Die katholische Kirche im Pressediskurs. Marianne Franz
„[Deskriptive] Zugänge und kritische Verfahren“ seien „als interdependent [zu verstehen]“; beide bedingen sich insofern gegenseitig, als „jede so genannte deskriptive Linguistik […] bis zu einem gewissen Grad auch explikativ und argumentativ“ ist (2012: 381). „Umgekehrt muss eine sich als kritisch verstehende Diskursanalyse an deskriptiver Präzision interessiert sein, sollen ihre Analysen als empirisch geerdete Untersuchungen ernst genommen werden“ (Reisigl 2011, zitiert nach Warnke/Meinhof/Reisigl 2012: 382).
„Die Einbettung von Sprachkritik in eine Kritische DiskursanalyseDiskursanalyse scheint [Jäger selbst] durchaus wünschenswert und auch leicht zu machen“, wie er sich in einem InterviewInterview mit Diaz-Bone äußert – obwohl er sich eine „Weiterentwicklung in Richtung Diskurskritik (und damit Gesellschaftskritik)“ wünschen würde (Diaz-Bone 2006, Absatz 53). Die Anwendung seiner Kritischen Diskursanalyse in dieser Arbeit, die sprachkritisch die Berichterstattung der Tagespresse über die Kirche beleuchtet, indem sie den Einsatz verschiedener sprachlicher Mittel in Pressetextsorten untersucht, scheint mir also durchaus legitim.
5.4 Zusammenfassung
Die Diskurslinguistik beruht auf der Diskurstheorie nach Michel Foucault, geht über Einzeltexte hinaus und beschreibt Strukturen, Muster und Besonderheiten von Diskursen und damit die in diesen Diskursen manifesten Weltbilder und Gesellschaftsdeutungen. In der Diskurslinguistik haben sich im Wesentlichen zwei Richtungen etabliert, eine deskriptive und eine kritische. Erstere sieht ihre Aufgabe in der reinen Beschreibung von sprachlichen Oberflächenphänomenen, zweitere durchaus auch in der Kritik von Machtstrukturen (siehe Abschnitt 5.2). Die vorliegende Arbeit sieht sich in der Tradition der Kritischen Diskursanalyse nach Jäger und macht sich deren sprachwissenschaftlich orientiertes Analyseinstrumentarium zunutze. Dabei wird ein Diskursstrang zu einem ausgewählten Thema nach typischen Diskursfragmenten (d.h. Einzeltexten, z.B. Zeitungsartikeln) durchsucht, die im Anschluss einer Feinanalyse unterzogen werden (siehe Abschnitt 5.3). Konkret widmet sich die vorliegende Untersuchung einem kleinen Ausschnitt des gesamtgesellschaftlichen Diskurses, nämlich dem Diskurs der Tagespresse zum Thema „katholische Kirche“. Die Analyse ist insofern textübergreifend, als dass sie korpusbasiert ist und mehrere Texte desselben Diskurses auf Besonderheiten hin untersucht. Dabei wird vor allem der Sprachgebrauch (Wortschatz und Stil), aber auch der Inhalt selbst in den Blick genommen (Themenfrequenzanalyse, Analyse der implizitenBewertung, implizite und explizitenBewertung, explizite WertungenBewertung). Ziel ist es, diesen Pressediskurs zum Thema „Kirche“ genau zu beschreiben und DiskurspositionenDiskursposition (etwa die einzelnen RedaktionslinienRedaktionslinie) festzumachen. Indem die Berichterstattung in Frankreich und in Österreich miteinander verglichen werden, soll herausgefunden werden, ob aufgrund der unterschiedlichen Geschichte der beiden Länder und damit aufgrund ihres unterschiedlichen Verhältnisses zur Kirche Diskrepanzen zwischen den länderspezifischen Diskursen (die sich ja historisch entwickelt haben) feststellbar sind (siehe Abschnitte 11 bis 13).
In Bezug auf die kontrastive Analyse dieser Arbeit soll hier noch ergänzend ein Artikel von Czachur Erwähnung finden, der sich mit den Bedingungen kontrastiver Diskurslinguistik auseinandersetzt. So sagt Czachur etwa, dass Diskurse auch von der Kultur der jeweiligen Sprachgemeinschaft geprägt werden, d.h. von deren Werten, Normen, von ihrer Geschichte, von politischen und wirtschaftlichen Faktoren (vgl. 2012: 389). Ein Schlüsselbegriff sind hier die Werte, die die „Grundlage der menschlichen Handlung darstellen“. Sie sind „grundlegende menschliche Zielvorstellungen“ und „kulturelle Orientierungsgrößen“ und „bilden den Ausgangspunkt jeglicher sprachlicher Kategorisierung und Konzeptualisierung der Wirklichkeit“ (2012: 390). Wenn es nun darum geht, Diskurse unterschiedlicher Sprachgemeinschaften miteinander zu vergleichen, muss die Kultur miteinbezogen werden. Es müssen „die sprachlich tradierten, diskursiv erzeugten, kulturspezifischen Konzeptualiserungen der Welt aufgezeigt und miteinander verglichen werden“. Anders formuliert macht es sich die kontrastive Diskurslinguistik zum Ziel zu erklären, „warum die eine Gesellschaft gerade das weiß und die andere etwas anderes“ (2012: 391). Dazu benötigt sie ein mehrdimensionales Analyseinstrumentarium (vgl. 2012: 391). Die vorliegende Arbeit versucht diesem Anspruch der kontrastiven Diskurlinguistik gerecht zu werden. Nicht umsonst gehen dem empirischen Teil der Arbeit umfassende Erläuterungen zum gesellschaftspolitischen Kontext (siehe Abschnitte 7 und 8) sowie zu den Presselandschaften der Länder Österreich und Frankreich (siehe Abschnitte 9 und 10) voraus. Auf diese Weise sollen die kulturspezifischen Werte beschrieben werden, die den Diskurs beeinflussen.Semantik
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