GLOBALE PROVINZ. Georg Rainer Hofmann

GLOBALE PROVINZ - Georg Rainer Hofmann


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wünsche mir, dass die Entdeckung und Besiedelung der digitalen Welt, die noch lange nicht beendet ist, auch in den kommenden 40 Jahren von vielen engagierten und verantwortungsvollen Persönlichkeiten weiterhin vorangetrieben wird. Die Aufgaben und Herausforderungen, die es für die kommenden Generationen zu lösen gilt, so bin ich fest überzeugt, sind nur lösbar durch den gewinnbringenden Einsatz digitaler Technologien.

      Der Bericht lehrt aber auch, dass die Vorhersage der Zukunft der Digitalen Welt so ihre eigenen Tücken hatte – und hat.

      Ich hoffe, dass wir gemeinsam aus diesem Bericht lernen, dass es auf jede einzelne Person ankommt und wir unsere digitale Zukunft nur gemeinsam gestalten können. Von daher möchte ich Georg Rainer Hofmann zustimmen, wenn er schreibt, dass uns nach 40 Jahren fortwährender und intensiver Entwicklung der Informationsgesellschaft der Weg von der Betrachtung eher kleinteiliger, oft technischer Details hin zu der holistischen Lösung der anstehenden Probleme führen muss. Die weitere Entwicklung der digital vernetzten Informationsgesellschaft, die Adressierung der zahlreichen offenen Fragen einer solchen internetbasierten Informationsgesellschaft wird wohl nur gemeinsam von Informatiker*innen, Techniker*innen, Ökonom*innen und Geisteswissenschaftler*innen jeglicher Couleur angegangen werden können.

      An einer Stelle wird Guerino Mazzola zitiert, der richtigerweise meinte, es sei nun gar nicht so wichtig, wo man herkommt, sondern viel mehr, wo man hingeht. Provinz sei überdies keine Frage der Geographie, sondern eine Frage der Geisteshaltung.

      Schlussendlich gebe ich damit auch Helmut Krcmar recht: Das Werk wird man mit Gewinn lesen!

Berlin, im August 2021 Alexander Rabe

       Vorwort – Motivation

      Zu Beginn der 2020er-Jahre lässt es sich kaum noch leugnen, dass auch der ehemals so innovative »Digitale Wandel« langsam in die Jahre kommt. Eine ganze Reihe der progressiven Personen, die in Forschung und Wirtschaft zu den maßgeblichen Pionieren in diesem Bereich zählen – oder zählten – erreichen nun das Pensionsalter und das Ende ihres aktiven Berufslebens. Immer wieder kam es bei Gesprächen zu einem »man müsste« – ja, man müsste einmal »diese Geschichten« der wichtigen Begebenheiten der Entwicklung von Multimedia, der Offenen Systeme, des Internets, des WWW, des E-Commerce und anderem mehr aufschreiben.

      Nach einigem Recherchieren in »alten Sachen« war klar geworden, dass eine Betrachtung etwa mit dem Jahr 1980 beginnen könnte. Bis zum Erreichen der »Entwickelten Informationsgesellschaft« des Jahres 2020 ergibt sich damit ein Berichtszeitraum von circa 40 Jahren.

      Der vorliegende Bericht enthält Erlebnisse und Erinnerungen, die sicherlich von vielen Lesern geteilt werden dürften. Für die Entstehung der Informationsgesellschaft wichtig sind die Leistungen von Persönlichkeiten und Wissenschaftlern, die mit großartigen Erfolgen – und auch Rückschlägen, Fehleinschätzungen und Wunderlichkeiten – gearbeitet haben.

      Einige der in diesem Bericht erwähnten Persönlichkeiten haben sich freundlicherweise bereiterklärt, den Bericht mit eigenen Beiträgen, thematischen Exkursen, nach dem Motto »wenn man das liest, dann«, zu reflektieren und zu ergänzen. Ich darf mich an dieser Stelle für diese – zum Teil sehr individuellen und spezifischen, aber immer sehr interessanten – Beiträge auf das Allerherzlichste bedanken!

      Die Rückschau auf die Verhältnisse der 1980er- und 1990er-Jahre dürfte Vergnügen bereiten, wenn man die noch wenig entwickelten informationstechnischen Verhältnisse von damals mit den heute alltäglichen Resultaten der technischen Entwicklung vergleicht. Dieser Effekt relativiert sich freilich immer mehr im Laufe des Berichts. Einige der Arbeiten ab circa den 2010er-Jahren können naturgemäß bezüglich ihrer Entwicklung und schlussendlichen Bedeutung noch nicht beurteilt werden. Das macht die Lektüre der aktuelleren Teile dieses Berichts etwas aufwändiger, aber hoffentlich auf lange Sicht doch lohnend.

      Es können natürlich nicht alle Details der Ereignisse der hier betrachteten circa 40 Jahre geschildert werden. Nicht alle beteiligten Personen können erwähnt werden, obwohl die Verdienste der hier nicht Erwähnten sicher nicht gering zu schätzen sind. Diejenigen mögen sich trösten. Der Bericht des Antonio Pigafetta von der ersten Weltumrundung vor etwa 500 Jahren erwähnt den Kapitän Juan Sebastian Elcano, der nach Magellans Tod das Kommando übernahm, kein einziges Mal, obwohl es Elcano war, der die erste Expedition der Umrundung der Erde vollendete und so die wenigen Überlebenden nach Hause brachte.

Im Sommersemester des Jahres 2021 Georg Rainer Hofmann

       Prolog: Plus Ultra – Terra Incognita

      Der Prolog greift die Bedeutung der großen Entdeckungen und Fahrten in die Neue Welt vor etwa 500 Jahren auf. Es wird auf den Bericht des Antonio Pigafetta von der ersten Weltumseglung unter Ferdinand Magellan verwiesen.

      Vergegenwärtigen wir uns einige der wichtigen Ereignisse in den etwa 40 Renaissance-Jahren von 1490 bis 1530, so sehen wir das Wirken des Universalgelehrten da Vinci, die Fahrten von Kolumbus nach Amerika, da Gama segelt in den Südatlantik und um Afrika herum nach Indien. Die Entwicklung des Kopernikanischen Weltbildes fällt in diese Zeit, genauso wie seine operative Verifikation durch Magellans Expedition und deren Weltumrundung. Gutenberg erfindet eine Methode des Buchdrucks, mit der eine neue Medienwelt geschaffen wird. Es entsteht ein neues Kultur- und Kunstverständnis in der Musik durch Monteverdi und Gabrieli, aber auch in der Architektur durch Bramante und in der Malerei durch Raffael, Dürer, Grünewald, Michelangelo. Es entsteht eine durch Fugger und andere international tätige Kaufleute geprägte globale Ökonomie. Nicht zuletzt entstehen damals neue Formen der Religion, nach Maßgabe des Wirkens von Luther, Melanchthon, Zwingli, Calvin.

      Alles das geschah zu wesentlichen Teilen unter der Ägide Kaiser Karls V. und dessen revolutionärer, expansiver Globalpolitik. In seinem neuen, weltweiten Reich ging sprichwörtlich »die Sonne nicht unter«. Karl V. hatte mit seinem Wahlspruch »plus ultra« das antike »non plus ultra« an den Säulen des Herkules bei Gibraltar relativiert. Ging es früher hier, am Ausgang des Mittelmeeres nicht mehr weiter, so war nun – gerade hier – das »plus ultra« und der Ausgangspunkt für den Aufbruch in die »terra incognita«, in das nicht mehr lange unbekannte Neue Land. Unter diesem »plus ultra« sollten sich bislang unbekannte, politische Machtverhältnisse etablieren und fantastische, wirtschaftliche Möglichkeiten ergeben, mit denen sich ein sagenhafter Reichtum erwerben ließ. Das »plus ultra« ist bis heute das Motto im Wappen des spanischen Königreichs.

      Eine Reihe von Analogien dieser Renaissancejahre zur Moderne drängt sich geradezu auf. Die Digitale Transformation der Jahre 1980 bis 2020 hat unser politisches, wirtschaftliches, kulturelles und privates Leben ebenfalls völlig gewandelt. Viele Dinge des Alltags sind neu entstanden, eine vormals unbekannte »terra incognita« wurde besiedelt. Auch wir leben in einer sehr interessanten Zeit, die ebenfalls unter dem Motto »plus ultra – immer weiter!« zu stehen scheint. Die Frage, wohin die Reise des »plus ultra« in der nächsten – so schrecklichen wie wunderbaren – Zeit gehen wird, stellt sich heute ebenso wie vor 500 Jahren.

      Ferdinand Magellan – portugiesisch »Fernão de Magalhães« – ist der große Planer und Generalkapitän der ersten dokumentierten Weltumsegelung, die die Neue Welt als »rund« verifizierte. Mit fünf Schiffen startete die Expedition im Jahr 1519 in Spanien, es ging immer nach Westen. Nachdem Magellan südlich an Amerika vorbeigefahren und den Pazifik durchquert hatte, wurde er auf den Philippinen getötet. Im Jahr 1522 kehrte unter dem Kommando von Juan Sebastián Elcano nur ein letztes verbliebenes der fünf Schiffe über das Kap der Guten Hoffnung mit 18 Personen nach Spanien zurück – von den etwa 240 Leuten, die drei Jahre zuvor gestartet waren. All das liegt bei Verfassung dieses Textes ziemlich genau ein halbes Jahrtausend zurück.

      Man weiß heute von der Reise vor allem durch den detaillierten Bericht eines Überlebenden namens Antonio Pigafetta. Er war auf dem letzten verbliebenen Schiff mitgefahren, hatte also die ganze Expedition erleben dürfen. Pigafetta war keiner


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