Das Aha!-Handbuch der Aphorismen und Sprüche Therapie, Beratung und Hängematte. Bernhard Trenkle

Das Aha!-Handbuch der Aphorismen und Sprüche Therapie, Beratung und Hängematte - Bernhard Trenkle


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kann kürzer behandeln als andere und nimmt sich sehr viel Zeit dafür.*

       Natürlich ist gute Therapie ein Zeitproblem. Hätte man mehr Zeit, wäre sie kürzer.*

      „Nimmt sich sehr viel Zeit dafür“ kann auch heißen „nahm sich sehr viel Zeit dafür“. Die viele Zeit, die sich ein Arzt, Therapeut oder Berater in früheren Therapien genommen hat, die Zeit, die in Fortbildungen und Übungen investiert wurde, steht in späteren Therapien als Berufs- und Lebenserfahrung therapieverkürzend zur Verfügung.

      Der Hypnotherapeut Stephen Gilligan ergänzt dies noch um den Aspekt des flexiblen Eingehens auf die jeweils einzigartige individuelle Situation, die jede Therapiestunde aufs Neue bietet:

       Ein guter (Hypno-)Therapeut bereitet sich gut vor und bereitet eine Therapiestunde gut nach.

       In der Stunde vergisst er am besten alles.

      John Grinder, Linguistikprofessor und Mitbegründer des NLP, hat Milton Ericksons genialen Umgang mit Sprache analysiert.

      Er sprach dabei vom Milton-Modell als einer Sprachform, die viele Nominalisierungen wie „Neugier, Hoffnung, Erwartung, Wohlbefinden“ usw. verwendet – eine Sprache, die sehr vage ist. Diese Sprache lässt dem Klienten ein Maximum an Möglichkeiten, diese Wörter bzw. Worte mit eigenen Bildern, Inhalten, persönlichen Zielen und Motiven etc. zu füllen.

      Im Gegensatz dazu spricht Grinder von einem Metamodell, über das durch entsprechende Fragen das Unbestimmte und Vage in Aussagen präzisiert werden kann.

      Politiker benutzen eher das Milton-Modell: ein hohes Maß an Offenheit und Auslegbarkeit in den Aussagen. Auch Aphoristiker haben sich dazu geäußert. Gerhard Uhlenbruck sagt:

       Ein Aphoristiker will mit wenig Worten viel sagen, ein Politiker dagegen will mit viel Worten möglichst wenig sagen.

      Elazar Benyoetz definiert kurz und knapp:

       Rhetorik – Sprachgewalttätigkeit.

      Gabriel Laub formuliert einen Gedanken, der einen Teilaspekt der Wirksamkeit der Hypnosprache anklingen lässt:

       Die Präzision der Sprache beruht darauf, dass Wörter nicht präzis sind.

      Michael Marie Jung beschäftigt sich direkt mit diesem Phänomen:

       In vager Sprache liegt die Kraft,die spielend Suggestionen schafft.

      Und:

       Hoffen lassen Worte, die es offen lassen.

      Manche Sprüche und Sprichwörter sind regelrechte Binsenwahrheiten. Gerhard Uhlenbruck meint:

       Binsenwahrheiten sind die, welche recht schnell in die Binsen gehen.

      Damit die Binsenwahrheiten übers Vergessen nicht schnell in die Binsen gehen, hat es Sinn, Sprüche und Binsenwahrheiten verblüffend zu variieren. Die Variationen bleiben besser hängen und entfalten Wirkung.

      Deswegen gilt, was Uhlenbruck sagt:

       Der Aphorismus ist eine bewusst mit geistreicher Ironie verfremdete Lebensregel.

      Sehr viele in diesem Buch enthaltene Sprüche basieren auf diesem Prinzip der Verfremdung von Vertrautem.

      Das Leben genauso wie die sich darauf beziehende Therapie, Beratung und Betreuung ist oft paradox und widersprüchlich.

      Jaqueline Jost schreibt:

       Nur der findet Sprüche, dem die Widersprüche bekannt sind.

      Der Klient, der diese „Widersprüche-Sprüche“ hört, findet sich und die eigenen Widersprüche gespiegelt.

      Arthur Hafink beleuchtet einen weiteren Aspekt, der dabei manchmal eine Rolle spielen kann:

       Das Wesen des Spruchs ist die Erregung, auch die Erregung des Widerspruches.

      Dabei gilt letztlich als therapeutisches Ziel:

       Aus Widersprüchlichkeit und Doppeldeutigkeit soll wieder Eindeutigkeit werden.*

      Oft ist es allerdings nicht mit Sprüchen allein getan.

      André Brie meint:

       Widersprüche löst man nicht mit immer wieder Sprüchen.

      Gerhard Uhlenbruck hat mehrere geistreiche Aphorismen zum Verhältnis von Sprichwörtern und Aphorismen geschrieben.

       Aphorismenschreiben ist die individuelle Art, Redensarten und Sprichwörter aufgrund eigener Erfahrung auszulegen.

       Ein Sprichwort kann durch einen Autor so variiert werden, dass es zum Aphorismus wird, während ein Aphorismus so allgemein gültig verändert werden kann, dass aus ihm eine sprichwörtliche Redensart entsteht.

       Sprichwörter sind sprachliche Summenformeln für Erfahrungen.

       Aphorismen sind geklügelte Worte in Form von Kernsätzen, wie in einem Zellkern enthalten sie auf kleinstem Raum ein Maximum an Information.

       Aphorismus ist die klügere Schwester des Sprichwortes.

       Lebensregeln sind Regeln, die ein Leben regelmäßig regeln – oder verriegeln.

      Auch andere Autoren haben sich zu diesem Thema geäußert:

       Der Aphorismus ist das noch nicht zum Sprichwort gewordene Sprichwort.

      (Werner Ehrenforth)

       Auch die Aphoristik hat ihre Folklore: die Sprichwörter.

      (Jaques Virion)

       Sprichwörter leuchten ein, Aphorismen leuchten auf.

      (Felix Pollak)

       Respekt vor dem Gemeinplatz: Er ist seit Jahrhunderten aufgespeicherte Weisheit.

      (Marie von Ebner-Eschenbach)

      In vielen Situationen sind Klienten für direkte Ratschläge nicht zugänglich. Privatideologische Vorbehalte können auch noch so gut gemeinte Ideen ins Leere laufen lassen. Der Hypnotherapeut sieht hier unter Umständen Indikationen für indirektes Arbeiten mit Geschichten, Metaphern, aber auch für die Nutzung hypnotischer Phänomene wie Amnesie.

      Ulrich Erckenbrecht bringt einen wichtigen Teilaspekt des Problems witzig auf den Punkt:

       Maximen sind Aphorismen in Form von Verhaltensregeln. Da aber den meisten Menschen nicht zu raten ist, ist fast alle Maximenschreiberei „preaching to the Holzwand“.

      Derselbe Erckenbrecht formuliert, wie es in geglückten therapeutischen Situationen aussehen kann:


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