Heilung – Initiation ins Göttliche. Peter Maier

Heilung – Initiation ins Göttliche - Peter Maier


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dass Amma ihre Partnerschaft soeben gesegnet hat. Danach haben viele offensichtlich tiefe Sehnsucht. Meist bekommen sie dann noch – als sehr einfaches und natürliches Zeichen der Ganzheit und Harmonie ihrer Partnerschaft – von Amma einen Apfel geschenkt, den ihr eine Helferin soeben über die Schulter gereicht hat. Eltern, die mit ihren kleinen Kindern kommen, übergeben diese für einen kurzen Moment Amma, die sie ans Herz drückt und sehr liebevoll auf die Stirn küsst. Allen „Besuchern“ gibt Amma nach der Umarmung ein Bonbon und ein angenehm duftendes Rosenblatt. Sie möchte mit diesen kleinen materiellen Dingen ihre Liebe und ihr Mitgefühl symbolisch ausdrücken und ein Andenken an die Begegnung hinterlassen.

      Viele Menschen strahlen nach der Begegnung Freude, Erleichterung und Dankbarkeit aus und diese Stimmung überträgt sich immer mehr auf mich selbst. Am meisten berührt mich aber ein über siebzig Jahre alter großer Mann. Obwohl auch er sich wie alle dem Stuhl von Amma auf Knien nähern muss, ist er immer noch einen Kopf größer als sie. Sie zieht ihn zu sich heran. Und er lässt sich von dieser deutlich jüngeren und viel kleineren Frau umarmen wie ein kleines Kind. Danach beginnt dieser große alte Mann hemmungslos zu weinen. So etwas habe ich noch nie erlebt. Womöglich hat er sein ganzes Leben lang immer nur stark sein und für seine eigene Familie sorgen müssen und durfte als Mann nie solche Gefühle zeigen. Vielleicht hat man privat und im Beruf von ihm erwartet, dass er immer nur den Starken gibt. Das kann ich nur vermuten. Ich kann jedoch unmittelbar beobachten, dass er sich in diesem Augenblick total fallen lässt. Dies löst seinen Tränenstrom aus und wäscht offensichtlich all die Verspannungen, seine innere Not und seine unterdrückten Gefühle heraus.

      Dieser Mann könnte mein Vater sein, den ich bis heute nie habe weinen sehen. Ich bekomme einen Stich ins Herz und es berührt in diesem Moment meine Beziehung zu meinem Vater. Denn dieser mir unbekannte Mann erinnert mich sehr an meinen Vater, der auch nie weinen durfte oder konnte. So oft hätte ich mir gewünscht, ihn einmal weinen zu sehen. In diesem Augenblick löst sich in meiner Tiefe eine Spannung. Jetzt weine ich schon wieder. Diesmal weine ich mit dem Mann direkt neben mir, der noch in Ammas Armen liegt, einfach mit und niemand stört sich daran. Alle, die um Amma herumstehen, empfinden dies als völlig normal. Es weinen ja so viele, sobald Amma sie umarmt hat – vor Ergriffenheit, weil ihnen dadurch das Herz aufgeht und weil sie sich endlich von jemandem tief innen verstanden fühlen. Das kann wirklich die Tränen lösen. Dennoch werde ich langsam ungeduldig. Ich möchte ja Hilfe für meine Knie bekommen, vor allem für das linke. Ich möchte konkrete Antworten hören. Es scheint mir so, als ob Amma mich in dem ganzen Umarmungstrubel vergessen hätte, obwohl ich ihr doch so nahe bin. Statt sich um mich zu kümmern, umarmt sie unentwegt andere Menschen. Solche Gedanken gehen mir durch den Kopf. Ich werde sogar eifersüchtig auf all die anderen Menschen.

      Nach etwa einer halben Stunde wendet sich mir Amma plötzlich völlig unvermittelt während eines „Personenwechsels“ zu, schaut mir nochmals tief direkt in die Augen und gibt mir eine kleine Tüte mit von ihr gesegneter Asche. Dann wird mir von dem Swami freundlich aber bestimmt erklärt, dass ich mich nun von Amma entfernen solle, weil die Begegnung beendet sei und Amma sich um mein Problem gekümmert habe. Meine Energieblockaden in den Knien seien karmisch bedingt gewesen, also Blockaden aus früheren Leben. Diese seien jetzt aber aufgelöst worden. Die kommende Woche solle ich dreimal täglich etwas von der Asche mit etwas angefeuchteten Händen auf meine Knie streichen. Amma habe ihm versichert, dass ich nun wieder gehen könne und dass das Problem sich auch körperlich schnell lösen werde. Ich bin sehr erstaunt. Wie soll denn dies plötzlich geschehen, was in den vergangenen zehn Jahren unmöglich war? Amma hat doch gar nichts gemacht. Ich bin ein bisschen enttäuscht und zweifle daran, ob die Begegnung wirklich die ersehnte Heilung gebracht hat.

      Von einer Helferin an der Bühne wird mir versichert, dass es eine absolute Gnade gewesen sei, dass ich so lange im unmittelbaren Energiefeld von Amma habe bleiben dürfen. Ich solle mir doch klar machen, dass es nicht um eine rationale, nüchterne Antwort oder um eine bloße Diagnose bezüglich meiner Knie ging, sondern vielmehr darum, dass sich in mir im starken Energiefeld von Amma psychische Blockade lösen konnten, die in Vorleben verursacht worden waren. Ich muss zugeben, dass ich ja immer wieder weinen musste und dass ich von Ammas Mitgefühl, das ich wohl instinktiv erfasst habe, sehr angerührt worden bin. Das wirkt nach. Ich bleibe noch bis zum Ende der Veranstaltung in der Halle, die die ganze Nacht hindurch bis zum Mittag des nächsten Tages von mantraartigen Gesängen und Weisen erfüllt wird. Mehrere Musikgruppen lösen sich ab. Die Besucher, die noch immer da sind, beklatschen Amma voll Dankbarkeit, als diese mittags schließlich mit ihren Begleitern abzieht. Sehr nachdenklich fahre ich nach Hause. Ich muss erst einmal alles verdauen. Die Begegnung mit Amma hat mich emotional sehr mitgenommen. Jetzt will ich nur noch schlafen – mitten am Nachmittag.

      Neugeburt – eine unerwartete Bergwanderung

      Erst am nächsten Morgen wache ich wieder auf. Es ist Sonntag. Fast 15 Stunden lang habe ich geschlafen. Ich spüre eine unerwartete Vitalität in mir. Ich streiche etwas von der geweihten Asche auf meine beiden Knie. Spontan entscheide ich mich dann dafür, noch heute in die Alpen zu fahren. Ich weiß plötzlich, dass ich den Herzogstand, einen der bekanntesten Hausberge Münchens, besteigen muss. Wird es klappen? Ich muss dazu fast 800 Höhenmeter überwinden. Natürlich habe ich vorher über beide Knie Bandagen gezogen. Aber ich habe seit zwölf Jahren keine Übung mehr mit dem Bergwandern. Da das Herabsteigen für die Knie eine viel stärkere Belastung darstellt, möchte ich nach dem Aufstieg mit der Gondel wieder herabfahren.

      Es geht erstaunlich gut. Amma hat mir am Tag zuvor anscheinend die Angst genommen. Ich traue mir plötzlich das Bergwandern wieder zu. Ich lasse mir Zeit, mache immer wieder Pausen und überlege mir, was ich tun könnte, falls plötzlich wieder die mir so bekannten und vertrauten Schmerzen einsetzen sollten. Nach etwa vierhundert Höhenmetern weiß ich, dass ich jetzt nur noch nach oben weitergehen kann. Denn ein Abstieg um vierhundert Höhenmeter würde für die Knie eine viel größere Belastung darstellen als weitere vierhundert Höhenmeter Aufstieg. Es ist wie bei einem Geburtsvorgang. Auch hierbei gibt es für den Embryo nur noch eine Wegrichtung – nach draußen. Dieser Vergleich erscheint mir nicht übertrieben. Die heutige Bergwanderung wird für mich tatsächlich zu einer Art von Neugeburt. Die Schmerzen bleiben seltsamerweise komplett aus. Ich gewinne meinen Körper und mein Vertrauen zu ihm zurück. Dafür muss ich sowohl eine Denkblockade abwerfen als auch durch die Angst gehen, dass meine Muskeln nach all den Jahren nicht stark genug sein könnten, meinen Körper zu tragen und die Knie zu stabilisieren. Denn so oft haben die Muskeln schon bei einer kleinen Wanderung im flachen Gelände nachgegeben. Dann hat Knochen auf Knochen gerieben und es wurde jedes Mal eine Knieentzündung ausgelöst.

      Für normale Wanderer ist der Weg hoch zur Berghütte mit etwas mehr als zwei Stunden ausgeschrieben. Ich lasse mir Zeit und brauche knapp drei Stunden dafür. Ich bin einfach nur noch begeistert. Damit hatte ich nicht mehr gerechnet. War mir doch sieben Jahre zuvor von Fachleuten eine unheilbare Arthrose bescheinigt worden. Viele meiner gesunden Altersgenossen – ich bin zu diesem Zeitpunkt 51 Jahre alt – würden sich so eine Bergtour sowieso nicht zutrauen und die Strecke körperlich womöglich auch gar nicht schaffen. Elektrisiert von diesem Erfolg setzte ich noch eins drauf: Nun will ich sogar zum Gipfel empor – nochmals 180 Höhenmeter. Ich empfinde tiefes Glück und große Dankbarkeit, als ich auf dem Gipfel stehe und über das wunderbare Voralpenland schaue – Dankbarkeit gegenüber Amma, die mir so Mut gemacht, das Vertrauen zu mir selbst zurückgegeben und meine Blockaden im Kopf gelöst hat; Dankbarkeit gegenüber dem Universum, weil ich nach fast 14 Jahren seit der ersten Operation überhaupt wieder solch eine Bergtour machen kann.

      Dann muss ich wieder vom Gipfel hinunter zur Berghütte. Auch das geht ohne Probleme. Danach kann ich gar nicht anders: Ich erzähle mehreren Gästen an meinem Esstisch in der Hütte und später Wanderern bei der Abfahrt in der Gondelbahn von dem Wunder, das sich gerade in meinen Knien ereignet hat. Mein Herz ist voll Freude und Glück. Ich habe etwas scheinbar Unmögliches geschafft und das Gefühl bekommen, heute nach 12 Jahren voll von Schmerz und Leid soeben meinen persönlichen Mount Everest bestiegen zu haben. Meine Knie sind wieder heil!

      Was hat dies möglich gemacht? War es wirklich die geweihte Asche von Amma? Das wäre aber doch Zauberei. Ich weiß es nicht. Jedenfalls hat diese Substanz geholfen. Mehr bewirkt hat jedoch vermutlich die Begegnung


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