Lydia - die komplette Reihe. Janine Zachariae

Lydia - die komplette Reihe - Janine Zachariae


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du nicht meine Schwester bist.

      Aber ich durfte nie etwas sagen.

      Du hast dich in den letzten Monaten sehr verändert, besonders äußerlich, und so konnte ich nicht mehr so tun, als wäre ich dein großer Bruder. Du bist zu einer jungen Frau herangewachsen.

      Wir sind immer stolz auf dich gewesen. Und haben uns nie für dich geschämt. Tom hat mir erzählt, dass du einen Freund hast. Stimmt das?

      Wenn ja, freue ich mich für dich ...

      Ansonsten gibt es nichts Neues. Was soll ich jetzt noch schreiben? Sammy genießt die letzten Tage in Freiheit, wie er es immer wieder nennt. In einigen Wochen geht sein Studium los. Michael und Maria erwarten ein Baby! Das ist doch klasse, oder? Vater ist offener geworden und erzählt uns nun mehr. Er hat auch jemanden kennen gelernt. Er meinte, solange wie du nicht die Wahrheit kanntest, wollte er niemanden mit nach Hause bringen.

      Aber er scheint glücklich zu sein. Viel Spaß weiterhin bei deinen vielen Jobs. Dein Freund.«

      *

      Nachdem Essen ging Lydia in ihr Zimmer und setzte sich an den Computer. Sie wollte eigentlich gleich antworten, doch suchte sie erst einmal eine schöne Karte für Michael und Maria. Sie gratulierte beiden und schickte noch ein kleines Geschenk mit. Es war nicht sehr persönlich, aber sie hoffte, Michael könnte das verstehen.

      Sie wollte ihm so schnell wie möglich beglückwünschen.

      Als sie ins Internet ging, öffnete sich auch ihr Chatprogramm.

      Und sie wurde direkt angeschrieben:

      »Ach Hallo, du bist ja mal online!« - Stephen

      »Hi, Steve. Ja, ich wollte gerade Michael und Maria etwas zum Nachwuchs schicken. Danke für deinen Brief!« - Lydia

      »Der ist schon da?« - Stephen

      »Ja. Ich hab ihn aber vorhin erst bekommen, ich bin vor einer halben Stunde rein.« - Lydia

      »So lange zu tun gehabt?« - Steve

      »Nein, ich war schon um 15 Uhr fertig mit der Arbeit. Ich hab aber noch was mit Daniel unternommen.« - Lydia

      »Oh«, las sie nur. Merkwürdig!

      »Lass uns mal über deinen Brief reden, Steve!« - Lydia

      »Oje. Was ist denn damit?« - Steve

      Sie lächelte und blickte kurz aus dem Fenster, bevor sie mit dem Tippen anfing:

      »Er klang nicht nach dir. Toms letzter Brief war auch eher kühl, aber bei ihm liegt es an Svenja. Nur bei dir hab ich noch nie so was gemerkt. Er war total anders.« - Lydia

      »Ich war vielleicht nur müde von der Arbeit, wollte dir aber endlich antworten.« - Steve

      »Der klang nicht so als wärst du müde.« - Lydia

      »Wie denn?« - Stephen

      »Steve, der hörte sich eher an, als seist du beleidigt oder gar eifersüchtig ...« - Lydia

      Nichts. Keine Reaktion.

      Stephen saß auf seinem Stuhl und starrte auf den Bildschirm.

      »Es ist schön, dass du die Bücher fertig gelesen hast!«, schrieb sie nach einigen Minuten. »Welches fandest du am besten?« - Lydia

      »Mmh. Mal überlegen. ›Mansfield Park‹ fand ich sehr klasse. Ich mag ›Fanny‹ und ›Edmund‹. Du?« - Steve

      »Fanny ist wirklich klasse. Es ist eine sehr schöne und romantische Vorstellung.

      Aber eigentlich finde ich ja ›Überredung‹ und ›Stolz und Vorurteil‹ genial. In beiden gibt es jemanden, der beeinflusst wird. Zuerst können sie nicht ihre Liebe offen zeigen, oder gar ehrlich sein. ›Bingley‹ wird von ›Darcy‹ beeinflusst und ›Anne Elliot‹ von dieser einen Frau«, tippte sie.

      »Dann kannst du aber auch ›Emma‹ mit einbeziehen. Sie versuchte ja auch, ›Herriet‹ diesen Typen auszureden und ihr dafür jemand anderes einzureden.« - Steve

      »Genau!«, schrieb sie und freute sich. Er hatte wirklich seine Hausaufgaben gemacht und verstand scheinbar, worum es ging. Das freute sie sehr.

      »Wie meinst du das mit ›schöne und romantische Vorstellung‹?«

      An dieser Stelle tippte das Mädchen etwas, um es dann wieder zu löschen. Was sollte sie nur darauf antworten?

      »Wenn aus Freundschaft Liebe wird.« - Lydia

      Gelesen, darüber nachgedacht, erneut gelesen.

      »Würdest du denn immer wollen, dass dir ehrlich jemand seine Gefühle sagt?«, schrieb er stattdessen.

      »Lass mich mal überlegen.« Sie tippe dies und sendete es ab. So konnte sie einige Sekunden überlegen, was sie sagen konnte.

      »Wenn es niemanden verletzt, ja. Wenn aber eine

      Freundschaft darunter leidet, nicht.« - Lydia

      Doch kaum hatte sie das geschickt, bereute sie es.

      »Ich meine«, versuchte sie nun, das zu retten, was sie angerichtet hatte, »es ist immer schön, zu hören, wenn man gemocht wird. Doch wenn man sich selbst nicht sicher ist, wie der andere reagieren könnte, dann sollte man sich darüber erst wirklich sicher werden. Es gibt zu viele Menschen, die unbedacht damit umgehen. Sie flirten, was das Zeug hält. Sie geben Körbe, ohne an die Gefühle anderer zu denken. Wenn mir jemand sagen würde: ›Ich mag dich, mehr als nur einen Freund‹.

      Doch meine Gefühle nicht annähernd so sind, wie seine, würde ich vielleicht antworten:

      ›Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Es schmeichelt mir. Doch derzeit möchte ich einfach keine Beziehung.‹

      Erst einmal die Freundschaft ausbauen, abwarten. Derjenige könnte schneller seine Meinung ändern, als mir dann lieb wäre. Und dann wäre ich es, die verletzt wird.

      Wer weiß, womöglich ändert sich ja bald was und ich denke anders. Aber für diesen Moment brauche ich einfach nur einen lieben Freund, der mich so nimmt, wie ich bin und mit dem ich lachen kann. Und ich denke mal, dass es eine Antwort ist, die zuerst wie ein Schlag wäre, aber die nicht so lange nachhallen würde.« - Lydia.

      Sie las sich ihren Text noch einmal durch und hatte absolut keine Ahnung, ob das alles überhaupt Sinn ergeben würde. Aber ihre Gedanken überschlugen sich einfach.

      »Dann möchtest du gar keine Beziehung?« - Steve

      »Nein. Ich hatte dir doch bereits vor Monaten geschrieben, dass ich mich wohl so schnell nicht wieder verlieben werde. Und so wankelmütig bin ich nicht.« - Lydia

      »Und was ist mit Daniel?« - Steve

      »Daniel ist ein lieber Kerl, ein Freund. Aber mehr nicht.

      Allerdings denke ich, sieht er es etwas anders. Wir waren heute shoppen und ich habe einen Bikini anprobiert. Er wollte schauen, wie er an mir aussieht.« - Lydia

      »Aha«, tippte Steve und ignorierte alles um sich herum. Er starrte nur noch auf den Schirm.

      Sie erzählte vom Nachmittag und wie sie auf seine ›Anmache‹ reagierte.

      »Ja, das kannst du gut. Du konntest immer kontern.« - Steve

      »Warum sollte ich denn solche Sprüche dulden?« - Lydia

      »Manche machen das und wollen diese Aufmerksamkeit« - Steve.

      »Das sind die, die wirklich nur Busen haben und nichts anderes.« - Lydia

      »Was ist denn noch wichtig?« - Stephen

      Sie schmunzelte bei dieser Frage.

      »Köpfchen und Verstand und so was. Also ich möchte keinen Freund, der nur auf Äußerlichkeiten Wert legt.« - Lydia

      »Und das macht Daniel?«


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