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USA viel einfacher, Unterstützung für ein Projekt zu erhalten. Ich habe für mein neuestes Projekt zum Beispiel Geld vom Popkredit der Stadt Zürich und auch vom Kanton Zürich erhalten, auch vom Migros-Kulturprozent und von der Ernst Göhner Stiftung. Aber es fehlt etwas an Kampfgeist. In London oder in den USA gibts viel mehr Konkurrenz, und du musst für dein Projekt kämpfen.
Jimi: In der Schweiz ist die Ausbildung am besten, es gibt viele Möglichkeiten, zu spielen. Aber es fehlt die Begeisterung beim Publikum. Die Leute sind verwöhnt und haben alles. Der Schritt ins Ausland ist deshalb einfacher. Den Kampfgeist brauchst du schon in der Schweiz.
Fabian: Für mich ist die Mentalität in der Schweiz nicht grundsätzlich anders als anderswo. Ich halte dieses Nationalitätendenken für sehr langweilig. Ich finde, wir sind hier extrem privilegiert in Sachen Ausbildung und Unterstützung. In England zum Beispiel gibts viel weniger Förderung, und oft ist diese dann mit sehr strengen Auflagen verbunden. In der Schweiz sind die Förderer grosszügig. Deshalb wird hier viel qualitativ hochstehende Kunst und Musik produziert.
Wie sieht es mit der Exportförderung aus? Wird hier genug unternommen?
Fabian: Wir sind mit The bianca Story sehr früh ins Ausland gegangen und haben auch von der Exportförderung profitiert. Das ist extrem wichtig. Es braucht aber nicht nur Unterstützung für die Musiker, es braucht auch vernetzte Leute und tragfähige Strukturen. Dazu gehören auch Labels und Booker. Auch sie müssen sich besser vernetzen, denn hier gibt es fast die grösseren Defizite. Aber momentan tut sich viel.
Brandy: Ich war zwei Wochen für den Eurovision Song Contest als Backgroundsängerin unterwegs. Mir ist aufgefallen, wie man die Schweiz im Ausland wahrnimmt. Hier gibts schon Defizite, und vielerorts wird die Schweiz immer noch mit Schweden verwechselt. Die Szene ist in den letzten Jahren sehr gewachsen, und es gibt viele Musiker, die grosses Potenzial haben. Wir müssen ins Ausland gehen und haben auch etwas zu bieten. Es braucht deshalb Netzwerke und Plattformen.
Jimi: Es gibt auch Schweizer Musiker, die kennt man nur im Ausland und bei uns nicht, gerade in der Technoszene: Ripperton, Deetron, Luciano, Mirco, Andrea, Adriatique … Das sind Top Shots der elektronischen Szene, aber in der Schweiz kennt sie kein Mensch. Mir ist das mit meinem Song «Pushing On» so gegangen: Im Radio fand man, er ist zu sehr Underground. Britische Radiosender haben ihn in der Tagesrotation gespielt … Es bräuchte etwas mehr Selbstbewusstsein in der Schweiz …
Die Popmusik ist eine Männerwelt. Laut Suisa sind fünfzehn Prozent der Komponisten aus der Schweiz Frauen.
Brandy: Ich will eine musikalische Frauen-Community aufbauen. Mich stört es, dass ständig über meinen Körper und meine Hautfarbe geredet wird und nicht über die Musik. Wenn ich das aber sage, dann werde ich kritisiert. Auch der Jazz ist übrigens total männerdominiert, gerade in den USA, wo ich die Jazzschule gemacht habe. Ich will dafür kämpfen, dass das anders wird. Es gibt nicht genug Frauen in der Szene, und es braucht Ideen, wie man das ändern kann. Und es braucht auch Action!
Jimi: Ich glaube, kurzfristig ist das sehr schwierig zu ändern. Aber die Generation der Jungen heute, die tickt schon ganz anders.
Viele Veranstalter klagen, dass die Gagen in den letzten Jahren gestiegen sind. Gilt das auch für Eure Gagen?
Jimi: Meine Gage ist mit dem Erfolg gestiegen. Ich habe den Eindruck, dass die grossen mehr verdienen und die kleinen weniger. Viele müssen auch gratis spielen. Es ist alles viel professioneller geworden. Die Clubs und die Veranstalter haben Auflagen, und das macht die Konzerte teurer.
Fabian: Meine Gagen sind auch gestiegen. Ich bin allerdings kein Veranstalter und kann deshalb nicht sagen, ob sich dies überproportional zum Bekanntheitsgrad verhält.
Brandy: In den USA gabs keine festen Gagen, wir waren einfach an den Ticketeinnahmen beteiligt. Das Modell kommt immer mehr auch in die Schweiz. Der Veranstalter sagt: Wir sind ein Venue, du musst aber deine Fans bringen. Es gibt immer weniger Clubs mit Stammpublikum. Vor zehn Jahren habe ich pro Konzert zweihundert bis dreihundert Franken verdient. Heute genau gleich viel. Das ist sehr wenig, und davon zu leben ist schwierig. Acht bis zehn Gigs pro Monat machen zweitausend Franken pro Monat, das reicht kaum. Früher war es auch klar, ich musste jede Anfrage annehmen.
Habt Ihr eine Pensionskasse?
Brandy: Ich habe eine Pensionskasse.
Jimi: Ich zahle das Minimum. Für mich ist es wichtig, viele Songs zu machen, das ist auch eine Altersvorsorge.
Fabian: Ja. Wenn man ein Kind hat, macht man sich da mehr Gedanken.
Welche Wünsche an die Kulturförderung habt ihr?
Jimi: Ich wünsche mir mehr Musik in der Öffentlichkeit, mehr Musik und Leben in der Strasse und weniger Einschränkungen und Verbote durch die städtischen Behörden.
Fabian: Ich sehe das auch so. Ich wünsche mir aber auch mehr Frauenförderung – nicht nur in der Musik selber, auch im Hintergrund bei den Labels und Bookers. Es braucht hier unbedingt Ideen, um diesen beschämenden Prozentsatz von Frauen in der Musikindustrie zu ändern.
Brandy: Mir ist Musik im Alltag wichtig. In der Kultur der amerikanischen Schwarzen gab es früher Musik für jede Zeit. Ich finde Musikförderung an den Schulen sehr wichtig. Die Musik gehört zum Leben.
Vor noch gar nicht so langer Zeit hatte das Radio das Zeug, den Musikliebhaber vor das Gerät zu fesseln. Heute ist Radio nur wenig mehr als Begleitmedium. Radiopersönlichkeiten verschwinden, schon heute werden die Programme von Computern gemacht. Hat das Medium Radio so überhaupt noch eine Zukunft?
Von Ane Hebeisen
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