Forschungsmethoden in der Fremdsprachendidaktik. Группа авторов
beeinflussende Faktorenkomplexe:
Unterricht (beeinflusst durch Curriculum, Lern-/Lehrziele, Lehrinhalte, Lehrmethoden, Prinzipien, Übungsformen, Lehrwerke, Medien usw.)
Lehr- und Lernumgebungsfaktoren (Dauer, Frequenz, Ausstattung, Lerngruppengröße usw.)
personenbezogene Faktoren, d. h. Lehrkräfte und Lernende (personale Faktoren, Ausbildung, Motivation/Interesse, fremdsprachige Kompetenzen etc.)
soziopolitische Faktoren (Status der Fremdsprache, Fremdsprachenpolitik, Ausbildung, ökonomische Bedingungen etc.)
wissenschaftliche Faktoren (Ergebnisse aus der Sprachlehrforschung und der Fremdsprachendidaktik sowie aus den Bezugswissenschaften).
Angesichts der Vielzahl und der Interdependenz der – keinesfalls vollständig aufgeführten – Einzelfaktoren leuchtet unmittelbar ein, dass die isolierte Darstellung und Erforschung eines Einzelfaktors forschungsmethodisch nicht sinnvoll zu realisieren ist. Fremdsprachendidaktische Forschung muss sich daher auch bei der notwendigen Fokussierung auf einen oder wenige Faktoren stets der Tatsache bewusst sein, dass es sich um Einzelaspekte innerhalb eines komplexen Gefüges handelt.
1 Fremdsprachendidaktik ist aufgrund des weiten und komplexen Gegenstandsbereiches, der durch die vielen Sprachen, Institutionen und Traditionen eine weitere Ausdifferenzierung erfährt, eine vielfältige und heterogene Forschungsdisziplin.
2 Aus diesen drei Merkmalen ergibt sich das vierte: Fremdsprachendidaktische Forschung ist interdisziplinärinterdisziplinär, denn sie greift sowohl inhaltlich als auch forschungsmethodisch auf Bezugswissenschaften zurück. Je nach Gegenstand und Fragestellung handelt es sich z.B. um die Erziehungswissenschaften, die Linguistik und Literaturwissenschaft, die Kultur- und Medienwissenschaften, die Sozialwissenschaften und/oder die Psychologie. Dabei stellt sich immer wieder die Herausforderung, die Theorien, Modelle und Erkenntnisse aus den Bezugswissenschaften (selbst-)bewusst für die spezifischen Fragen und Interessen der Fremdsprachendidaktik zu nutzen und die unterschiedlichen Perspektiven mit Fokus auf die Fremdsprachendidaktik zu integrieren.
3 Dieses interdisziplinäre und integrierende Vorgehen hat zur Folge, dass fremdsprachendidaktische Forschung durch eine große Breite an methodischen Herangehensweisen charakterisiert ist und sich je nach Gegenstand und Forschungsfrage unterschiedlicher methodischer Ansätze und Verfahren bedient. Dazu überprüft sie die Passung zwischen ihren Fragen und den Ansätzen bzw. Verfahren verwandter Disziplinen und wandelt sie ggf. ab. In diesem Prozess entstehen zunehmend spezifisch fremdsprachendidaktische forschungsmethodische Zugänge und Forschungsdesigns.
4 Aus dem Theorie-Praxis-BezugTheorie-Praxis-Bezug ergibt sich, dass Praktiker*innen (wie Lerner*innen, Lehrer*innen oder Ersteller*innen von Curricula und Prüfungen) nicht nur Forschungspartner*innen sind, sondern auch selbst zu Forschenden werden können, die selbst oder in Zusammenarbeit mit universitären Forscher*innen sie interessierende Fragen untersuchen. Im Design der Aktionsforschung und der insbesondere im englischsprachigen Raum verbreiteten Forschungsrichtung der teacher research (s. Kap. 4.2) liegen dafür weithin akzeptierte Forschungsansätze vor. Das Gros der fremdsprachendidaktischen Forschung findet allerdings an Universitäten und Pädagogischen Hochschulen, in geringem Umfang auch an außeruniversitären Einrichtungen wie dem Institut für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) statt (vgl. auch Kap. 8).
5 Charakteristisch für die Fremdsprachendidaktik ist weiterhin, dass der allergrößte Teil der Forschung von den Wissenschaftler*innen selbst angestoßen und durchgeführt wird, wobei den Qualifikationsarbeiten von Nachwuchswissenschaftler*innen besondere Bedeutung zukommt. AuftragsforschungAuftragsforschung z.B. von Länderministerien oder Behörden ist eher selten. Neben den vielen Forschungsprojekten in Einzelarbeit entstehen zunehmend Arbeiten in kleineren Forschungsverbünden (z.B. in Graduiertenkollegs oder Research Schools) oder als Teil großer interdisziplinärer Projekte (s. auch Kap. 8).
Forschungsfelder
Typisch für fremdsprachendidaktische Forschungsarbeiten ist weiterhin, dass sie nicht nur ForschungsfeldForschungsfelder anderer Disziplinen aufnehmen, sondern oft auch innerhalb der Fremdsprachendidaktik mehrere Felder betreffen. Forschungsfelder sind durch einen inhaltlichen Schwerpunkt charakterisiert, zu dem thematisch und i.d.R. auch forschungsmethodisch vielfältige Untersuchungen vorliegen. Die folgende Aufstellung entstand anhand der Durchsicht von annähernd einhundert Qualifikationsarbeiten. Auch wenn die die einzelnen Felder nicht immer klar voneinander abgegrenzt werden können, erlaubt die alphabetische Liste der Forschungsfelder eine generelle Orientierung und verdeutlicht die inhaltliche Breite fremdsprachendidaktischer Forschung:1
Begegnungsforschung: Hier sind Arbeiten zu finden, die direkte und (medial) vermittelte Begegnungen von Sprechern unterschiedlicher Sprachen und unterschiedlicher (kultureller) Herkunft konzeptuell-theoretisch, historisch und empirisch untersuchen.
Curriculumforschung: Arbeiten in diesem Feld sind mit der theoretischen Begründung, historischen Entwicklung und empirischen Validierung von Lehrprogrammen für Sprachunterricht befasst.
Diagnostik: Arbeiten in diesem Forschungsfeld sind Tätigkeiten gewidmet, die in Abgrenzung zur Diagnostik anderer Berufsfelder unter dem Begriff Pädagogische Diagnostik zusammengefasst werden können. Im Brennpunkt stehen mit Bezug auf das Lehren und Lernen von Fremd- und Zweitsprachen Tätigkeiten „durch die bei einzelnen Lernenden und den in einer Gruppe Lernenden Voraussetzungen und Bedingungen planmäßiger Lehr- und Lernprozesse analysiert und Lernergebnisse festgestellt werden, um individuelles Lernen zu optimieren“ (Ingenkamp/Lissmann 2005: 15).
Interaktionsforschung: Forschungen zu Bedingungen, Verlaufsformen und Strukturmerkmalen fremdsprachiger Interaktion in unterschiedlichen sozialen Arrangements sowie ihre Erträge sind diesem Feld zugeordnet.
Kompetenzforschung: Hier geht es um die theoretische Bestimmung und empirische Modellierung von Kompetenzen im Bereich des Lehrens und Lernens von Fremdsprachen (insbesondere sprachlicher, literarischer, medialer und interkultureller Kompetenzen) und um die Erforschung ihrer Entwicklung unter spezifischen institutionellen Bedingungen (Schule, Hochschule, Erwachsenenbildung).
Konzeptforschung: Die Entwicklung und systematische Analyse umfassender Konzepte und tragender Konstrukte der Fremdsprachendidaktik sowie die Modellbildung machen den gemeinsamen Nenner der Arbeiten dieses Forschungsfelds aus.
Lehr- und Professionsforschung: Forschungsarbeiten in diesem Feld beschäftigen sich mit dem Lehren fremder Sprachen als Beruf. Von Interesse sind nicht nur gesellschaftliche Ansprüche an Lehrpersonen oder deren berufliches Selbstverständnis, sondern in gleicher Weise Fragen ihrer Aus- und Weiterbildung. Mit Blick auf die Praxis werden zudem Bedingungen und Prozesse des Lehrens von Fremd- und Zweitsprachen in diesem Feld unter besonderer Berücksichtigung der Lehrpersonen, ihres Wissens, ihrer Erfahrungen, Einstellungen und ihres Handelns in spezifischen Kontexten bearbeitet.
Lehrwerks- und Materialienforschung: Hier geht es um die systematische Analyse historischer wie gegenwärtiger Lehrwerke und Medienverbundsysteme analoger und digitaler Provenienz. Auf diesem Feld sind folglich Forschungen angesiedelt, die Materialentwicklung, Evaluation und Nutzung in Lehr- und Lernprozessen fokussieren.
Lernforschung: Die Lernforschung untersucht die komplexen Voraussetzungen, Prozesse und Ergebnisse individuellen und kooperativen Sprachenlernens unter natürlichen und gesteuerten Bedingungen.
Lernerforschung: In diesem Feld steht die Sprachen lernende Person im Zentrum der Aufmerksamkeit und zwar als Individuum und als soziales Wesen mit ihrer speziellen Sprachlerngeschichte, mit ihren Potenzialen, sprachlich zu handeln, ihrer kognitiven und affektiven Ausstattung.
Forschungen zum institutionellen Kontext, insb. in Form von Schulbegleit- und Schulentwicklungsforschung: Ziel dieser Forschung ist es, relevante Aspekte des Lehrens und Lernens von Fremdsprachen unter den institutionellen Bedingungen zu erkennen, um das Zusammenspiel zwischen der Institution und den in ihr tätigen Individuen und Gruppen zu verstehen. In diesem Feld sind ebenfalls Projekte angesiedelt, in denen Lehrpersonen