Über die Klassen der chinesischen Gesellschaft / Über den Widerspruch . Mao Tse-Tung

Über die Klassen der chinesischen Gesellschaft / Über den Widerspruch  - Mao Tse-Tung


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kampffähig. Die Kräfte der städtischen Kulis verdienen ebenfalls große Beachtung. In dieser Gruppe bilden die Hafenarbeiter und Rikschakulis die Mehrheit; aber zu ihr gehören auch die Fäkaliensammler und die Straßenfeger. Menschen, die dieser Gruppe angehören, haben nichts außer ihren beiden Händen. Ihrer Lage nach stehen sie den Industriearbeitern nahe, doch sie sind enger konzentriert und spielen eine geringere Rolle in der Produktion. Moderne kapitalistische Landwirtschaft gibt es in China sehr wenig. Unter dem Dorfproletariat versteht man Landarbeiter, die auf Jahre, Monate oder Tage gedingt werden. Diese Landarbeiter haben weder Boden noch Ackergeräte und auch keinerlei Geldmittel, sie können nur durch den Verkauf ihrer Arbeitskraft den Lebensunterhalt verdienen. Von allen Arbeitern haben sie den längsten Arbeitstag, den niedrigsten Lohn, die schlechtesten Lebensbedingungen und den am wenigsten gesicherten Arbeitsplatz. Im Dorf sind die es, die die schwersten Entbehrungen leisen, und sie haben in der Bauernbewegung eine ebenso wichtige Stellung wie die armen Bauern.

      Außerdem gibt es noch die ziemlich zahlreichen vagierenden Proletarier. Das sind Bauern, die ihr Land verloren haben, sowie Handwerker, die der Möglichkeit beraubt sind, ihrem Beruf nachzugehen. Ihre Existenz ist unter allen menschlichen Lebensverhältnissen die unsicherste. Überall haben sie ihre Geheimorganisationen, die einst Organisationen der gegenseitigen Hilfe im politischen und wirtschaftlichen Kampf waren, wie der „Dreier-Bund“ in den Provinzen Fukien und Kuangtung, der „Bund der Brüder“ in den Provinzen Hunan, Hupeh, Kueitschou und Szetschuan, die „Gesellschaft der großen Schwerter“ in den Provinzen Anhui, Honan und Schantung, die „Gesellschaft für eine vernünftige Lebensweise“ in der Provinz Dschili3 und in den drei nordöstlichen Provinzen, die „Grüne Gilde“ in Schanghai und anderen Orten. Die Behandlung dieser Menschen ist eins der schweren Probleme, vor denen China steht. Zum mutigsten Kampfe fähig, aber zu Zerstörungsaktionen neigend, können sie, wenn man sie richtig leitet, zu einer revolutionären Kraft werden.

      Zusammenfassend kann man sagen, daß alle mit den Imperialisten im Bund stehenden – die Militärmachthaber, die Bürokratie, die Kompradorenklasse und die Klasse der großen Grundherren sowie der zu ihnen gehörige reaktionäre Teil der Intelligenz – unsere Feinde sind. Das Industrieproletariat ist die führende Kraft unserer Revolution. Das ganze Halbproletariat und Kleinbürgertum sind unsere engsten Freunde. Was die schwankende mittlere Bourgeoisie betrifft – deren rechter Flügel unser Feind und deren linker Flügel unser Freund sein kann –, so müssen wir stets auf der Hut vor ihnen sein und dürfen ihr nicht erlauben, an unserer Front Verwirrung zu stiften.

      Das Gesetz des Widerspruchs, der den Dingen innewohnt, oder das Gesetz der Einheit der Gegensätze, ist das fundamentalste Gesetz der materialistischen Dialektik. Lenin sagt: „Im eigentlichen Sinne ist die Dialektik die Erforschung des Widerspruchs im Wesen der Gegenstände selbst.“ Dieses Gesetz nennt Lenin häufig das Wesen der Dialektik, auch den Kern der Dialektik. Deshalb können wir beim Studium dieses Gesetzes nicht umhin, einen weiten Kreis von Problemen, zahlreiche philosophische Fragen zu berühren. Wenn wir in diesen Fragen Klarheit gewinnen, werden wir die materialistische Dialektik von Grund auf verstehen. Es sind dies folgende Fragen: die zwei Arten der Weltanschauung, die Allgemeinheit des Widerspruchs, die Besonderheit des Widerspruchs, der Hauptwiderspruch und die hauptsächliche Seite des Widerspruchs, Identität und Kampf der gegensätzlichen Seiten des Widerspruchs, der Platz des Antagonismus in den Widersprüchen.

      Die in den Kreisen der sowjetischen Philosophen in den letzten Jahren geübte Kritik am Idealismus der Schule Deborins hat bei uns größtes Interesse erregt. Der Idealismus Deborins hat einen äußerst schädlichen Einfluß innerhalb der Kommunistischen Partei Chinas ausgeübt, und man kann nicht sagen, daß die dogmatischen Ansichten in unserer Partei mit der Methodologie dieser Schule nicht zusammenhängen. Daher muß das Hauptziel unserer gegenwärtigen philosophischen Forschungsarbeit die Ausmerzung der dogmatischen Ansichten sein.

      In der Geschichte der menschlichen Erkenntnis existieren seit jeher zwei Auffassungen von den Entwicklungsgesetzen der Welt: die eine ist die metaphysische, die andere die dialektische; sie bilden zwei entgegengesetzte Arten der Weltanschauung.

      Lenin sagt:

      Die beiden grundlegenden (oder die beiden möglichen? oder die beiden in der Geschichte zu beobachtenden?) Konzeptionen der Entwicklung (Evolution) sind: Entwicklung als Abnahme und Zunahme, als Wiederholung, und Entwicklung als Einheit der Gegensätze (Spaltung des Einheitlichen in einander ausschließende Gegensätze und das Wechselverhältnis zwischen ihnen).

      Lenin spricht gerade von diesen zwei verschiedenen Weltanschauungen.

      Die Metaphysik nennt man in China auch Hsüanhsuä. Sowohl in China wie in Europa gehörte diese Denkweise im Laufe einer sehr langen historischen Periode zur idealistischen Weltanschauung, und sie beherrschte die Köpfe der Menschen. In Europa war in der Frühzeit der Bourgeoisie auch der Materialismus metaphysisch. Da eine Reihe europäischer Länder im Laufe ihrer sozial-ökonomischen Entwicklung in das Stadium des hochentwickelten Kapitalismus eingetreten war, die Produktivkräfte, der Klassenkampf und die Wissenschaft ein in der Geschichte nie dagewesenes Niveau erreicht hatten und das Industrieproletariat zur mächtigsten Triebkraft der geschichtlichen Entwicklung geworden war, entstand infolgedessen die marxistische, dialektisch-materialistische Weltanschauung. Als dann kam in der Bourgeoisie, nebst dem offenen, völlig unverhüllten reaktionären Idealismus, ein vulgärer Evolutionismus als Widerpart der materialistischen Dialektik auf.

      Die Weltanschauung der Metaphysik oder des vulgären Evolutionismus betrachtet alle Dinge in der Welt isoliert, statisch und einseitig. Alle Dinge in der Welt, ihre Formen und ihre Gattungen wären demnach ewig voneinander isoliert, ewig unveränderlich. Insofern von Veränderungen die Rede ist, dann nur von quantitativer Zunahme oder Abnahme und von Ortsveränderung. Dabei sollen die Ursachen einer solchen Zunahme oder Abnahme beziehungsweise einer solchen Ortsveränderung nicht in den Dingen selbst liegen, sondern außerhalb ihrer, das heißt in der Einwirkung äußerer Kräfte. Die Metaphysiker vertreten die Auffassung, daß die verschiedenen Dinge in der Welt sowie ihre Eigenschaften vom Beginn ihres Seins an unverändert blieben, ihre späteren Veränderungen bloß quantitative Vergrößerungen oder Verkleinerungen seien. Die Metaphysiker sind der Ansicht, daß ein Ding nur ewig sich selbst reproduzieren, sich aber nicht in ein anderes, von ihm unterschiedliches Ding verwandeln könne. Die Metaphysiker glauben, daß die kapitalistische Ausbeutung, die kapitalistische Konkurrenz, die individualistische Ideologie der kapitalistischen Gesellschaft usw. – daß das alles auch in der antiken Sklavenhaltergesellschaft, ja sogar in der Urgesellschaft anzutreffen sei, daß es ewig und unverändert existieren werde. Was die Ursachen der gesellschaftlichen Entwicklung betrifft, so erklären die Metaphysiker sie aus Bedingungen, die außerhalb der Gesellschaft liegen – aus dem geographischen Milieu, dem Klima usw. Die Metaphysiker versuchen einfach, außerhalb der Dinge die Ursachen ihrer Entwicklung zu finden, und bestreiten die These der materialistischen Dialektik, wonach die Entwicklung der Dinge durch die ihnen innewohnenden Widersprüche hervorgerufen wird. Daher sind sie nicht in der Lage, die qualitative Vielfalt der Dinge und das Umschlagen einer Qualität in eine andere zu erklären. In Europa trat diese Denkweise im 17. und 18. Jahrhundert als mechanischer Materialismus sowie Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts als vulgärer Evolutionismus in Erscheinung. In China wurde die metaphysische Denkweise, die in den Worten „Der Himmel ist unveränderlich, und unveränderlich ist auch Tao“ zum Ausdruck kommt, im Laufe einer sehr langen Zeit von den verfaulten herrschenden Feudalklassen unterstützt. Den mechanischen Materialismus und den vulgären Evolutionismus dagegen, die in den letzten hundert Jahren aus Europa importiert wurden, unterstützt die Bourgeoisie.

      Im Gegensatz zur metaphysischen Weltanschauung vertritt die dialektisch-materialistische Weltanschauung die Meinung, daß wir beim Studium der Entwicklung der Dinge von ihrem inneren Gehalt, von dem Zusammenhang des einen Dinges mit anderen ausgehen sollen, das heißt, daß wir die Entwicklung der Dinge als ihre innere, notwendige Selbstbewegung betrachten, wobei sich jedes Ding in seiner Bewegung mit den anderen, es umgebenden Dingen in Zusammenhang und Wechselwirkung befindet.


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