Internal Investigations. Dennis Bock
dem identifizierten Risikoprofil ein quantitatives Indikatormodell zu entwickeln und dieses handhabbar in die Arbeitsphase, u.a. der Datenanalyse und –auswertung, einzubringen, lässt sich eine hohe Datendichte mit relativ einfachen und standardisierten Mitteln effektiv untersuchen. Voraussetzung hierfür ist die Ableitung valider Indikatoren, wie bspw. atypische Merkmalshäufungen oder das Vorliegen eindeutiger Hinweiskombinationen.
19
Beispiel:
Ermittlungen im Kontext von Vertriebsunregelmäßigkeiten in einem Unternehmen führen zu einem möglichen Risikoprofil mit den folgenden red flags, die in der Phase der Informationsbeschaffung abgefragt werden sollen:
– | „Zahlungen an Lieferanten mit Sitz in Steueroasen“; |
– | „Phantasienamen von Kunden mit ungewöhnlicher Rechtsform“; |
– | „Sitz des Zahlungsempfängers weicht vom Bankland ab“; |
– | „Zahlung ohne erkennbaren Leistungsgegenstand bzw. Bestellung“. |
20
Art und Umfang von Prüfungshandlungen werden, abgesehen von einer Vollprüfung von Geschäftsvorfällen, durch das risikoorientierte Prüfungsprogramm bemessen. Grundsätzlich ist es sinnvoll, je Prüffeld einen Mindestprüfungskatalog zu planen, der in späteren Ermittlungsphasen neuen Erkenntnissen angepasst werden kann. Bei der Bestimmung des Umfangs von Prüfungshandlungen sind Stichprobenverfahren anzuwenden, um valide Prüfungsaussagen, bezogen auf die gewählte Stichprobengröße und Grundgesamtheit zu gewährleisten und insgesamt eine hohe Prüfsicherheit zu erreichen.
21
Begleitend zur Bestimmung der Prüfungshandlungen sind insbesondere der Einsatz von Ermittlungstools und Prüfungstechniken sowie die Art der Dokumentation und, soweit erforderlich, des Reportings zu planen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, welche Arten von Informationsquellen im Unternehmen verfügbar sind und welche Zugänge sowie Verwertungsmöglichkeiten hierzu bestehen, da u.a. datenschutzrechtliche Bestimmungen die Verwertung von Informationen erheblich erschweren können.[7]
2. Personelle Planung
22
Hinsichtlich der personellen Planung liegt der wesentliche Schwerpunkt in der Zusammenstellung und Sicherstellung der Verfügbarkeit der für die Ermittlung erforderlichen Wissensressourcen. Dabei sind die Berücksichtigung ausreichender fachlicher Qualifikationen und beruflicher Erfahrungen Mindestvoraussetzungen bei der Planung. Abhängig von Art, Umfang und Komplexität des Ermittlungsauftrags kann die Personalplanung von der einfachen Einsatzplanung eines oder mehrerer Spezialisten bis hin zur Bildung von multidisziplinären Ermittlerteams reichen. Insbesondere ist der Grundsatz der Unabhängigkeit zu beachten, nach dem die am Ermittlungsprozess beteiligten Personen keine Interessenskonflikte, u.a. finanzielle oder persönliche, in Hinblick auf das Untersuchungsobjekt haben dürfen. Geeignete Maßnahmen zur Sicherung der Unabhängigkeit sind bei der Personalplanung im Vorfeld der eigentlichen Ermittlungstätigkeit zu berücksichtigen.
23
Eine sinnvolle Planungsdimension ist bei Überschreitung einer kritischen Auftragsgröße die Einbindung unternehmensinterner Spezialisten und Managementkapazitäten, die als Knowhow-Träger, Türöffner und Wegweiser im untersuchten Unternehmen fungieren können.
24
Weiterhin sind in Abhängigkeit vom Detailgrad der Planung verschiedene Aspekte vor der Untersuchung zu organisieren, um insbesondere die Ermittlerteams bei der Beweissicherung in den Unternehmensbereichen in einer Kurzschulung zu informieren. Hierzu gehören u.a.:
– | der Umfang der Befugnisse der Ermittler; |
– | die während der Ermittlungen einzusetzenden Methoden der Datenanalyse und Datenauswertung; |
– | die Anforderungen an das interne und externe Reporting; |
– | zeitliche Restriktionen hinsichtlich der Prüffelder und Abgabe- sowie Berichtstermine. |
Anmerkungen
Da der Schwerpunkt auf der sachlichen Planung liegt, wird auf die separate Darstellung der zeitlichen Planungsaspekte verzichtet. Soweit erforderlich, wird auf die zeitliche Planung an anderer Stelle eingegangen. Zur ausführlichen Darstellung des Planungsprozesses vgl. 4. Kap. Rn. 87 ff.
IDW PS 240, Rn. 19.
Ansätze für weitere betriebliche Funktionen und Branchen wurden bspw. vom OECD (www.oecd.org/governance/procurement/toolbox/indicatorsofprocurementrisk.htm) oder dem State of New York (http://apipa2010.pitiviti.org/files/fraud_redflats.pdf) vorgestellt.
IDW PS 210, Rn. 35 ff.
Weltbank http://siteresources.worldbank.org/INTDOII/Resources/Red_flags_reader_friendly.pdf.
Knabe/Mika/Müller/Rätsch/Schruff WPg 2004, 1059.
Hinsichtlich der Problematik des Datenschutzes verweisen wir auf die Ausführungen im 12. Kap.
1. Teil Ermittlungen im Unternehmen › 6. Kapitel Ermittlungen und Beweissicherung – Unterlagen und EDV › III. Durchführung der Ermittlungen im Unternehmen
1. Informationserhebung und -strukturierung
25
Die Phase der Informationserhebung dient der Erarbeitung einer relevanten und vollständigen Datenbasis unter Berücksichtigung der in der Planung definierten Prüfungsziele und Prüffelder. Zu diesem Zeitpunkt steht die rein technische Beschaffung, Sicherung, Sichtung sowie Strukturierung und Dokumentation von Informationen im Vordergrund. Der ideale Output dieser Phase resultiert in einem IT-gestützten Datenpool, bspw. in Form einer strukturierten und indizierten Datenbank, die im weiteren Ermittlungsprozess neben dem reinen Dokumentationszweck