Der Theatermonolog in den Schauspielen von Hans Sachs und die Literarisierung des Fastnachtspiels. Karolin Freund
Im Vergleich zu den Gattungsbezeichnungen in der Folioausgabe, deren Herausgabe Sachs von 1558 an selbst mit betreute, lassen sich keine wesentlichen Abweichungen erkennen. Darin unterscheidet er zwischen Meisterliedern, Liedern, Prosadialogen und Reimpaargedichten, denen er „tragedi, comedi, histori, kampffgesprech, gesprech, lobsprüch, klagred, comparacion, sprüch, faßnacht-spiel, fabel und schwenck“10 zurechnet. Ein Unterscheidungskriterium zwischen Fastnachtspiel und Comedi lässt sich in all diesen Aufzählungen nicht ausmachen; aber sie werden voneinander getrennt benannt. Im Vorwort seiner Folioausgabe weist Sachs dem Fastnachtspiel indes explizit die Kurtzweil zu, damit sie die „schwermütigen hertzen zu freuden ermundern“.11
Demnach unterteilte Sachs bereits 1536 seine Werke in gleicher Weise in Gattungen wie in den 1560er Jahren. Der Zeitpunkt, an dem er das Spruchgedicht verfasste, fällt auf das Ende der ersten Auseinandersetzung mit neulateinischen und antiken Vorlagen. Dass Sachs einen expliziten antiken Rahmen für seinen Dichtungsauftrag wählte, erscheint daher nicht zufällig. Das Differenzierungskriterium für seine Comedis und Tragedis nennt er u.a. in Prologen. Danach dient Sachs für die Comedi die Wendung von einem traurigen Anfang zu einem guten Ende und für die Tragedi von einem guten Anfang zu einem schlechten Ende als Unterscheidungsmerkmal.12 Diese Kriterien wendet er jedoch nicht immer gleichermaßen an, weshalb die Anzahl von Comedis und Tragedis zwischen Folioausgabe, Spruchbuch und Generalregister schwankt.13
Zusammengefasst ist zur Abgrenzung der Begriffe Komödie und Tragödie in der humanistischen Gelehrtenkultur festzustellen, dass nicht nur, wie bei Sachs, der positive bzw. negative Ausgang den alleinigen Unterschied ausmacht, sondern auch Gegensatzpaare wie
Moraldidaktik und scherzhaft formulierte Kritik vs. Panegyrik; Exemplarik vs. (pseudo-) historische Einmaligkeit; verborgene Wahrheit (significatio veri) vs. behauptete Wahrheit; Nähe zum Fastnachtspiel vs. Nähe zum Triumphzug oder Fronleichnamsspiel. Die Ständeklausel wird meist eingehalten; wo sie aber gebrochen wird und hochadeliges Personal eine moraldidaktische, exemplarische Lehre vermitteln soll, öffnet sich die Komödie dem höfischen Festspiel.14
Mit Blick auf die Gattungsmerkmale, wie sie die neulateinischen Dichter für Komödie und Tragödie entwickelten, relativiert sich die zunächst sehr einfach anmutende Gattungskategorisierung von Sachs. Die Gattungsmerkmale sind keineswegs eindeutig, vor allem weil die Tragödie weit hinter der Komödie in Rezeption und Dichtung zurückstand. Dass Sachs nicht die Comedi, sondern das Fastnachtspiel zur schwankhaften Gattung machte und stattdessen in Comedi und Tragedi ernste Stoffe bearbeitete, findet seine Entsprechung in der humanistischen Komödiendichtung. Die Ausnahme bilden hier jedoch Reuchlins Scaenica progymnasmata.15
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