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eine wohlgeformte prädikative Struktur auszeichnet. Der deutsche Satz ist zweigliedrig, nominativisch und verbal. Er besteht also im Minimalfall aus einem Verbkomplex mit finitem Verb und einer Ergänzung im Nominativ. (Jürgens 1999: 83)
Im Folgenden soll es darum gehen, Kategorien für die syntaktischen Äußerungsformen zu finden, die im Sprachgebrauch regelmäßig vorkommen, aber nicht Sätze im Sinne oben aufgeführter Definition sind. Es handelt sich vor allem um Formen, die in der Grammatik üblicherweise als Reduktionen (des vollständigen Satzes) bzw. als EllipsenEllipse behandelt werden.
Der Begriff ‚Ellipse‘ (griech. elleipein: ‚mangeln, fehlen‘) bewirkt die Vorstellung von Unvollständigkeit und meint die „Aussparung von sprachlichen Elementen, die auf Grund von syntaktischen Regeln oder lexikalischen Eigenschaften […] notwendig sind“ (Bußmann 32002: 187), die aber aus dem sprachlichen bzw. außersprachlichen Kontext regelhaft erschlossen werden können. Als Ausgangspunkt wird dabei immer eine vollständige Struktur, nämlich wiederum der wohlgeformte Satz, unterlegt.
Die GDS (Zifonun u.a. 1997: 413ff.) geht bei der Klassifizierung der Ellipsen daher von dem aus, was fehlt, und unterscheidet insgesamt drei Arten:
1 Bei der SITUATIVEN ELLIPSE fehlt ein Element der Sprechsituation, das aber aufgrund einer „gemeinsamen Vor-Orientierung von Sprecher und Hörer“ ohne weiteres erschließbar ist. Solche Situationselemente können z.B. sein:der Sprecher bzw. Hörer (Person-Ellipse): Bin fix und fertig. – Kannst jetzt gehen. – Bist gemein!;im gemeinsamen Aufmerksamkeitsbereich aktuell ablaufende Ereignisse (Ereignis-Ellipse): Könnte dir so passen! – Find ich klasse! – Hast du doch gesagt!
2 Die STRUKTUR-ELLIPSE ergibt sich aus der Reduktion grammatischer Konstruktionselemente:Ellipse der Präposition: Allianz Bonn/Moskau (Spiegel, 23.7.1990, Titel) – Gespräche Kohl – Gorbatschow;Ellipse des Kopulaverbs: Notanschluß unvermeidlich (Spiegel, 20.8.1990, S. 16) – Alles paletti;EllipseEllipse des Vollverbs: Uwe Seeler: Ich rette den HSV (BILD, 22.8.1990, S. 1) – Rekonstruktion: Uwe Seeler sagt(e)/äußert(e)…: Ich rette den HSV – Afrika vor dem Einmarsch in Liberia (taz, 14.8.1990, S. 9) – Rekonstruktion: Afrika steht/befindet sich … vor dem Einmarsch in Liberia.
3 Für die so genannten EMPRAKTISCHEN ELLIPSEN (vgl. auch Bühler 1934: 154ff.) hingegen macht es keinen Sinn, nach den weggelassenen Teilen zu fragen: Heiße Würstchen (Aufschrift an einer Würstchenbude) – Für Hunde verboten! (Schild auf einem Spielplatz) – Die Nachrichten (Ankündigung der Nachrichtensendung durch den Sprecher in Hörfunk oder Fernsehen) – Zeuge Müller (Aufruf des Zeugen vor Gericht).
Zumindest für die empraktischen Ellipsen ist es überaus fraglich, ob es sich um Reduzierungen einer vollständigen Struktur handelt. Das machen Versuche, die empraktischen Ellipsen zu vervollständigen, überaus deutlich, denn a) führen diese oft zu keinem eindeutigen Ergebnis und b) sind entsprechende Ergänzungen häufig sehr willkürlich und gezwungen.
Manchmal kommt man sich dabei wie ein dummer Schulbub oder (vielleicht richtiger gesagt) wie ein pedantischer Schulmeister vor, wenn man, wo die naive Praxis völlig unzweideutig ist, mit Satzergänzungen zu theoretisieren beginnt. (Bühler 1934: 157)
Deshalb scheint der Ellipsenbegriff insbesondere bei der Erforschung der überaus kontextverwobenen gesprochenen Sprache und darüber hinaus eigentlich in jeder satzübergreifenden Grammatikbeschreibung nicht produktiv zu sein. Eine schlüssige Argumentation zur Stützung dieser Auffassung findet sich bereits bei Bühler:
Wenn der wortkarge Kaffeehausgast ‚einen schwarzen‘ bestellt, kann er dies tun, weil in der Kaffeehaus-Situation nur noch eine Wahl zwischen den paar gleich wahrscheinlichen Getränken getroffen werden (muß) und dazu genügt das Nennwort ‚schwarz‘ oder auch die isolierte Präposition ‚ohne‘ […] Damit ist […] psychologisch alles gesagt.
Ein unbekehrbarer Anhänger der generellen Ellipsentheorie wird darauf hinweisen, daß man doch in allen Fällen einen Satz um die empraktische Nennung herumkonstruieren kann. Die Antwort lautet, das sei zwar unbestreitbar, beweise aber nichts. Denn ein sprachlich geschickter Interpret kann auch zu jeder Phase eines völlig stummen Verkehrsaktes einen mehr oder minder treffenden Text liefern; der aufgehobene rechte Arm mit dem Geld des Passagiers im Straßenbahnwagen ‚sagt‘ zum Schaffner: ‚bitte, geben Sie mir einen Fahrschein!‘
Es wäre schlimm bestellt um die mimischen Gebärden und Gesten im menschlichen Verkehr, wenn alles lautsprachlich unterbaut und adäquat lautsprachlich übersetzbar, (interpretierbar) sein müßte. Ein Elliptiker hätte den Beweis zu erbringen, daß die empraktisch verwendeten isolierten Nennungen ohne ein irgendwie mitgedachtes (vom Sender oder Empfänger mitgedachtes) Satzschema unfähig wären, als eindeutige Verkehrszeichen zu fungieren. (Bühler 1934: 157f.)
Mit Recht spricht Busse (1997: 23) von einem verbreiteten sprach- und kommunikationstheoretischen Missverständnis, dass die Funktion sprachlicher Äußerungen darin bestehe, einen zu kommunizierenden Inhalt möglichst vollständig in eine sprachliche Ausdrucksgestalt zu fassen.
Deshalb wird den hier zur Diskussion stehenden Konstruktionen von den so genannten Autonomisten der Ellipsenstatus abgesprochen. Sie werden vielmehr zunehmend als eigenständige Strukturen begriffen. Die Form sei, so wie sie im konkreten Sprechereignis vorliegt, souverän. Ausgangs- und Zielpunkt der Analyse sollte deshalb immer genau die Konstruktion sein, die tatsächlich formuliert wird. Somit wären die so genannten EllipsenEllipse ganz reguläre, abgeschlossene und vollwertige syntaktische Formen, die alternierend zum vollständigen Satz abgerufen werden können und die unter bestimmten Bedingungen angemessener sind als der Satz. Deshalb ist es nur zu unterstreichen, wenn Busse (1997: 23f.) feststellt: „Das, was üblicherweise mit dem Terminus ‚Ellipse‘ bezeichnet wird, ist – in einem weiteren Sinne verstanden – weniger der Ausnahmefall als vielmehr der Standardfall sprachlicher Kommunikation.“
Ein Verwerfen des Ellipsenbegriffs wirft allerdings zwingend die Frage nach einer Alternative auf. In der Vergangenheit sind dazu einige z. T. sehr produktive Ansätze entwickelt worden, die sich in entsprechend alternativen Termini widerspiegeln, z.B. „kompakte Strukturen“ (vgl. Werner 1994: 138), „satzwertige Äußerungen“ (vgl. u.a. Caroli 1977, Schank/Schwitalla 1980: 316 oder Lindgren 1987), „Satzäquivalente“ (vgl. Wundt 1901: 73, Schlobinski 1992: 120f. oder Jürgens 1997: 215). Insbesondere die letzteren beiden Begriffe sind geeignet zu signalisieren, dass es sich um Strukturen handelt, die dem Satz gleichwertig sind.
Gleichwertig in dem Sinne, daß der Sprecher in bestimmten Kommunikationssituationen bzw. Redekonstellationen die Möglichkeit hat, statt eines Satzes eine äquivalente Äußerungsform zu verwenden, die in gleicher Weise geeignet ist, die Intentionen des Sprechers zu realisieren und einen relativ abgeschlossenen psychischen Inhalt sprachlich zum Ausdruck zu bringen. (Jürgens 1999: 88f.)
In 3.2.2 ist bereits der Terminus der SYNTAKTISCHEN BASISEINHEIT eingeführt worden, der die Vollwertigkeit der entsprechenden Konstruktionen gar nicht erst in Frage stellt und der deshalb hier als Oberbegriff beibehalten werden soll, wenn es darum geht, die Vielfalt der möglichen Formen syntaktischer Basiseinheiten in einer begrenzten Anzahl von Kategorien zu reflektieren. Es handelt sich – wie noch zu zeigen sein wird – keineswegs um regellose oder willkürliche Strukturen, sondern um solche, die in mündlich wie schriftlich realisierten Texten regelhaft vorkommen und die klaren syntaktischen Baumustern folgen – Baumustern, die sich allerdings von den standardisierten Normen der SchriftlichkeitSchriftlichkeit sehr deutlich unterscheiden.
Der hier im Folgenden erläuterte Vorschlag einer Kategorisierung solcher Muster (vgl. Jürgens 1999: 155ff.) orientiert sich vom Zugang her an dependenziellen Grammatiken. Der Vorteil eines solchen Zugangs besteht darin, dass bisher nicht beschriebene Muster nach derselben Methode beschrieben werden können wie standardisierte Muster, denn Dependenzen lassen sich in allen Syntagmen ausmachen (vgl. Henn-Memmesheimer 1986: 26). Auch Engel weist darauf hin, dass Dependenzgrammatik nicht automatisch mit Satz- oder Verbgrammatik gleichzusetzen sei, denn das dependenzielle Prinzip erstrecke sich keineswegs nur auf den Verbalsatz:
Es kann ebensogut für Wortgruppen