Seelenmalerin. Ana Marna

Seelenmalerin - Ana Marna


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brüllte einer der Kerle zu ihr hoch. „Na warte. Ich werd dir die Haut in Streifen runterschneiden.“

      „Stell dich hinten an“, flüsterte Hannah und packte das Gewehr wieder fester. Als sie vorsichtig nach ihren Verfolgern spähte, war niemand zu sehen.

      Sie sank zurück und starrte den jungen Hund an.

      „Verschwinde“, flüsterte sie. „Du kleiner Dummkopf, hau ab und versteck dich.“

      Der Hund winselte und drückte sich an sie. Hannah schob ihn grob zurück.

      „Hau ab!“ Ihre Stimme klang kratzig, aber bestimmt. Wieder schubste sie ihn fort. „Du versteckst dich sofort!“

      Erneut winselte er, aber als sie nach einem Stein griff und ihm damit drohte, klemmte er den Schwanz ein und kroch auf das nächste Gebüsch zu.

      Hannah legte das Gewehr zur Seite und griff nach ihrem Messer. Sie schob es neben sich unter einen niedrigen Strauch und zog dann die Pistole aus dem Gürtel. Nachdenklich betrachtete sie die Schusswaffe. Sie hatte bis zum heutigen Tag noch nie eine Waffe auf ein Lebewesen gerichtet. Die Vorstellung, so etwas zu tun, war so weit weg gewesen, dass ihr das Ganze immer noch wie ein böser Traum vorkam. Aber so wie diese Wilderer drauf waren, würde ihr wohl nichts anderes übrigbleiben. Sie rechnete nicht damit, diesen Alptraum zu überleben, aber zumindest würde sie versuchen, ihr Leben teuer zu verkaufen.

      Sie entsicherte die Pistole und wartete.

      „Hallo Miststück.“

      Die Stimme klang so nahe an ihrem Ohr, dass sie mit einem erschrockenen Schrei herumfuhr. Bevor sie die Pistole heben konnte, wurde sie ihr aus der Hand geschlagen. Eine grobe Hand umfasste ihren Hals und drückte sie zu Boden. Vor ihren Augen blitzte ein beängstigend scharfes Messer.

      „Du verdammte Hure“, zischte er. Sie erkannte den Sprecher, der sie als Erster mit seinem Gewehr bedroht hatte. „Dass du Joe so zugerichtet hast, war ein Fehler. Der ist nämlich zufällig mein bester Freund. Ich schätze, ich werde mir wirklich Zeit lassen, dich zu zerlegen.“

      Hannah stöhnte laut auf, als er sich auf ihre Beine setzte, ohne ihren Hals loszulassen. Er riss das Messer hoch und rammte es mit aller Gewalt in ihre linke Schulter, so dass es im Boden stecken blieb.

      Der Schmerz raubte Hannah beinahe die Sinne. Wimmernd wand sie sich unter ihrem Peiniger. Er ließ das Messer los und zog ein zweites heraus. Mit einem gehässigen Grinsen fuhr er mit der Klinge unter ihren Hosenbund und schnitt gewaltsam den Stoff durch. Brutal zerrte er ihr die zerschnittene Jeans von den Beinen.

      Hannah schrie vor Schmerz. Die Klinge fixierte sie immer noch am Boden und jeder Ruck jagte neue Schmerzkaskaden durch ihre Schulter. Die Qual in ihrem Bein ging dabei fast unter. Nur verschwommen nahm sie wahr, wie er an seinem eigenen Gürtel hantierte.

      Ihre rechte Hand tastete zur Seite. Als sie den Messergriff spürte, krampften sich ihre Finger entschlossen um ihn.

      Mit einem weiteren Schrei schwang sie den Arm mit all ihrer verbliebenen Kraft auf ihn zu. Er war noch mit seiner Hose beschäftigt und sah die Klinge beinahe zu spät.

      Fluchend versuchte er, sie abzuwehren, und das Messer traf ihn im Unterarm. Mit einem wütenden Schrei warf er sich zurück und hielt sich den Arm.

      „Du verdammte Schlampe“, heulte er auf.

      Ein Schatten fiel auf Hannah. Ehe sie reagieren konnte, kam ein schwerer Stiefel auf sie zugeschossen und trat ihr das Messer aus der Hand, bevor er ihren Arm an den Boden nagelte. Ihr zweiter Verfolger stand über ihr und blickte mit einer Mischung aus Zorn und Erregung auf sie herunter. Sein Gewehr zielte auf ihr Gesicht. Der Verletzte stand inzwischen auf den Beinen und packte wieder sein Messer.

      „Ich werde dir zeigen, was man mit einem Messer so alles abschneiden kann“, zischte er. „Vielleicht fange ich am besten mit deinen Händen an.“

      Hannah sah hilflos zu, wie er sich ihr wieder näherte.

      Niemals zuvor hatte sie eine solche Angst und Panik in sich verspürt.

      Der Schatten kam lautlos aus dem Nichts gesprungen und verbiss sich im Hals des Mannes. Durch den Nebel aus Schmerz und Blut sah sie einen riesigen schwarzen Wolf, der den Wilderer zu Boden warf und ihm die Kehle aufriss.

      Wieder schoss der Schmerz durch ihre Schulter, als ihr anderer Arm verdreht wurde. Ihr Blick irrte zu dem zweiten Mann, der seinen Stiefel von ihrem Handgelenk genommen hatte und blieb an dem riesigen Messer hängen, das tief im Hals des Wilderers steckte. Mund und Augen weit aufgerissen, röchelte er vor Schmerz und Entsetzen. Hinter ihm stand ein riesiger Mann und hielt seinen Kopf an den Haaren gepackt. Mit einer kurzen Bewegung drehte er das Messer herum und zog es dann heraus. Mit einem gurgelnden Laut kippte der Wilderer zu Boden. Der Hüne trat ihn mit dem Fuß zur Seite und säuberte sein Messer ungerührt am Hemd des Schwerverletzten.

      Hannah konnte den Blick kaum von dem zuckenden Mann lösen. Er ertrank in seinem eigenen Blut.

      Wieder glitt ihr Blick zu dem anderen Wilderer. Der Wolf stand noch über ihm und seine Kiefer rissen mit einer solchen Entschlossenheit an dem Fleisch, dass das Blut in dicken Fontänen zur Seite spritzte. Übelkeit wallte wieder in ihr hoch und sie musste all ihren Willen aufbringen, um sich nicht zu übergeben.

      Erst als die Schreie seines Opfers verklangen, ließ der Wolf von ihm ab und wandte sich Hannah zu. Er war über und über mit Blut bedeckt, ebenso wie der Boden und Hannah.

      Hannahs Atem ging in hektischen Stößen, und sie nahm ihn nur noch schemenhaft wahr. Als er über ihr stand, hob er den Kopf und stieß ein markerschütterndes Heulen aus, das ihr durch und durch ging. Dann senkte er den Kopf und blies ihr seinen Atem ins Gesicht. Er roch nach Blut und rohem Fleisch. Hannah schloss die Augen.

      Ein Winseln ließ sie diese wieder aufreißen. Langsam drehte sie den Kopf und sah den jungen Hund aus dem Gebüsch kriechen. Der Wolf sah ihm ebenfalls entgegen und stieß ein leises Grollen aus. Der Hund fiepte, kroch aber trotzdem weiter auf sie zu, bis er Hannah erreicht hatte und den Kopf unter ihre linke Hand geschoben hatte. Dort blieb er zitternd liegen.

      Hannah war nicht einmal in der Lage, ihn beruhigend zu kraulen. Jede Bewegung ihrer Hand jagte erneut flammende Schmerzen in ihre Schulter.

      Langsam trat der Wolf zurück und blieb zu ihren Füßen stehen. Seine grünen Augen fixierten sie mit einer Intensität, die ihr Gänsehaut verursachte. Sie blinzelte irritiert.

      Irgendwie kamen ihr diese Augen bekannt vor. Aber das war ja Blödsinn.

      Wieder fiel ein Schatten über sie, als der fremde Mann nähertrat. Er war beeindruckend groß und trug Tarnkleidung. An seinem Hals ringelten sich bizarre Tattoos, ebenso an den muskulösen nackten Armen.

      Viel beängstigender aber war seine Bewaffnung. Mehrere Messer steckten in einem breiten Ledergürtel, ebenso mindestens zwei Pistolen und auf seinem Rücken hing ein schweres Gewehr, das deutlich gefährlicher aussah als das kümmerliche Jagdgewehr, welches sie erbeutet hatte.

      Seine grünschillernden Augen fixierten sie und verursachten ihr die gleiche Gänsehaut wie der Wolf.

      Als der Junghund erneut winselte, warf ihm der Riese einen ärgerlichen Blick zu.

      „Sei still, Welpe!“

      Seine Stimme war leise und hörte sich eher wie ein warnendes Grollen an. Der Kleine verstummte schlagartig und drückte sich wieder platt auf den Boden.

      Der Mann packte ihn am Nackenfell. Kurz untersuchte er seine Wunde und warf dabei einen kurzen Blick auf Hannah. Dann schob er den Welpen zur Seite, in Richtung des Wolfes.

      Er kniete neben Hannah nieder und sah ihr in die Augen.

      „Das wird jetzt unangenehm“, meinte er und legte seine große Hand auf ihren Mund. Ehe Hannah begriff, was er vorhatte, fixierte er ihren Brustkorb mit dem Knie und packte den Messergriff. Mit einer schnellen Bewegung zog er das Messer heraus. Hannah verdrehte die Augen und lehnte sich gegen sein Gewicht auf. Dann verlor sie das


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