Werbung, die Sie sich sparen können. Christiane Blenski
Unternehmen trat an keiner anderen Stelle so frech-frisch auf – der Interessent war verwirrt.
Enttäuschung und Verwirrung kosten das höchste Marketing-Gut: Vorschussvertrauen. Wenn es nicht entstehen kann oder nach dem guten ersten Eindruck sofort wieder weg ist, wird kein Geschäft gemacht.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass aufgrund des besonders mutig-kreativen Auftretens in dieser einen Facebook-Anzeige viele Leute einfach aus purer Neugierde auf die Landingpage des Finanzdienstleisters geschaut haben, ohne überhaupt zur möglichen Käufergruppe für das Finanzprodukt zu gehören. Solche Klicks bringen wenig. Darum werden wir gleich in Kapitel 2 intensiv am Zielgruppenverständnis arbeiten.
1.2 Hauptsache Vernetzung
Zurück zu James und der Frage, was Sie von ihm noch lernen können- nämlich einen der wichtigsten Werbetipps in diesem Buch:
Wahrscheinlich verfügen Sie kaum über das Marketing-Budget eines Hollywood-Studios. Das benötigen Sie für den nun folgenden Werbekick gar nicht. Es geht so viel preiswerter – durch das Vernetzen aller Werbeaktivitäten. Werben Sie nie mehr an einer Stelle allein.
So geht Vernetzung
Auf Ihrer Homepage verweisen Sie auf Ihre Messetermine. Vom Standaufbau bei der Messe zeigen Sie dann Fotos auf Ihrer News-Seite und/oder einem Social-Media-Kanal. Auf dieser großen Branchenmesse (oder kleinen Gewerbeschau) veranstalten Sie ein Gewinnspiel. Für dieses Gewinnspiel überlegen Sie sich eine Variante, durch die man auch online daran teilnehmen kann.
Auf Ihre Messeaktivitäten und die gleichzeitig laufende (Online-) Gewinnspielaktion machen Sie im Vorfeld der Messe Ihre bestehenden Kunden per E-Mail aufmerksam. So bewerben Sie in einem Rutsch Ihre Online- plus Ihre Messepräsenz und kümmern sich gleichzeitig um Stamm- und Neukunden. Denn eine Gewinnaktion, an der man ohne Messebesuch teilnehmen kann, verlockt auch Menschen, die nicht zur Messe kommen, zur Beschäftigung mit Ihrem Angebot. Und genau das wollen Sie ja erreichen.
Nach der Messe geht es weiter: Sie antworten allen Gewinnspielteilnehmern und verweisen dabei auf eine Firmennews, zu der mehr auf Ihrer Website erzählt wird. Oder Sie verweisen auf den nächsten interessanten Vortrags-/Präsentations-/Messetermin und zeigen sich wie nebenbei als aktives und erfolgreiches Unternehmen.
Übrigens: Was steht eigentlich in Ihrem E-Mail-Abbinder? Nutzen Sie die erste Zeile unter Ihrer virtuellen Unterschrift für den Hinweis auf die nächste Messe, auf das neue Produkt, auf Ihre Social-Media-Kanäle etc. Dahin schauen die Empfänger fast immer.
Kosten und Aufwand für die vorgeschlagene Vernetzung
Den Messestand wollten Sie eh machen und die Website haben Sie schon – hier entstehen also für die Vernetzung keine Kosten. Das Einstellen der Produkt- bzw. Messestandhandyfotos und der Gewinnaktion auf Ihrer Homepage sowie das Anschreiben der Kunden per E-Mail kosten Sie nichts außer Zeit. Die einzig echten Kosten, die anfallen, sind die Preise für das Gewinnspiel. Und wäre hier der Gewinn beispielsweise eine Leistung (Beratung o.Ä.), dann würde auch diese Sie nur Zeit kosten.
Werbeeffekt durch Vernetzung
Statt als Firma auf die Messe zu gehen und nur dort eine Werbeaktion wie ein Gewinnspiel ausschließlich für die vergleichsweise wenigen Besucher zu machen, die an Ihrem Stand mit Ihnen ins Gespräch kommen, haben Sie nun alle erreicht: Neukunden/Interessenten/Geschäftspartner/Freunde – am Messestand und vor allem über die Sozialen MedienSoziale Medien und das Online-Gewinnspiel.
Weil mir das Vernetzen so wichtig ist, üben wir es noch ein zweites Mal. Könnten Sie jetzt das Vernetzungsprinzip spontan anwenden für die verunglückte Finanzproduktwerbung? Was hätte man besser tun können, um wertvolle Neukontakte zu wirklichen Kaufinteressenten zu machen – und das ohne große Extrakosten? Was meinen Sie?
Analysieren wir kurz gemeinsam: Die Firma wollte über eine Facebook-Kampagne Kunden für ihr Neuprodukt gewinnen. Dafür wurde in professionelle Anzeigengestaltung und Anzeigenschaltung investiert und in den Aufbau einer LandingpageLandingpage. Ja, das war eine absolut zeitgemäße Vorgehensweise – aber auch irgendwie unstimmig in Bezug auf die sonstige Kommunikation des Unternehmens.
Was wäre eine Vernetzungsalternative „mit bestehenden Mitteln“ gewesen?
Grundsätzlich kann man ein neues Finanzprodukt für Endverbraucher bei FacebookFacebook sehr gut bewerben. Immerhin sind 23 Millionen Deutsche täglich bei Facebook (Stand: März 2019). Darum hätte die Werbung zunächst kostenfrei über die bestehende Facebook-Firmenseite selbst laufen können – mit immer wieder kurzen Infohäppchen und ansprechenden Werbemotiven zum Produkt, den Produktvorteilen und mit Statements von ersten Käufern und Produktentwicklern.
Besonders starke Postings hätte man kurzfristig zu Anzeigen umwandeln können. Das bietet Facebook unkompliziert an, um mehr Reichweite zu geben und Menschen zu erreichen, die das Unternehmen noch nicht kennen.
Für weitere Informationen, die gerade bei einem Finanzprodukt wichtig sind, hätte man von Facebook aus direkt zur bestehenden Website des Unternehmens verlinken können. So hätten die Interessenten einen vollständigen Blick auf das Unternehmen bekommen – und Vertrauen aufgebaut. Auf der Website wäre das neue Produkt prominentes Thema auf der Startseite gewesen. Die größte Investition wäre also gewesen, die Website zu aktualisieren.
Was hätte die Firma noch nutzen können? Die vorhandenen Kontakte. Man hätte bestehende Kunden auf das neue Produkt hinweisen können – per Mail oder klassisch per Brief. Bestandskunden sind häufig vergessene wertvolle und kostenlose Multiplikatoren – oder oft selbst erneute Käufer.
Ergänzend hätte man eine kostenlose Infoveranstaltung zum Thema des Neuproduktes initiiert – und dazu die Chance auf PR in der Tagespresse gehabt und wieder einen Grund mehr gehabt, etwas auf Facebook zu posten. Vielleicht hätte man so nicht 200.000 Leute erreicht, sondern nur vielleicht 10.000 oder 100. Doch die wären weder enttäuscht noch verwirrt worden – sondern sicher informiert und eher bereit, Käufer zu werden.
Beim vernetzten Werben zeigen alle Beiträge z.B. zu dem Neuprodukt einen optisch, sprachlich und inhaltlich ähnlichen Charakter, um Wiedererkennung zu schaffen. Also: Statt teurer Single-Aktion mit witziger Facebook-Anzeige plus gesonderte LandingpageLandingpage, besser das nutzen, was da ist und wenig neue Kosten erzeugt: Website, Facebook-Firmenseite, Bestandskunden und PR.
Es geht mir bei diesem Beispiel nicht um Besserwisserei. Es geht mir darum, Ihnen klar zu machen, was meine Idee hinter Vernetzung ist und wie Sie schon allein damit Geld sparen können und trotzdem mehr positive Aufmerksamkeit bei möglichen Neukunden gewinnen. Außerdem fällt es uns allen leichter, die Werbung anderer Firmen zu verändern. Bei unserem eigenen Unternehmen haben wir oft eine Bremse im Kopf, weil wir die Umsetzung scheuen. Verständlich.
Jetzt sind Sie gerade so in Schwung – darum eine erste dreiteilige Aufgabe rund um Ihre Eigenwerbung. Diese Übung wird beim Entwickeln Ihres roten Werbefadens im nächsten Kapitel erneut eine Rolle spielen. Zücken Sie also einen Stift und füllen Sie die Tabellen aus.
Was sind Ihre laufenden und neu angedachten Werbewege/Werbemittel (z.B. Homepage, Facebook-Firmenseite): | Wollen Sie diese Werbung wirklich fortsetzen oder starten? Ja/Nein/Vielleicht | |
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