaltete sich vor aller Augen der Zauber des Montmartre.

      Als Franck wieder zur Metro-Station sah, kam eine Frau auf ihn zugelaufen. Es war Svetlana, Franck hatte sie nicht sofort erkannt. Sie trug die Haare, die an heute etwas gelockt waren, offen.

      Svetlana hatte einen Trick, um ihren Haarschopf zu frisieren. Sie duschte und flocht sich danach Zöpfe, die sie später einen nach dem anderen wieder aufmachte. Dieser Vorgang erforderte sehr viel Zeit, aber die Frisur hielt fast drei ganze Tage. Svetlana hatte sich am Vorabend ihre langen Haare extra gewaschen, damit Franck auch ja die Löckchen bemerken konnte. Ihre Haare waren am Ansatz aschblond und an den Spitzen heller. Auf den ersten Blick wirkten sie eher hellbraun. Franck schien diese Frisur, die gerade mal über die Schultern reichte und diese besondere, natürliche Farbe zu gefallen.

      Ihr unerwartetes Verhalten hatte Sanftmut erahnen lassen und Franck hatte sich sofort zu ihr hingezogen gefühlt. War er ein Opfer der „Liebe auf den ersten Blick“ geworden, wie man es für gewöhnlich bezeichnete? Schwer zu sagen. Auf jeden Fall hatte ihn diese Erscheinung hypnotisiert, verführt und betört. Die echte Spontanität verbunden mit dem angeborenen und nicht zu leugnenden Charme, hatten ihn auf der Stelle überwältigt. Das eine ohne das andere hätte eine andere Wirkung gehabt.

      Er hatte bereits Frauen von sehr großer Schönheit kennengelernt, die durch ihr hochmütiges und unfreundliches Verhalten, das sogar ein etwas zu großes materielles Interesse durchblicken ließ, alle ihre Reize zunichtemachte. Svetlanas Auftreten entpuppte sich als fröhlich, warmherzig und um eine Anmut bemüht, die sie von der Masse abhob.

      Sie hatten sich mit einem Kuss auf jeder Wange begrüßt, beide gleichermaßen verlegen wie erfreut sich zu sehen. Sie hatte sich für ihre Verspätung entschuldigt. Franck war ihr deswegen nicht böse gewesen. Er hatte ihr bereits verziehen. Allein schon ihre Ausstrahlung hätte jedem depressiven Mann ein Lächeln auf das Gesicht zaubern können. Svetlana erschien ihm wie ein schöner Stern, der dem Polarlicht gleich den Himmel und die Erde in eine besondere, magische, einzigartige und grandiose Atmosphäre tauchte. Sie war wie eine Hymne auf das Leben.

      Franck hatte sich gefragt, auf welchem Weg sie wohl am besten bis zum Sacré-Cœur laufen sollten. Sie hatten sich für die erstbeste Straße vor ihnen entschieden, wohlwissend, dass sie sich früher oder später eh an die ansteigende Straßen heranwagen mussten. Franck war schon zu zahlreichen Gelegenheiten hier gewesen, ohne jedoch jemals die gleiche Strecke zweimal gegangen zu sein. Es gab eine Vielzahl möglicher Wege. Er mochte dieses Viertel sehr. Er fand es wunderbar geeignet für einen romantischen Spaziergang, vor allem wenn die Sonnen den Tag mit ihrer Anwesenheit beehrte. Das wenig einladende Wetter, hatte sie nicht daran gehindert, sich zu treffen, weil der Wunsch sich kennenzulernen stärker war. Sie hatten ein bisschen über dieses und jenes gesprochen, so wie es oft der Fall war, wenn sich zwei Menschen verabredeten, um sich bei einem ersten Treffen näherzukommen. Jeder fragte den anderen aus, um ihn besser einschätzen zu können, um zu sehen, ob er richtig reagierte, ob er die Unterhaltung auf neue Themen lenkte. Svetlana hatte ihm eine Menge Banalitäten erzählt. Unter anderem gelang es ihr nicht, die Mailbox ihres Handys abzuhören. Die Anleitung, die bei der SIM-Karte dabei gewesen war, enthielt zu wenig nützliche Informationen. Da sie den gleichen Anbieter hatten, hatte Svetlana ihm das Telefon überlassen, damit er ihr erklärte, was sie machen musste. Aber das Menü war auf Russisch! Franck hatte es nicht geschafft, es zu bedienen. Es handelte sich um ein altes farbiges Nokia Handy, das schon viel mitgemacht hatte. Sobald der Sommer um wäre und sie etwas Geld zur Seite gelegt hätte, wollte sie sich ein Smartphone kaufen. Dann würde sie wieder mitmachen beim Run auf neue Technologien und vor allem wäre sie wieder ein Teil der Konsumgesellschaft… Wer außer einem Steinzeitmenschen konnte sich dem entziehen? Dieser Evolutionsprozess gehörte zum Alltag. Niemand war gezwungen, die neueste Version eines Gerätes zu erwerben, nur wegen einer einfachen Designänderung und einer läppische Funktion, die als revolutionär dargestellt wurde; revolutionär vor allem für unser Portemonnaie. Franck hatte sein Samsung herausgeholt, ebenfalls ein sehr altes Model. Nachdem er das Menü durchsucht hatte, hatte er ihr die Zahlenkombination genannt, die man benötigte, um Zugriff auf die Mailbox zu bekommen.

      Während sie ihre Sprachnachrichten abhörte, war Svetlana in Gelächter ausgebrochen. Nur


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