Tarzans Rückkehr in den Urwald. Edgar Rice Burroughs
gut ist.
Es ist sehr gütig von Ihnen, es so auszulegen, antwortete sie lächelnd. Ich habe schon die Geschichte von dem Kartenspiel gehört. Mein Mann erzählte mir den ganzen Vorfall, und sprach besonders von der Kraft und der Unerschrockenheit des Herrn Tarzan, dem er sich zu größtem Danke verpflichtet fühle.
Das ist Ihr Gatte? fragte Tarzan.
Ja, ich bin die Gräfin de Coude.
Ich bin schon reichlich belohnt durch das Bewußtsein, daß ich der Gattin des Grafen de Coude einen Dienst erweisen konnte.
Ach, mein Herr, ich stehe schon so tief in Ihrer Schuld, daß ich meine eigene Rechnung wohl nie werde begleichen können; darum bitte ich, mich nicht noch mehr zu verpflichten.
Dabei lächelte sie ihn so freundlich an, daß Tarzan sich sagte: Für ein solches Lächeln würde ein Mann noch viel größere Dinge unternehmen.
Zuletzt sprachen sie über die schnellen Freundschaften, die auf den Ozeandampfern entstehen und die oft mit derselben Leichtigkeit wieder abgebrochen werden.
Tarzan fragte sich denn auch, ob er die junge Gräfin jemals wiedersehen werde.
An jenem Tag sah er sie nicht mehr, und auch am folgenden Tage bei der Landung konnte er sie aus dem Gedränge nicht herausfinden. Aber bei dem Abschied nach jener Unterredung auf dem Deck hatte in ihrem Blicke ein Ausdruck gelegen, den er nicht vergessen konnte.
Was in der Maule-Straße in Paris geschah
Bei seiner Ankunft in Paris begab sich Tarzan sofort in die Wohnung seines alten Freundes d'Arnot. Der Schiffsleutnant war erfreut, ihn wiederzusehen, aber er machte ihm alsbald Vorhaltungen darüber, daß er so töricht war, auf den Titel und die Besitzungen zu verzichten, die ihm von Rechts wegen von seinem Vater John Clayton, dem verstorbenen Lord Greystoke, zustanden.
Sie müssen verrückt sein, mein Freund, sagte d'Arnot, daß Sie leichten Herzens nicht allein auf Reichtum und Stellung verzichten, sondern auch auf die Gelegenheit, aller Welt zu beweisen, daß das edle Blut von zwei der angesehensten englischen Familien in Ihren Adern fließt, nicht aber das Blut einer wilden Menschenäffin. Ich verstehe nicht, daß man Ihnen glauben konnte, am allerwenigsten Miß Porter.
Ich habe nie an Ihre Abstammung von der Äffin geglaubt, sogar damals nicht, als ich Sie hinten in der Wildnis der Dschungel das rohe Fleisch Ihrer Jagdbeute herunterreißen und die fettigen Finger am Schenkel abwischen sah. Schon damals glaubte ich nicht, daß Kala Ihre Mutter sei, obschon ich noch nicht den kleinsten Beweis des Gegenteils in Händen hatte. Jetzt aber kennen wir Ihres Vaters Tagebuch. Er hat das schreckliche Leben darin geschildert, das er mit Ihrer Mutter an der wilden afrikanischen Küste führen mußte. Er erzählt von Ihrer Geburt und gibt so den überzeugendsten Beweis Ihrer wahren Abstammung, sogar der Abdruck Ihrer kleinen Kinderhand ist darin. Alles dies steht schwarz auf weiß vor uns. Da scheint es mir einfach unglaublich, daß Sie trotz allem gewillt sein sollten, ein namenloser, armer Vagabund zu bleiben.
Ich brauche keinen besseren Namen als Tarzan, erwiderte der Affenmensch, und was den armen Vagabunden betrifft, so habe ich nicht die Absicht, es zu bleiben. In der Tat soll die nächste, und wie ich hoffe, die letzte Anforderung, die ich an Ihre uneigennützige Freundschaft stellen muß, die sein, eine Anstellung für mich zu finden.
Ach was, sagte d'Arnot, Sie wissen, daß ich es so nicht meine. Habe ich Ihnen nicht ein dutzendmal erzählt, daß ich genug für zwanzig Mann habe und daß die Hälfte meines Vermögens Ihnen gehört? Und wenn ich Ihnen alles gäbe, würde es auch nur den zehnten Teil des Wertes darstellen, den ich auf Ihre Freundschaft lege, Tarzan? Würden damit die Dienste bezahlt sein, die Sie mir in Afrika erwiesen? Ich kann nie vergessen, mein Freund, daß ich ohne Sie und Ihre wunderbare Tapferkeit am Dorfpfahl von Mbongas Menschenfressern getötet worden wäre. Ihrer liebevollen Aufopferung verdanke ich es, daß ich von den damaligen, schrecklichen Wunden genesen bin. Ich habe erst später entdeckt, welche Entsagung es für Sie war, bei mir im Amphitheater der Affen auszuharren, während Ihr Herz Sie zur Küste drängte.
Als wir schließlich dahin kamen und fanden, daß Miß Porter und ihre Gefährten fort waren, wurde mir erst wirklich bewußt, was Sie für einen völlig Fremden taten. Ich versuche auch nicht, Sie mit Geld zu bezahlen, Tarzan, aber da Sie gegenwärtig Geld brauchen, so stelle ich Ihnen selbstverständlich so viel zur Verfügung, wie Sie wünschen. Das ist kein Opfer, das ich Ihnen bringe, sondern lediglich der Ausdruck meiner Dankbarkeit und meiner Freundschaft.
Nun, sagte Tarzan lachend, wir wollen uns wegen des Geldes nicht zanken. Ich brauche es zum Leben, aber es wäre mir lieber, wenn ich es erarbeiten könnte. Sie können mir keinen bessern Beweis Ihrer Freundschaft geben, als indem Sie eine Anstellung für mich suchen. Ich kann nicht untätig leben. Was mein Geburtsrecht betrifft, so ist es in guten Händen. Clayton hat mich dessen nicht beraubt, denn er glaubt in Wirklichkeit, der echte Lord Greystoke zu sein, und er wird voraussichtlich ein besserer englischer Lord sein als ein Mann, der in einer afrikanischen Dschungel geboren und aufgewachsen ist. Sie wissen, daß ich auch jetzt nur halb kultiviert bin. Wenn ich in Zorn gerate und es mir rot vor den Augen wird, so fegen die Instinkte des wilden Tieres, die immer noch in mir schlummern, das wenige, das ich mir von der feineren Kultur angeeignet habe, völlig hinweg.
Und dann, hätte ich verraten, wer ich bin, so hätte ich die Frau, die ich liebe, des Reichtums und der Stellung beraubt, die ihre Heirat mit Clayton ihr jetzt sichert. Das konnte ich doch nicht tun, nicht wahr, Paul?
Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er fort: Das Geburtsrecht ist übrigens von keiner großen Wichtigkeit für mich. So wie ich aufgewachsen bin, erkenne ich im Menschen wie im Tier nur den Wert an, den sie dank ihrer geistigen oder körperlichen Überlegenheit besitzen. Und so bin ich glücklich, wenn ich an Kala, als meine Mutter, denke, denn sie war in ihrer wenn auch wilden Art immer gut gegen mich. Sie muß mich an ihrer haarigen Brust genährt haben von jenem Tage an, da meine eigene Mutter, die arme unglückliche Engländerin, starb. Kala kämpfte für mich gegen die wilden Bewohner des Waldes und gegen die rohen Mitglieder unseres eigenen Stammes mit dem ganzen Mute wahrer Mutterliebe.
Und ich meinerseits liebte sie, Paul. Ich wußte nicht, wie sehr ich sie liebte, bis der grausame Speer und der vergiftete Pfeil von Mbongas schwarzem Krieger sie von meiner Seite gerissen hat. Ich war noch ein Junge, als das geschah, und ich warf mich über ihre Leiche, um meinen Schmerz auszuweinen, wie ein Kind um seine eigene Mutter geweint haben würde. Ihnen, mein Freund, wäre sie als ein häßliches Geschöpf erschienen, aber für mich war sie schön, – so herrlich verklärt die Liebe den Gegenstand ihrer Verehrung. Und so bin ich vollkommen zufrieden, für immer der Sohn von Kala, der Äffin, zu bleiben.
Ich bewundere Sie wegen Ihrer Treue, sagte d'Arnot, aber die Zeit wird kommen, da Sie froh sein werden, Anspruch auf Ihre eigene Abstammung zu erheben. Denken Sie daran, was ich Ihnen sage, und wir wollen hoffen, daß es dann noch ebenso leicht sein wird, den Nachweis zu führen, wie heute. Sie dürfen nicht vergessen, daß Professor Porter und Mr. Philander die einzigen Menschen auf der Welt sind, die schwören können, daß das kleine Skelett, das in der Hütte zusammen mit dem Ihres Vaters und Ihrer Mutter gefunden wurde, das eines jungen Menschenaffen war und nicht der Sprößling von Lord und Lady Greystoke. Dieses Zeugnis ist äußerst wichtig. Beide sind alte Männer und leben vielleicht nicht mehr lange. Und dann, haben Sie nicht daran gedacht, daß Miß Porter, wenn sie einmal die Wahrheit erführe, ihre Verlobung mit Clayton aufheben würde? Sie könnten mit Leichtigkeit Ihren Titel, Ihre Besitzungen und die Frau, die Sie lieben, erringen, Tarzan. Haben Sie nicht daran gedacht?
Tarzan schüttelte den Kopf. Sie kennen sie nicht, sagte er. Nichts könnte sie fester an ihr Versprechen binden, als ein etwaiges Mißgeschick, das über Clayton käme. Sie ist aus einer alten amerikanischen Familie des Südens, und denen aus den Südstaaten geht ihre Treue über alles!
Die zwei folgenden Wochen benützte Tarzan, um seine frühere kurze Bekanntschaft mit Paris zu erneuern. Tagsüber besuchte er die Buchhandlungen und die Bildergalerien. Er las alles, was ihm in die Hände kam, und wenn er darüber nachdachte, wie ungeheuer groß das Gebiet des Wissens ist, so erschrak er, daß