Drei russische Märchen. Alexander Puschkin

Drei russische Märchen - Alexander Puschkin


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      LUNATA

Drei russische Märchen

      Drei russische Märchen

      © 1828 Alexander Puschkin

      Aus dem Russischen von Friedrich von Bodenstedt

      und Friedrich Fiedler

      Umschlagbild: Ellen Favorin

      © Lunata Berlin 2020

      Inhalt

       Märchen vom Fischer und dem Fischlein

       Märchen vom Zaren Saltan

       Märchen von der toten Zarentochter und den sieben Recken

       Über den Autor

      Märchen vom Fischer und dem Fischlein

      Lebte einst mit der Alten ein Alter

      am Ufer des blauen Meeres;

      eine Erdhütte war ihre Wohnung,

      drin sie dreiunddreißig Jahre hausten.

      Mit dem Sacknetz fing Fisch der Alte,

      die Alte saß spinnend am Spinnrad.

      Einstmals warf er sein Sacknetz ins Meer aus –

      doch nur Schlamm zog das Netz ans Ufer;

      wieder warf er das Sacknetz ins Meer aus –

      doch nur Seegras brachte das Sacknetz;

      und zum dritten Mal warf er das Netz aus –

      sieh, da brachte das Netz ihm ein Fischlein,

      ein gar seltenes Fischlein, ein goldnes.

      Da flehte das goldene Fischlein

      und sprach mit menschlicher Stimme:

      »Laß mich, Alter, zurück in die Meeresflut,

      will dafür dir ein Lösegeld zahlen:

      Wie du's selber bestimmst, will ich's zahlen.«

      Staunen faßte den Alten und Schrecken:

      Dreiunddreißig Jahr lang fing er Fische

      und hörte doch nie einen sprechen.

      Er ließ frei das goldene Fischlein,

      sprach zu ihm die freundlichen Worte:

      »Gott sei mit dir, du goldenes Fischlein!

      Deines Lösegelds nimmer bedarf ich;

      tauch zurück in die blauende Meerflut

      und ergehe dich lustig im Freien!«

      Heim zur Alten ging wieder der Alte

      und erzählte vom Wunder, dem großen:

      »Heute hatt ich ein Fischlein gefangen,

      ein gar seltenes Fischlein, ein goldenes;

      so wie wir sprach das goldene Fischlein,

      bat, nach Hause, ins Meer es zu lassen,

      wollte mir ein Lösegeld zahlen,

      wie ich selber es sollte bestimmen,

      ich mochte kein Lösegeld nehmen,

      ließ umsonst in die Meerflut das Fischlein.«

      Doch da schalt die Alte den Alten:

      »Ach, du Erznarr, du alberner Tölpel!

      Warum hast du kein Lösegeld genommen?

      Einen Trog hättest du sollen verlangen,

      da der unsere längst schon geborsten!«

      An das blauende Meer ging der Alte –

      sieh, da kräuselte leicht sich die Fläche.

      Er rief laut nach dem goldenen Fischlein,

      und es kam das Fischlein und fragte:

      »Sprich, Alter, was willst du haben?«

      Und der Alte verneigt sich und bittet:

      »Hab Erbarmen, allmächtiges Fischlein!

      Meine Alte, die schilt mich und zankt mich,

      läßt mich Alten daheim nicht in Ruhe:

      Sie begehrt einen Trog, einen neuen,

      da der unsere längst schon geborsten.«

      Antwort bietet das goldene Fischlein:

      »Sei getrost, geh mit Gott deines Weges!

      Einen neuen Trog sollt ihr haben.«

      Heim zur Alten kehrt der Alte –

      sieh, der neue Trog war zur Stelle!

      Doch noch ärger schalt ihn die Alte:

      »Ach, du Erznarr, du alberner Tölpel!

      Warst so dumm, einen Trog zu begehren!

      Welchen Nutzen kann bringen ein Trog mir?

      Geh zurück, du Narr, zu dem Fischlein,

      verneig dich und bitt um ein Häuschen!«

      An das blauende Meer ging der Alte

      – war das blaue finster geworden –,

      er rief laut nach dem goldenen Fischlein,

      und es kam das Fischlein und fragte:

      »Sprich, Alter, was willst du haben?«

      Und der Alte verneigt sich und bittet:

      »Hab Erbarmen, allmächtiges Fischlein!

      Ärger schilt nur und zankt mich die Alte,

      läßt mich Alten daheim nicht in Ruhe:

      Gar ein Haus will die Keiferin haben!«

      Antwort bietet das goldene Fischlein:

      »Sei getrost, geh mit Gott deines Weges!

      So sei's denn, ein Haus sollt ihr haben!«

      Heim zur Erdhütte kehrte der Alte,

      aber diese ist spurlos verschwunden.

      Vor ihm steht ein Häuschen mit Erkern,

      mit getünchtem Schornstein aus Ziegeln,

      vorn – ein Tor von behobelten Eichen.

      Die Alte sitzt vor dem Fenster:

      Was das Zeug hält, schilt sie den Alten:

      »Ach, du Erznarr, du alberner Tölpel!

      Warst so dumm, nur ein Haus zu begehren!

      Geh zurück zu dem Fischlein und sag ihm:

      Eine Bäuerin will ich nicht bleiben,

      eine Edelfrau will ich nun werden!«

      An das blauende Meer ging der Alte

      – es wogte und brauste die Fläche –,

      er rief laut nach dem goldenen Fischlein,

      und es kam das Fischlein und Fragte:

      »Sprich, Alter, was willst du haben?«

      Und der Alte verneigt sich und bittet:

      »Hab Erbarmen, allmächtiges Fischlein!

      Immer ärger treibt's meine Alte,

      läßt


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