Beschuldigt. Rita Renate Schönig

Beschuldigt - Rita Renate Schönig


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Herr Fuchs ihn zu fassen bekam.

      „Brüderlich geteilt.“ Frank grinste. „Eins hatte ich schon gegessen.“

      „Ich bezahle Ihnen natürlich das Fischbrötchen und die Schweinerei beseitige ich auch gleich.“

      „Nicht nötig, Herr Fuchs. Das mache ich schon. Ich hatte heute Morgen ein leckeres Frühstück bei Ihnen, und dafür nahm Ihr Kater sein vorzeitiges Abendessen bei mir ein.“

      „So etwas hat der Lenin noch nie gemacht. Er scheint Sie zu mögen.“ Ein nachdenklicher Blick traf Frank Lehmann. „Sie kommen mir irgendwie bekannt vor.“

       Samstag / 13:25 Uhr

      Das Gemurmel ihrer Eltern, insbesondere aber die Worte sexuelle Belästigung und Anzeige ließen die Zwillinge auf der Treppe anhalten. Gebannt lauschten sie der weiteren Unterhaltung und konnten kaum glauben, was sie hörten. Erst als ihr Vater laut äußerte er würde herausfinden, was der Kerl im Schilde führt und das Schleifen eines Stuhlbeins hörbar war, schlichen sie schnell und leise aus dem Haus.

      „Ich werde dem gewaltig einheizen, wenn der meint, unsere Familie ...“

      „Du hörst dich an wie unser Alter“, unterbrach Pauline ihren Bruder. „Lass uns doch erst mal hören, was er zu sagen hat. Kann doch sein, dass sein Auftauchen hier gar nichts mit Mama zu tun hat.“

      „In welchem Universum lebst du?“, fauchte Julian. „Warum sonst sollte er hier sein, nach all den Jahren? Vielleicht ist er pleite und will uns erpressen.“

      „He ...? Du tickst doch nicht ganz richtig. Wenn er wirklich Geld will, hat er bei uns schlechte Karten. Unsere Eltern kommen gerade mal so über die Runden.“

      „Stimmt auch wieder“, nickte Julian und dachte an die Handys und iPads, die auf dem Dachboden der Schule in einem Karton lagen. Sollte er selbst für Abnehmer sorgen? Zwangsläufig bedeutete das aber Ärger mit Till.

      Mittlerweile waren sie am Spielplatz gegenüber dem Kloster angekommen. Pauline zupfte ihren Bruder am Ärmel. „Komm, da vorn ist er.“

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      Nach einem Spaziergang durch den Klostergarten – Frank hatte sich auf eine der Bänke gesetzt und sich die Sonne ins Gesicht scheinen lassen – setzte er seinen Weg zum Treffpunkt mit den Zwillingen fort. Jetzt war er sich nicht mehr sicher, ob er ihnen die Geschichte erzählen sollte.

      Die Tür zur Noth-Gottes-Kapelle stand offen und er trat ein. Sofort umgab ihn Kühle und umgehend setzten die Kopfschmerzen ein. Seit etwa zwei Wochen stellte er fest, dass Wärme ihm guttat, während Kälte stechende Schmerzen verursachte. Musste mit dem Scheiß Tumor zusammenhängen. Vielleicht hätte ich meine letzten Tage in Italien oder Spanien verbringen sollen.

      Er verließ die Kapelle wieder und setzte sich rechts nebenan auf eine der Bänke und schluckte eine Tablette. Noch bis vor einigen Wochen vermied er Arzneimittel, wenn immer es möglich war. Jetzt konnte er ohne sie nicht mehr leben. Erneut erwischte er sich bei dem Gedanken an eventuelle Spätschäden. Typisch für dich, alter Knabe. Er schaute zur Marienfigur, die hinter einer Glasscheibe in die Steinwand der Friedhofsmauer eingelassen war. Hl. Jungfrau der Armen, war auf der Tafel zu lesen.

      Er erinnerte sich, dass der gütige Ausdruck in dem Madonnengesicht ihn schon als Kind faszinierte und er oft davor gestanden hatte. Sollte er mal wieder in die Kirche gehen, oder zumindest anfangen zu beten? Viel Zeit bleibt mir nicht mehr, dachte er, als die Zwillinge durch das Friedhofstor kamen.

      Julian stürmte direkt auf ihn zu. „Wir wissen alles“, schnaubte er und baute sich, wie am Tag zuvor, vor Frank auf.

      „Was wisst ihr?“

      „Na alles.“

      „Und was wollt ihr dann noch von mir?“

      „Dass du unsere Mutter in Ruhe lässt! Gib es zu: Du bist wegen ihr in Seligenstadt!“

      „Wie kommt ihr darauf, dass ich wegen eurer Mutter ...?“

      „Weil du Geld von uns erpressen willst?“, unterbrach Julian ihn mit grimmigem Gesichtsausdruck.

      Frank Lehmann seufzte. Er kam nicht um das Gespräch herum. „Setzt euch. Es lässt sich besser reden.“ Er deutete auf die Bank gegenüber. „Eure Mutter hat euch also erzählt, was damals vorgefallen ist?“

      „Ja, hat sie“, antwortete Julian.

      „Also nicht direkt. Eher ... unserem Vater“, ergänzte Pauline.

      „Aha. Demnach habt ihr gelauscht?“

      „Is doch total scheißegal.“ Julian tigerte noch immer auf und ab, blieb dann aber vor Frank stehen und fragte: „Hat sie damals wirklich gelogen? Und wenn ja: Weshalb hast du die Fliege gemacht, anstatt ...?“

      „Was? Es zum Prozess kommen lassen?“ Frank schüttelte den Kopf. „Es gab so schon genug Aufsehen. In einem Ort wie diesem spricht sich eine solche Anschuldigung wie ein Lauffeuer herum. Ihr könnt euch doch überhaupt nicht vorstellen, wie es ist, unschuldig an den Pranger gestellt zu werden, nur weil ... Egal, das ist Schnee von gestern und deshalb bin ich auch nicht hier.“

      „Warum dann?“, bohrte Pauline weiter.

      „Weil ...“ Nein, er würde den beiden den eigentlichen Grund seiner Rückkehr nicht verraten. „Weil ich einfach Sehnsucht nach meiner Heimatstadt hatte. Mein Besuch hier hat absolut nichts mit eurer Mutter zu tun. Das kann ich euch versprechen und das muss euch genügen.“

      Die Zwillinge sahen sich an. Die Erleichterung stand ihnen ins Gesicht geschrieben.

      „Trotzdem gehst du Papa am besten aus dem Weg“, sagte Pauline. „Wenn der sauer ist, willst du nicht in seiner Nähe sein, glaubs mir.“

      Frank nickte. „Jetzt habe ich auch eine Frage: Wisst ihr zufällig, wo sich eure Freunde Marco und Till gestern Abend aufgehalten haben?“

      „Hä? Nö, wissen wir nicht“, erwiderte Julian. „Warum?“

      „Ach nur so. Hätte ja sein können, dass ihr zusammen etwas unternommen habt.“

      Die Zwillinge verschwanden durch das Friedhofstor und Frank spazierte durch die Grabreihen. Dabei überlegte er, ob er sich hier nicht schon mal einen Platz reservieren solle. Er wollte aber eingeäschert und in einem dieser unbekannten Gräber bestattet werden. Nur hatte er auf dem alten Friedhofsgelände keine solche Möglichkeit entdecken können, weshalb er den Weg zum neuen Friedhof einschlug, der auf der anderen Seite des Parkdecks lag.

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      „Scheiße“, äußerte Pauline und machte ihren Bruder auf Till und Marco aufmerksam, die ihnen entgegenkamen. „Ich hab jetzt keinen Bock auf die. Wimmel sie ab.“

      „Und wie?“

      Drei Sekunden später standen die Zwillinge den beiden gegenüber.

      „Ich hab einen Abnehmer für zwei Handys und ein Tablet. Ihr trefft euch mit dem heute achtzehn Uhr an der Fähre“, befahl Till.

      „Wieso wir? Weshalb machst du das nicht selbst?“, protestierte Pauline.

      „Weil ich es sage und weil wir anderes zu tun haben.“ Er gab Marco eine High-Five. Der grinste dämlich und fragte: „Ihr wisst nicht zufällig, wo dieser Arsch sich verkrochen hat?“

      Die Geschwister wussten sofort, wen er meinte, und schüttelten die Köpfe.

      „Lass den doch. Der hat doch eh kein Peil.“

      „Was geht en bei dir ab?“ Marco richtete seinen glasigen Blick auf Julian. „Der Meister braucht einfach noch eins auf die Fresse“, setzte er nach und tänzelte zappelig auf der Stelle.

      Bestimmt


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