Die Pueblo-Kulturen. Werner-Wolf Turski

Die Pueblo-Kulturen - Werner-Wolf Turski


Скачать книгу
bis 1,6 m und im oberen Bereich bis 1,2 m Durchmesser aufwiesen. Es gab natürlich auch kleinere Gruben. Der zu bevorratende Nahrungsstoff befand sich meist in keramischen Gefäßen. Die Grube wurde nach der Einlagerung der Vorratsgüter an der Oberfläche weitgehend luftdicht versiegelt. Es gab Vorratsgruben in den und außerhalb der Grubenhäuser. Im Haus waren Plätze neben dem Eingang bevorzugt. In der klassischen Zeit waren in dem Compounds aber keine Vorratsgruben mehr anzutreffen, was auf eine Einlagerung von Nahrungsstoffen in den übertägigen Adoberäumen hinweist. Wegen der durch den Bodenbau ermöglichten zweimaligen Ernte und den Sammel- und Erntemöglichkeiten in Randbereichen der bewässerten Flächen und in anderen Biotopen waren die erforderlichen Vorräte geringer als in Bereichen mit weniger ergiebigem Bodenbau wie zum Beispiel bei den Anasazi auf dem Colorado Plateau mit nur einer Bodenbausaison.

      Abfallhaufen/Abfallmounds: Abfallhaufen gehören nicht zur formalen hausgebundenen Architektur, sondern sind ein direktes Ergebnis häuslich-wirtschaftlicher Aktivitäten. Der anfallende Abfall wurde immer auf einem dicht bei der Niederlassung gelegenen bestimmten Platz abgelegt. Durch die Jahrhunderte lange Nutzung entstanden Aufhäufungen bis über 2 m. Ein freigelegter Abfallmound des Pueblo Grande (Es wurden drei große und viele kleine gefunden.) hatte eine Grundfläche von 36 x 50 m und eine Höhe von 2,5 m.

      Um von diesen Müllanhäufungen ausgehende Schädlinge und Gerüche einzugrenzen, wurden aufgehäufte organische Materialien manchmal verbrannt und die Haufen selbst danach mit sauberem Sand abgedeckt. Die Abdeckung erfolgte aber auch mit Schlamm/Adobematerial (aus Lehm und/oder Caliche). Durch (unvollständige) Verbrennung und die anschließende Abdeckung wurden auch leicht vergängliche Stoffe relativ gut konserviert, so dass auf Grund des zeitabhängigen Schichtenaufbaus und der Inhaltsstoffe solche Abfallhügel zu den ergiebigsten Fundstätten/Wissensquellen für die Archäologen wurden. Im Trash Mound No.2, einem großen Abfallmound von Pueblo Grande, wurde auch die einzige Kupferschelle aus dieser Niederlassung gefunden.

      Der Fakt des Materialanhäufens und der Abdeckung dieses Haufens soll – nach Meinung einiger Archäologen – zur Idee des Baus von Plattformmounds geführt haben. Andere Archäologen sehen im Plattformmound eine von Mesoamerika eingeführte Idee.

      Neben der Errichtung von Hausbauten aus organischem, leichtvergänglichem Material und später (ab 1100/1150 u.Z.) aus Adobe und Caliche und in den peripheren Bereichen auch aus Steinmauerwerk, waren die Hohokam vor allem Erdbauspezialisten. Der Erdaushub begann bei der Herstellung der flachen Gruben für die Errichtung der Grubenhäuser und tiefen Vorratsgruben, wurde größer bei der Einrichtung von Gruben (Brunnen/Wells) bis in die Grundwasser führende Bodenschicht, steigerte sich bei der Gestaltung von Wasserreservoiren in ihren Wüstendörfern fernab von Flussläufen, kulminierte im Kanalbau und der Kanalinstandhaltung und fand seinen Ausdruck bei der Gestaltung der als „Ballspielplätze“ bezeichneten Zeremonialräume/-flächen. Immer wurde als bautechnisches Ziel eine Vertiefung gegraben und in Folge das ausgehobene Erdmaterial aufgewallt. Grube und Wall waren eine technische und gestalterische Einheit, die über die gesamte hier genannte Gestaltungsreihe auf die gleichen Arbeitserfahrungen zurückgriff. Erst als der Aufbau von Plattformmounds und Adobe- und/oder Calichehäusern auf der Erdoberfläche das bautechnische Ziel wurde, waren die bei der Gewinnung von Erdstoffen und Steinen zwangsläufig entstehenden Gruben ein technisches Nebenprodukt ohne direkten Nutzeffekt. Für die Ausschachtungsarbeiten benutzten die Hohokam Grabstöcke, Steinhacken, Steinäxte, ggf. Scherben und Körbe.

      3.1.6.2. Die Bewässerungskanäle

      Die Bewässerungskanäle als Einzelerdbauwerk als auch ihre Gesamtheit als System sind ebenso wie das erfolgreiche Betreiben dieses Systems über viele Jahrhunderte das eindrucksvollste Merkmal der Hohokam-Kultur und nördlich von Mesoamerika in ihrer Größe einmalig. Die bis jetzt bekannten Längen der Hauptkanäle betragen mehr als 800 km. Diese Zahl ist aber sicher nicht endgültig. Die größte offene Breite der Kanäle liegt bei 25 bis 26 m, die größte Tiefe bei 6,1 m. Die Kanäle hatten einen trapezoiden, U- oder V-förmigen Querschnitt. Einige waren mit Ton ausgekleidet. Wenn die Standsicherheit der Kanalwände es gestattete, wurden die Kanäle tief (bis zu 2 m) und schmal (1,5 bis 3 m breit) angelegt, was auch die Erdaushubmenge bei dem dann schweren Boden reduzierte. Sie boten somit der Sonne auch eine relativ geringe Verdunstungsfläche. Die Bewässerungssysteme waren für die Zuführung und Kontrolle von Wasser geschaffen und reduzierten durch eine breitere Verteilung der anströmenden Wassermassen unbeabsichtigt auch die flutbedingte Erosion. Sie umfassen: Kanäle, Einlaufbauwerke, Grabenstaudämme, Ablenkungsdämme und Schleusentore. Praktisch alle genannten Anlagen sind Belege für einen flächenmäßig sich allmählich erweiternden Bodenbau. Es existierte eine regionale Vielfalt bei der Verwendung dieser Anlagen je nach den lokalen Bedingungen. Unabhängig von diesen Wasserkontrollanlagen gab es aber auch Brunnen und Wasserreservoire, die durch Kanalzuflüsse und/oder Grundwasser gespeist worden waren.

      Die Entwicklung der prähistorischen Bewässerung im Salt und Gila River Valley erfolgte über die Menschen, die um die Zeitenwende im Salt und Gila River Valley die ersten kleinen Weiler entlang der Terrassen über dem Fluss erbauten. Über sie ist wenig bekannt. Sie schienen bereits sesshafte Bodenbauer gewesen zu sein, die ihre Anbauflächen entlang der Flussufer bestellten. Sie nutzten vermutlich die Technik des Flutwasserbodenbaus und bepflanzten die feuchten Böden in den Überschwemmungsbereichen, die das Frühjahrshochwasser der Flüsse außerhalb ihrer Ufer schuf. Möglicherweise schon um 50 u.Z. nutzten diese frühen Bewohner die neue Technologie der Kanalbewässerung zur Erweiterung ihrer Anbauflächen und möglicherweise auch als ein territoriales Ausweichen auf durch Überschwemmungen weniger beeinflusste/gefährdete Gebiete mit besser berechenbarem Wasserhaushalt.

      Diese Bodenbautechnologie wurde letztendlich die wirtschaftliche Grundlage dieser prähistorischen Kultur des südlichen Arizona, die als Hohokam bezeichnet wurde. Die Kanalbewässerung wurde bereits früher von Völkern eingesetzt, die entlang der Flüsse und kleinen Wasserabläufe in Mexiko lebten. Ihre Kanalsysteme erreichten aber nie die Größe und die Qualität der Hohokam-Kanalsysteme, dafür waren nicht die ökologischen Bedingungen vorhanden. Die frühesten Bewässerungssysteme der Hohokam waren sicher kleine Kanäle nah am Fluss und/oder seinen Überflutungsflächen gelegen. In dieser Position waren die frühen Kanäle besonders empfindlich gegen die zerstörerischen Einflüsse von Überschwemmungen, was ihren archäologischen Nachweis ungemein erschwert. Im Tucson-Gebiet, am Santa Cruz River, wurden aber die frühesten kleinen Kanäle auf 1200 v.d.Z. datiert, weit vor der Hohokam-Kultur. Der Tucson/Santa Cruz-Bereich ist ein weiteres bedeutendes Gebiet, wo die Hohokam mittels eines umfangreichen, aber kleineren Irrigationssystems als im Phoenix/Salt-Gila-Bereich, Bewässerungsbodenbau betrieben. Dieser Raum ist archäologisch aber noch nicht so intensiv untersucht wie der Phoenix-Raum. Weitere Kanalsysteme waren auch im Verde River Valley und im Gebiet des San Pedro River gebaut worden.

      Irgendwann zwischen 600 und 700 u.Z. gestalteten die Hohokam die ersten großen Kanäle, die der Lage waren, der oberen, zweiten Terrasse des Salt River große Wassermengen zuzuführen. Bis zur frühen Kolonialperiode (700 bis 900 u.Z.) wurden große integrierte Kanalsysteme auf der Nord- und der Südseite des Flusses aufgebaut. Diese Kanäle waren in ihrer Größe und Reichweite oft monumental. Ihr Maximum erreichten sie wahrscheinlich zwischen 1200 bis 1250 u.Z.

      Im unteren Salt River Valley wurden über 480 km Hauptkanäle und 1120 km Verteilungskanäle identifiziert. Das System 1 geht ostwärts zur heutigen Stadt Tempe, das System 2 ist die westwärts vom Salt River von Pueblo Grande führende Kanalgruppe im Phoenix-Gebiet. Desweiteren gibt es das Scottsdale Canal System und das Lehi Canal System und weitere kleinere, unbenamte Systeme. Die folgenden Aussagen fußen im Wesentlichen auf dem System 2 im Phoenix-Gebiet. Dort gibt es ca. 50 Hauptkanäle aus der Zeit zwischen 550 bis 1450 u.Z. Neun dieser Hauptkanäle waren irgendwann einmal eine Zeit lang aktiv. Sie folgten sehr gut den Konturen der Senken. Die Längen der einzelnen Kanäle differierten sehr stark, die meisten waren von ihrem Einlauf her 19,2 bis 25,6 km lang. (Der längste bekannte Hohokam-Kanal erstreckte sich über eine Länge von 32 km von Pueblo Grande aus bis zum heutigen Glendale.) Im Phoenix-Bereich gab es mindestens 15 große Dörfer und zahlreiche kleine Siedlungen.


Скачать книгу