Onettis Santa María(s): Machträumliche Spannungsfelder zwischen biologischer Reproduktion und künstlerischer Produktion. Johanna Vocht
lasse ein panoramatischer, verfügungsmächtiger Blick auf einen globalen Typus schließen, eine eingeschränkte Wahrnehmungsperspektive eher auf einen partialen. Mahler leitet daraus ab, dass, „[j]e stärker konturiert die Konstitutionsisotopie, je präziser die Referenzen, desto geringer enthebbar [ist] die Stadt.“263 Analog dazu konstatiert er: „Je weniger prototypisch die Nennungen, je enger der Fokus, desto subjektiver, idiosynkratischer wird [die Stadt] sein.“264 Bezüglich ihrer semantischen Darstellung sei zwischen „homolog[…]“ und „widerständig[…]“ zu unterscheiden, d.h. stehen die verwendeten Spezifikationsisotopien im Einklang oder im Widerspruch zueinander? Je nachdem vermittelten sie ein geschlossenes oder ein ambivalentes Abbild.265
Die textexternen Funktionen diskursiver Stadtdarstellung gäben indes Aufschluss darüber, inwieweit bestimmte Themen, Motive und Diskurse die Darstellung einer Stadt im Text prägen oder gar überlagern. Die künstlerische Vermittlungsebene wird dabei als gegeben vorausgesetzt, d.h. eine Textstadt ist per se ein medial vermitteltes Konstrukt. Je nachdem in welchem Umfang eine Textstadt in der außerliterarischen Welt referentialisierbar ist, spricht Mahler von „Städte[n] des Realen“, Imaginären oder Allegorischen.266 Die Klassifizierung richte sich dabei nach der Ausprägung der jeweils verwendeten Konstitutionstechniken. „Städte des Realen“ wiesen sich durch einen hohen Referentialisierungsgrad aus, „Städte des Imaginären“ bestünden vornehmlich aus Konstitutionsisotopien und in „Städte[n] des Allegorischen“ überwögen die Spezifikationsisotopie. Letztgenannte begönnen „alles Städtische zu funktionalisieren […] zugunsten eines anderen Themas.“267
In der folgenden Analyse soll dementsprechend herausgearbeitet werden, welche textexterne Funktion Santa Marías in den einzelnen Text im Vordergrund steht bzw. wie sich die verschiedenen Darstellungen überlagern: Verhandelt Onetti Reproduktion und Elternschaft als dysfunktionale Systeme vor dem Hintergrund einer typisch lateinamerikanischen Provinzstadt oder werden bereits durch die unterschiedlichen diskursiven Darstellungen Santa Marías bestimmte Konflikte oder Themenfelder bezüglich Reproduktion und Elternschaft sichtbar? Auf diese Fragestellung hin sollen in diesem Kapitel die ausgewählten Texte in editionschronologischer Reihenfolge – die nicht zwingend eine erzählte Chronologie bedingt! – inhaltlich skizziert und in Bezug auf das Stadtmotiv untersucht werden.
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