nur Tod und Verderben. Nicole Heuer-Warmbold

nur Tod und Verderben - Nicole Heuer-Warmbold


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      Rasch erhob sich Davian. „Bin noch nicht dazu gekommen, ich …“

      „Nein, bleibt ruhig. Sitzen.“ Domallen lächelte unterdrückt und stand auf, trat zur Tür, um mit einem der Gardisten auf dem Flur zu reden. „Mitunter … schätze ich Gesellschaft beim Essen.“

      „Wenn ’s die richtige ist.“

      „Das versteht sich von selbst. Auch ein Glas Branntwein?“

      „Einen kleinen Schluck. Hab ’ne lange Nacht vor mir.“

      Domallen nickte nur und schenkte ein, einen Finger breit, reichte ihm das Glas. „Ich werde ihr nichts sagen können, keinen Hinweis, keine Nachricht, nichts, es …“

      „Das ist mir klar.“ Zumindest würde Mara wissen, dass er lebte, auch wenn das nur ein schwacher Trost war. „Ich möchte nicht an Eurer Stelle sein, wenn sie es erfährt, mein König.“

      „Nee.“ Kalt grinsend hob Domallen sein Glas. „Auf die Zukunft, Hauptmann.“

      „Auf die Zukunft. Wozu eine Waffe schmieden, wenn man sie nicht zieht.“

      Wieder musterte Domallen ihn eindringlich, bevor er trank. „Ihr seid ein harter Mann, Davian.“

      Seine Antwort bestand aus einem Achselzucken, dann nahm er einen Schluck, genoss das Brennen, die Hitze, die sich in Kehle, Hals und Magen ausbreitete. Stürzte den Rest in eins hinunter und bemerkte Domallens fast schon lauernden Blick. Spürte die steigende Spannung, genoss sie. „Wird gesagt.“

      Er rührte sich nicht, beobachtete Domallen ungeniert; es war dessen Zug, er hatte ihn aufgefordert zu bleiben, und kaum aus bloßer Höflichkeit. Doch Domallen schwieg grimmig, bis das Essen gebracht wurde und die beiden Gardisten sich zurückgezogen hatten. „Gibt nicht viele Themen, über die wir gefahrlos reden können.“

      „Gefahrlos?“

      Domallen hob andeutungsweise die Schultern. „Ihr droht mich doch zusammenzuschlagen, wenn ich nur ihren Namen falsch betone.“

      „Kaum. Ihr seid mein König.“

      „Euer König? Ich glaubte immer, mein …“

      „Die Zeiten ändern sich. Ihr seid der Winterkönig, Domallen, habt erfolgreich die erste Schlacht des Krieges geschlagen.“

      „Kein verweichlichter kleiner Schisser mehr?“

      Amüsiert schüttelte Davian den Kopf und setzte sich wieder. „Das habe ich gesagt?“

      „Ist schon lange her.“

      „Etwa damals auf Jons Hof?“ Er verzog das Gesicht. „Nun, die Zeiten haben sich tatsächlich geändert.“

      „Ja?“

      Davian lehnte sich bequem im Sessel zurück und streckte die Beine aus. „Ihr seid mächtig gewachsen. Hoheit. Ein in jeder Hinsicht würdiger Winterkönig.“

      „Ach ja?“ Mit wilder Miene wandte sich Domallen zu ihm um. „Warum habe ich dann …“

      „Weil Ihr zu viel denkt.“ Abrupt sprang Davian auf, was hatte er noch zu verlieren, legte ihm fest die Hand in den Nacken und küsste ihn unbeherrscht. „Überlegt es Euch, Domallen. Wer weiß, ob Ihr noch mal die Gelegenheit bekommt.“

      „Ihr seid ja …“

      Davian grinste kalt, lockerte aber seinen Griff nicht. „So wird gesagt.“

      (368. Tag + 6; Anfang Monat Frühjahrstagundnachtgleiche)

      Kapitel 4 – Soltan, …

      Etwas … stimmte nicht, fühlte sich ganz und gar falsch an. Dann zwang ein schneidender Schmerz Lucinda in die Knie, sie konnte einen Aufschrei nicht unterdrücken. Schämte sich ob der Aufmerksamkeit der Passanten, die gleich ihr und Joles, Ninas älterem Sohn – Nina hatte ihre beiden Jungen, die für Trubel, Leben und eine gewisse Lautstärke im Haus sorgten, nun doch in die Stadt geholt – auf dem Weg zum Markt waren. Es war ein glücklicher Zufall, dass Rami gerade vorbei gekommen war, sie umstandslos auf seine starken Arme genommen und zu Gettis Haus zurückgetragen hatte, weit war es ja nicht. Ihr trotzdem unendlich peinlich, oder wäre es gewesen, sie kannte den Mann doch gar nicht, wären ihre Sorgen und Ängste um ihr ungeborenes Kind nicht so überwältigend gewesen. Auch wenn die Schmerzen jetzt auf ein erträglicheres Maß abgeklungen waren.

      Nina verordnete ihr, nach einer, wie Lucinda schien, recht oberflächlichen Untersuchung, strenge Bettruhe. „Wenn du das möchtest, kann ich dich auch eingehender untersuchen. Falls dir das die Angst nimmt. Oder ich kann Joles zum Tempel schicken, damit der eine der Heilerinnen holt. Liegt bei dir.“

      „Du weißt …“ Schniefend wischte sich Lucinda die Tränen vom Gesicht. „... du kannst, ich meine …“

      „Ich bin keine fertig ausgebildete Heilerin“, unterbrach Nina ihr Gestotter und legte ihr begütigend die Hand auf den Unterarm. „Wenn du das meinst. Aber ich habe tatsächlich ein bisschen Erfahrung als Hebamme.“

      „Und du meinst …“

      „Du solltest dich schonen, ja. Für Arbeiten im Garten ist es auch wirklich noch zu früh im Jahr. Bleib die nächsten drei, vier Tage im Bett, ruh dich gründlich aus. Wir werden, selbst ohne deine Kochkünste, schon nicht verhungern.“

      „Ich möchte nicht, dass sie es erfahren.“ Dass irgendjemand, schon gar nicht im Tempel, also ihre Tante, von ihrer Schwangerschaft erfuhr. Nicht jetzt. „Und du weißt, was du zu tun hast?“

      Nina nickte und tätschelte ihre Hand. Dann schaute sie sich nach ihrem Sohn um. „Würdest du bitte die Tür von außen schließen, junger Mann?“

      „Sie wollte mir so ’n kleines Messerchen kaufen“, hielt Joles seiner Mutter vor.

      „Heute nicht mehr, Lucinda geht es nicht gut.“

      „Und warum schickst du mich weg, ich kann doch helfen?“

      „Nicht dabei. Du und dein Bruder … Wo ist Leon überhaupt? Ihr könnt Lucinda nachher gern noch Gesellschaft leisten, solange es ihr nicht zu viel wird, ja?“

      „Och, Menno …“ mit finsterer Miene trat Joles an Lucindas Bett, fasste nach ihrer Hand. „Du stirbst aber nicht!“

      „Nein, ich sterbe nicht“, versicherte Lucinda ihm. „Es geht mir auch schon wieder ein bisschen besser. Dein Messer bekommst du, Joles, versprochen.“

      „Na gut …“, Joles schlurfte zur Tür und schloss sie, von außen. Sie hörten ihn die Treppe hinunter poltern und nach seinem Bruder rufen.

      Nina blickte sie auffordernd an. „Würdest du die Füße aufstellen? Und keine Angst, ich tu dir nicht weh.“ Sie schob ihr die Röcke weit über die Knie hoch und drückte ein kleines Läppchen gegen ihren Unterleib. „Wie lange blutest du schon?“

      „Seit ges… vorgestern. Abend. Aber nicht sehr.“ Ängstlich presste Lucinda die Lippen aufeinander. „Heißt das, ich verliere mein Kind?“

      „Das heißt erst einmal gar nichts“, erklärte Nina fast schroff. „… nur, dass du dir in letzter Zeit wohl zu viel zugemutet hast. Solche Blutungen kommen vor, und solange sie nicht schlimmer werden …“ Sie zuckte die Achseln, legte leicht die Hand auf Lucindas Bauch. „Nicht erschrecken, ich werde dich jetzt anfassen.“

      Lucinda schnappte nach Luft, nickte und kniff die Lider zusammen, aber nichts geschah. Stattdessen setzte sich Nina zu ihr aufs Bett, drückte sogar ihre Knie ein wenig gegeneinander. „Mädchen, es ist alles in Ordnung, ich tu dir doch nichts. Hast du … Möchtest du darüber reden?“

      „Muss ich?“

      Nina lachte, schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich nicht. Ich glaub‘, ich bin auch nicht gut im Zuhören und Verständnis heucheln. Keine Geduld.“

      Lucinda


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