In Zirkel Des Lebens. Bernhard Racz
Alkohol und Tabletten. Natürlich hatte sie noch Kontakt zu anderen Leuten und besorgte sich ein starkes Schlafmittel mit Namen „Medixxx“. Durch den Entzug bekam sie Schlafstörungen. Oft musste ich nachts zum Kiosk fahren, um eine Flasche Weinbrand für sie zu kaufen. Mit allen Mitteln wollte ich ihr helfen und erfüllte ihre nächtlichen Wünsche. Erst nach ein paar Gläsern Alkohol konnte sie endlich einschlafen. Es war eine schlimme, nervenaufreibende Zeit, da ich mich so hilflos fühlte. Auch ihre Eltern konnten nichts machen, außer Reden, was nichts brachte. Ich war bei den amerikanischen Streitkräften als Wachmann beschäftigt und hatte drei Schichten. Abends kam ich einmal nach Hause, ich freute mich schon, meine Freundin liebevoll in den Arm zu nehmen und öffnete die Wohnungstür. Auf das Wohnzimmer hinzugehend schaute ich hinein. Es war wie im Film. Blumentöpfe lagen mit zerstreuter Erde auf dem Teppichboden, sowie andere Einrichtungsgegenstände. Heike lag wie tot mit dem Bauch auf dem Boden, nur mit einem Slip und Unterhemd bekleidet. Der erste Gedanke war, dass sie vielleicht vergewaltigt wurde, da ab und zu immer noch irgendwelche Drogenleute bei ihr vorbeikamen. Doch nach kurzer Überlegung, kam ich darauf und bemerkte, dass sie stark alkoholisiert war und sicherlich auch noch Schlaftabletten schluckte. Links und rechts, nicht allzu fest auf ihre Wangen schlagend, versuchte ich sie aufzuwecken – ohne Erfolg. Ich zerrte sie ins Bett und heulte, weil auch ich nervlich am Ende war. Ich hielt die ganze Situation nicht mehr aus und beendet am nächsten Tag unsere Beziehung. Sie hat meine Entscheidung verstanden. Eine zeitlang später erfuhr ich, dass sie einen neuen Freund fand, mit dem sie später ein Kind hatte. Jahre später rief sie sogar einmal bei mir zu Hause an. Sie war frei von Drogen und führte ein normales Leben. Ich freute mich wahnsinnig für sie.
Mit Chrstoph, einem ehemaligen Schulkameraden von mir war ich jetzt oft abends unterwegs und er lud mich ein, mit in das „Amis De La Nuit“ (Name geändert) einen kleinen Schwulenclub zu gehen. Punker Kalle, mein Freund, den ich 1976 im „Thing“ kennen lernte, ging auch ab und zu mit. Das Unbekannte und Neue interessierte und reizte uns zu entdecken. So neugierig waren wir. Alle in diesem Laden waren sehr nett zu mir, natürlich weil sie nur an eins dachten. Ein gewisser Paul machte mich einmal sehr betrunken, und dachte, ein leichtes Spiel mit mir zu haben. Paul und ich wurden von einem Ami-Pärchen zum Frühstück zu sich nach Hause eingeladen. Morgens um 2 Uhr. Etwas Angst verspürte ich schon, mit diesen fremden Leuten mit zu gehen. Aber ich ging dann einfach mit, um meine Erfahrungen zu sammeln. Alles verlief cool und nachdem wir gefrühstückt hatten verzogen sich die beidem Ami´s in ihr Schlafzimmer. Paul fragte ganz nett, ob ich hier schlafen möchte. Mir erschien es wir eine von im geplante, raffinierte Tour. Doch er war ganz okay und ich blieb dann über Nacht. Zwar war ich ganz schön naiv, zu der Zeit, wußte aber genau, was ich nicht wollte – und das war, mit einem Mann zu schlafen, obwohl ich neugierig darauf war, wie das wohl wäre. Ich stieg mit ihm ins Bett. Unangenehm war mir das schon und er erzählte mir ganz offen von seiner Vergangenheit, die Erfahrungen, die er in Männerbeziehungen hatte. Er beichtete mir, als 13-jähriger wäre er von einem Mann vergewaltigt worden und wäre seitdem schwul. Anscheinend hatte es ihm sogar gefallen. Als Paul mir dann einen Kuss gab, erklärte ich ihm klar und deutlich, dass ich Angst hätte und nichts ablaufen würde. Er war echt tolerant und fasste mich auch nicht an. Ein paar Tage später lud er mich zum Essen ein. Es war richtig teuer und er meinte, einmal im Monat bräuchte er das, sich bewirten zu lassen und gut zu essen. Da er selbst als Kellner in einer Pizzeria arbeitete, war dieser Wunsch von ihm irgendwie nachvollziehbar.
Im Amis, wie wir es abgekürzt nannten, machten mich die Typen nur so an. Die Kellner Horst, Paul wohnten gemeinsam mit Alfons, der der Besitzer des Clubs war, zusammen in einem großen Apartment. Besonders Horst, war ziemlich dreist und nahm nie ein Blatt vor den Mund. Und Schatz, höre ich ihn mit seiner Tuntensprache noch reden. Wann gehen wir .... ! Paul, der Stiefsohn von Alfons, meinte zu mir, komm, wir machen einen Termin aus und dann gehen wir ......., aber erzähle bloß dem Alfons nichts davon. Es kam aber nie dazu. Am Wochenende einmal sah ich ein tolles Mädchen, das super aussah. Sie hatte schwarze Klamotten und hochhackige Schuhe an. Die Haare hatte sie interessant nach oben gesteckt. Gut geschminkt war sie. Ich überlegte, wie ich in näheren Kontakt mit ihr kommen könnte. Öfter kam sie mit einem gutaussehenden farbigen Jungen, der sehr auf sein Äußeres bedacht und einen tollen Kleidungsstil hatte. Aber sie waren kein Paar, bemerkte ich bald. Eines abends im Amis schaute er mir intensiv von der Bar her in die Augen. Er kam einfach zu mir herüber und begann mit einem Gespräch. Zuvor hatte er die Anmachen mir gegenüber mitbekommen und meinte zu mir – er wolle mir zeigen, dass es nicht nur solche Homosexuelle geben würde. Lukas hieß er und lud mich zu sich nach Hause ein. Ich saß in seinem Zimmer, als das Mädchen, mit der er immer zusammen war und mir so gut gefiel, herein kam. Silvia hieß sie und war seine Schwester. Jedoch hatten sie zwei verschiedene Väter. Erst hatte ich sie gar nicht erkannt, als sie ins Zimmer herein kam und mich traf dann ein kleiner Schock. Ihre Haare trug sie heute, lang über ihre Schultern fallend, strähnig und außerdem noch eine Brille. Doch das störte mich nicht sonderlich, nur war ich eben sehr überrascht über die starke äußerliche Veränderung
Trotzdem war ich sehr angetan von ihrer Art und Weise wie sie sich benahm und redete. Doch zuerst sollte ich nun endlich meine Erfahrungen mit einem Jungen machen. Uns es war Lukas. Nie hätte ich gedacht, dass auch eine Beziehung mit einem Jungen so schön sein konnte, aber es war nicht meine Erfüllung. Oft musste ich mich, als wir spazieren gingen beherrschen, um nicht wie gewohnt bei einem Mädchen, die Hand zu ergreifen. Bei der damals noch vorherrschendem Gesellschaft, war Homosexualität nicht so offen, wie heute. Ein paar Mal fuhren wir nach Mannheim. Dort wollten wir in verschiedene Diskos tanzen gehen.
Wartend im Auto, geschah es dann mit Silvia, während die anderen am Wasserturm Geld von Passanten schnorrten. Wir küssten uns und sie meinte:“ Mensch Ben, jetzt ist es passiert !“ Das kuriose aber war, dass ich meine eigentlich kurze Beziehung mit Lukas noch nicht beendet hatte. Kurze Zeit ging ich, ungewollterweise und ohne böse Absichten, gleichzeitig mit beiden und als ich Lukas eines Tages einmal wieder antraf, beichtete ich ihm meine Situation und trennte mich von ihm. Er weinte fürchterlich. Ich tröstete ihn und erklärte ihm, dass ich mich gerne noch weiterhin mit ihm treffen möchte und dass meine Offenheit besser für ihn und mich wäre. Mit Silvia war ich jetzt fest zusammen. Mein Wunsch hat sich somit erfüllt, nur wußte ich nicht, dass dieser so zustande kommen würde. Auch die Beziehung mit Silvia war Anfangs schön. Nur hatte auch sie leider die Neigung, Tabletten und Alkohol zu konsumieren. Oft war sie frustriert und schlecht gelaunt. Nach einiger Zeit machte ich Schluss, da ich auch diese Beziehung, gerade nach der Sache mit Heike, nicht mehr ertragen konnte. Gerade auch noch an dem Tag, an dem sie beim Arzt war, der ihr erklärte, dass sie unfruchtbar wäre, machte ich Ende mit der Beziehung. Sie machte das natürlich total fertig und ich kam mir wie das Letzte vor. Abends kippte ihre Mutter zusammen mit ihr eine ganze Flasche Gin. Mir reichte der Stress allgemein aber auch. Danach hörte ich komischerweise, dass sie ein Baby bekommen hätte. Jetzt hatte ihr Leben einen Sinn bekommen und ich freute mich für sie.
Um zu relaxen, ging ich fast jeden Abend in das „Thing“ eine Studentenkneipe. In Kaiserslautern gab es zum Ausgehen fast keine Alternativen zu der Zeit. So begab man sich in das berühmt berüchtigte „Dreieck“, wo man sich traf. Dreieck deshalb, weil die Kneipe „Glockeneck“ (Name geändert), „Smile“ und „Thing“ in einer Art Dreieck ziemlich zusammen lagen. Man konnte also von einer Kneipe zur anderen pendeln und Leute suchen, die irgendwelche Drogen hatten, denn am Dreieck war die Drogenszene vor Ort. Soweit ich noch weiß, lief außer Heroin und Kokain alles und die Umgebung wurde von der Polizei täglich observiert. Die Drogenleute hatten sowieso nur Geld für Haschisch oder LSD. Sehr viele amerikanische Soldaten, standen wartend auf die Dealer auf der Strasse und das Geschäft blühte. Mit Punker Kalle war ich sehr oft unterwegs.
Punker Kalle
Sie nannten ihn so, weil er einer der ersten Punker in Kaiserslautern (außer Ronnie H.) war. Seitdem veränderte ich mein Aussehen und kleidete mich dementsprechend, schon alleine um die Leute zu schocken. Die Revolte gegen die Masse machte sich nun auch in meiner Musik bemerkbar und Kalle und ich probten oft in den Kellerräumen zuhause bei mir, die als Zimmer für uns eingerichtet waren. Oft kam meine Mutter verärgert die Tür herein und bat