Tante Daffis Haus. Hannah Opitz

Tante Daffis Haus - Hannah Opitz


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      Die Wandlung

      Am nächsten Morgen war die Aufregung vom Abend davor schon verschwunden.

      Fröhlich stieg Luna aus ihrem Bett. Pfeifend zog sie sich an, es war aber noch viel Zeit, bis sie sich anziehen musste. Sie fühlte sich so glücklich. Doch dann fiel ihr wieder das Gezeter vom Vorabend ein.

      Was hatten ihre Mutter und ihre Großmutter nur vor ihr zu verbergen? Dass sie anders war als alle anderen? Das wusste sie doch schon. Vielleicht – hatte es ja was mit Elias zu tun, wer weiß? Oder hatte es nur mit Herrn Deroll zu tun gehabt?

      Herr Deroll – jetzt fiel es ihr wieder ein. Er war ja gefeuert worden. Schlagartig wandte sich ihre Stimmung dem Schlechten zu. Doch dann erinnerte sie sich daran, was ihre Großmutter gesagt hatte – Herr Deroll war ihr Vater!

      Luna wusste nicht, wie ihr geschah. Sie fühlte sich auf einmal – so erleichtert. Sie wusste, wer ihr Vater war, das war doch immerhin ein Fortschritt. Und er war viel netter als dieser eklige Henry.

      Bäh! Schon war Lunas Stimmung am Nullpunkt. Sie überlegte, ob ihr Lehrer wohl gewusst hatte, dass sie seine Tochter war? Vielleicht. Schon möglich, sonst wäre er vielleicht nicht immer so freundlich und verständnisvoll gewesen. Und wer weiß – vielleicht hatte er auch diese seltsame Gabe, die sie letztens entdeckt hatte und wusste deshalb, wie sie das wieder abstellen konnte? Vielleicht hatte sie es sogar von ihm geerbt!

      Mutig stolzierte Luna vor dem großen Spiegel in ihrer Schranktür auf und ab. Dann hielt sie inne und betrachtete sich.

      Sah sie ihm ähnlich?

      Ehrlich gesagt – sie konnte es kaum abschätzen. Scheinbar war ihre Mutter wohl dominanter gewesen, sie sah ihr wirklich erschreckend ähnlich. Nur ihre Augen – ihre Augen – aber, die hatte sie doch von weder noch! Erschrocken betrachtete sie ihre Augen etwas genauer. Dazu ging sie näher an den Spiegel heran.

      Mamas Augen waren eher golden, und manchmal, wenn Mama wütend war oder das Licht etwas seltsam auf ihr Gesicht schien, dann wirkten sie rot. Bei dem Gedanken überlief Luna ein Schauder. Doch dann besann sie sich.

      Welche Augenfarbe hatte noch mal ihr Vater? Ach, ja, türkis. Eine seltene Farbe, wie Luna fand. Aber manchmal schienen sie mehr grün und manchmal mehr blau zu sein, sodass sie sich im Moment gar nicht sicher war, welche seine richtige Augenfarbe war. Es machte sie traurig, dass sie ihn heute wahrscheinlich nicht sehen würde.

      Ja, das schon. Aber ihre Augen waren irgendwie eine Mischung aus den Augen ihrer Eltern. Sie waren bernsteinfarben, also eher so wie die von Mama. Aber sie hatten einen türkisfarbenen Ring, da, um das schwarze Loch rum. Und im Moment – hatten sie einen leichten, roten Schimmer.

      Verwirrt trat Luna von ihrem Spiegel weg und rieb sich die Augen. Das war zu seltsam für sie. Zu viel. Sie wusste noch nicht, was das zu bedeuten hatte, aber sie war sich sicher – irgendetwas bedeutete es.

      Luna hatte so lange darüber nachgedacht, dass sie gar nicht bemerkt hatte, wie die Zeit verflogen war.

      „Schatz, bist du schon wach?“, platzte ihre Mutter in ihr Zimmer rein.

      Luna erschrak. „Was? Ja, bin ich!“, stellte sie fest und schaute sie erstaunt an.

      „Sogar schon angezogen!“, fiel Clema auf.

      Luna nickte. „Ja, doch. Wenn ich schon mal wach bin“, nuschelte Luna.

      Ihr war leicht übel, als sie auf dem Weg in die Schule war. Wer wohl Herrn Deroll vertreten würde? Sie konnte es noch immer nicht fassen, dass sie der Grund dafür war, dass er gefeuert worden war. Traurig kam sie an der Schule an.

      Elias war so gemein wie sonst auch. Er bewarf sie mit Papierkügelchen und zog sie an den Haaren und beschimpfte sie.

      Aber heute war ihr das alles egal. Betrübt schaute sie dem neuen Lehrer dabei zu, wie er die Tafel beschrieb. Ihr war alles egal. Alles. Ihr war alles sogar so egal, dass ihr gar nicht auffiel, wie sich Elias über ihre Nicht-Reaktion mehr ärgerte, als wenn sie ihn beim Lehrer anschwärzte.

      Nach der Schule wurde sie deswegen von ihm noch einmal angesprochen.

      „Hey, Heulsuse!“, rief er und hielt sie davon ab, das Schulgelände zu verlassen.

      „Was willst du, Elias?“, fragte sie bitter.

      „Na, wohl traurig, dass dein geliebter Herr Deroll nicht mehr da ist, was?“, vermutete er grinsend.

      Ihr gefiel das nicht, wenn er so grinste. Dann plante er immer irgendetwas Unangenehmes.

      „Was meinst du damit?“, hakte sie deshalb misstrauisch nach.

      „Komm schon, dass weiß doch jeder, dass du in ihn verknallt bist!“, forderte er sie heraus.

      Darauf lief es also heraus. Er wollte sie damit ärgern. Und schon fing es an.

      Er rief: „Luna liebt Deroll, Luna liebt Deroll!“

      „Gar nicht wahr!“, schrie sie erbost.

      „Ach ja? Beweis es!“, erwiderte er und schaute sie herausfordernd an.

      Lunas Herz raste wie wild. Sie konnte kaum noch klar denken.

      „Er ist mein Papa, ist er und deshalb mag ich ihn!“, erklärte sie verwirrt, runzelte die Stirn und wandte sich dann weinend ab.

      „Jetzt verstehe ich, was mein Papa meinte!“, verkündete Elias.

      Luna wusste gar nicht, warum er so laut redete, die anderen Kinder waren längst weg. Dennoch wartete sie geduldig.

      „Er meinte, dass du noch nicht mal ein kleines, dreckiges Halbblut bist!“, erklärte er triumphierend.

      Luna schaute ihn verwirrt an. Was meinte er damit, Halbblut?

      „Na, er ist doch ein Halbblut. Und deine Mutter ist keine Ahnung was, aber nicht das, was wir sind und also bist du noch dreckiger als ein dreckiges Halbblut!“, erklärte er mit leuchtenden Augen.

      „Ich bin gar nicht dreckig, ich habe gestern erst geduscht!“, erwiderte Luna und wollte gehen.

      „Warte mal!“, rief er, als sie bereits ein paar Meter gelaufen war.

      „Was willst du? Meine Mama hat gesagt, ich soll mich von dir fernhalten, also geh weg!“, forderte Luna ihn auf.

      „Du – du weißt doch, was wir sind, oder?“, hakte er nach.

      Luna blieb wie angewurzelt stehen.

      „Nein, woher soll ich denn wissen, was dein Papa und du seid? Zwei gemeine Hyänen?“, erwiderte sie genervt.

      „Nein, ich – ich meine doch uns Beide“, erklärte er leise und in einem verschwörerischen Ton.

      Luna lief es eiskalt den Rücken runter. Jetzt sollte er also kommen. Der Moment der Wahrheit. Sie zitterte. Sie wollte es nicht wissen, das wurde ihr plötzlich klar. Nichts war mehr da in ihrem Kopf. Nichts. Nichts, außer dem Willen, jetzt schleunigst hier weg zu rennen. Nach Hause. Zu Mama.

      Dennoch schüttelte sie angespannt den Kopf. Er starrte sie fassungslos an.

      Dann erklärte er: „Naja, du weißt doch, unsere Prügelei auf dem Schulhof, wo wir uns ineinander verbissen haben.“

      Sie nickte. „Ja, was ist damit?“, wollte sie wissen.

      „Na, wir hatten doch beide ziemlich böse Fleischwunden, das hat zumindest die Krankenschwester dazu gesagt, die mein Papa zu Rat geholt hatte. Und – ist das bei dir eigentlich auch so schnell verschwunden?“, hakte er nach.

      Sie stutzte. Ja, das war es. Die Wunde war extrem schnell geheilt. Sie hatte nur noch eine hässliche Narbe.

      „Das liegt daran“, fuhr er seine Erklärung leise fort und kam ihr etwas näher, was sie mit gemischten Gefühlen wahrnahm, er flüsterte ihr nun nur noch ins Ohr, „dass wir beide Werwölfe sind.“

      Luna lief es eiskalt den


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