Zarin der Vampire. Blut der Sünde + Böse Spiele: Doppelband. Tatana Fedorovna

Zarin der Vampire. Blut der Sünde + Böse Spiele: Doppelband - Tatana Fedorovna


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Töte alle diese Verräter, verschone niemanden!“ Mama war außer Rand und Band.

      „Warum haben unsere Cousins das getan?“, fragte Anastasija. „Vater Grigorij war doch unser Beschützer, zudem ein einfacher Mönch.“

      „Werden wir wirklich alle sterben?“, flüsterte mein kleiner Bruder. Er war gerade erst zwölf Jahre alt.

      „Das werde ich nicht zulassen!“, erwiderte Papa und nahm alle Kraft zusammen.

      „Ich beschütze euch, ich bin noch immer der Zar!“

      Mama gab ein irrsinniges Kichern von sich. Ich bekam Gänsehaut.

      „Sie arbeiten bereits an deinem Sturz! Sie nehmen dich nicht ernst! Bist du noch von dieser Welt?“, spottete sie.

      Unserem Vater entglitt die Beherrschung über seine Gesichtszüge. Tiefste Sorgen spiegelten sich in ihnen.

      Mama forderte erneut: „Töte sie sofort, nur so kannst du uns beschützen! Wenn du mich und deine Kinder wirklich liebst, dann zerfetze sie! Sei ein russischer Wolf. Wir wollen ohnehin nicht länger Romanows sein. Der Name ist für immer besudelt. Lasst uns die Sachen packen und aus dem Land fliehen, solange überhaupt noch jemand auf dich hört. Sie hassen uns. Ich verabscheue dieses bösartige Volk!“

      „Wer hasst uns?“, fragte der kleine Zarewitsch verängstigt. „Ich denke, alle lieben mich?“

      Mama lachte abermals ihr neues hysterisches Lachen. Sie war eine wütende Hyäne, die ihre Jungen verteidigte. Papa rannen nun Tränen aus den Augen. Ich hatte ihn noch nie weinen sehen. Die Räson verbot das, so schwer die Situation auch war. Er war immer der Fels gewesen, an dem sich alle festhalten konnten.

      Wir alle fühlten instinktiv, dass Mama Recht hatte. So gern ich Papa glauben wollte. Die eisige Vorahnung unseres Todes zog durch unsere Gemächer und vertrieb die letzte Illusion von Beständigkeit vollständig. Wie Schmetterlinge hatten wir das schöne Licht eines Sonnentages genossen, doch die Nacht und unser Ende rückten mit jedem Augenblick näher. Das wurde mir bitter klar.

      Papa kniete sich auf den Boden und versuchte erneut die Hand seiner geliebten Frau zu nehmen. Diese gewährte ihm diese Intimität nicht mehr.

      „Wenn dir das Leben unserer Familie etwas wert ist, wenn dir der Zarewitsch etwas bedeutet, dann töte deinen Neffen und seine Helfer! Beweise, dass du uns wirklich liebst und es nicht nur leere Worte sind. Zeig, dass du wirklich ein Zar und kein gutmütiger Narr bist! Kämpfe endlich!“, beschwor sie ihn erneut.

      Sie zuckte in Krämpfen und weinte erbittert, weil sie ahnte, dass Papa vor dieser letzten Konsequenz zurückschreckte. Es waren nun einmal Söhne aus dem Geschlecht der Romanows, die Rasputin gemeuchelt hatten. Sein Charakter war ausgleichend, mehr der eines Künstlers, als der eines Soldaten.

      „Du hast schon immer auf die Falschen gehört! Ich hätte dich niemals heiraten sollen. Alle wollten das verhindern, selbst deine Mutter. Sie wusste, warum. Jetzt führst du sogar Krieg gegen die Deutschen. Deine Frau und Kinder sind aber Deutsche!“

      „Warum sind wir Deutsche?“, fragte der Zarewitsch erneut.

      „Mama will damit sagen, dass wir auch solche Wurzeln haben, da sie in Deutschland geboren wurde“, erklärte ich.

      „Dann sollten wir vielleicht auf Mama hören und fliehen“, versuchte der kleine Zarewitsch im Streit zwischen seinen Eltern auf seine kindliche Weise zu vermitteln. In seinen Augen stand Hoffnung. Die Flucht erschien ihm als wunderbarer Ausweg.

      Unser Vater sah ihn traurig an.

      „Ihr seid hier geboren und somit Russen!“, widersprach er Mama. Da er sich aber mit Mama keinesfalls noch mehr anlegen wollte, beschwichtigte er jedoch. „Natürlich habt ihr auch das Blut euer Mutter.“ Das Wort deutsch vermied er dabei. Russland führte ja Krieg mit dem deutschen Kaiser, der auch noch sein Cousin war.

      „Und ich bin nicht so verdorben wie diejenigen, die Rasputin töteten. Alles muss nach Gesetz und Ordnung erfolgen.“

      „Glaubst du diesen Unsinn noch?“, schrie Mutter abermals die Beherrschung verlierend.

      „Die Gesetze machen Menschen. Du bist der Zar! Mach ein Gesetz, das uns beschützt! Rasputin war ihnen egal. Wer ist der Nächste? Sie wollten in Wirklichkeit deinen Sohn, den Thronfolger meucheln! Ihn wollten sie töten und dein Zarentum zerstören! Wer soll jetzt den Zarewitsch heilen, Doktor Botkin etwa? Bist du denn blind? Sie weihen unseren Sohn dem Tod. Töte sie, schnell oder ich fliehe mit den Kindern allein!“ Sie sah ihrem Gemahl direkt in die Augen. „Und wir sind keine Russen, sondern Deutsche! Alle sehen das so!“

      Entsetzt schauten wir uns an. Die Sorgen trennten Mama und Papa. Sie wirkten in diesem Moment wie Rivalen. In ihren Appellen erahnten wir das ganze Ausmaß der Gefahr.

      „Ich werde den Arzt rufen lassen“, schlug Vater vor.

      Mama verlor vor Wut jede Zurückhaltung und spuckte in Raserei auf das Parkett des Bodens.

      „Damit der mir Laudanum gibt oder mich wegen des Aussprechen der Wahrheit für irre erklärt? Das wollen sie doch nur! Ich glaube hier keinem mehr! Warum vertraust du deinen Beratern immer mehr als uns. O, Nicky! Warum ist es so weit gekommen? Wo ist deine Liebe geblieben? Dieser Krieg hat dich verändert. Du trägst ebenso Schuld daran, dass unser Beschützer ermordet wurde. Diese Schlangen haben erkannt, dass Rasputin sie enttarnt hatte. Der Name Romanow wird für immer mit dieser Bluttat besudelt sein! Wir werden alle sterben, wenn du sie nicht bestrafst!“

      „Ich werde es tun!“

      „Dann lass sie sofort hinrichten!“

      „Das kann ich nicht.“

      Mama winkte konsterniert ab.

      „Ich wusste es! So bist du eben. Sie werden dich bald heiligsprechen, aber nicht wegen des Glaubens, sondern wegen Scheinheiligkeit. Die ist aber nichts als deine Schwäche zu handeln. Sogar die Kommunisten wissen das inzwischen!“

      So würdelos hatte ich Mama noch nie mit ihm sprechen gehört. Sie verhöhnte ihn regelrecht.

      „Das Blut klebt nun auch an deinen Händen“, flüsterte sie und blickte uns schaurig verschwörerisch an. „Das Leid ist nicht mehr aufzuhalten.“

      Sie klang, als verabschiedete sie sich schon jetzt von ihren Kindern – für immer.

      Wir waren noch mehr verängstigt. Panik erfüllte endgültig unsere Herzen. Dieser Tag gehörte zu den Schlimmsten.

      „Ich will nicht sterben!“, bat der Zarewitsch ängstlich.

      Ich strich ihm über sein tropfnasses Haar und konnte die eigenen Tränen nicht länger zurückhalten.

      „Olga?“ Ljoschka sah mich fragend und um Hilfe bittend an. Die Situation überforderte ihn, obwohl er durch seine Hämophilie schon oft an der Schwelle des Todes gestanden hatte.

      „Ich passe auf dich auf“, flüsterte ich und benetzte ihn nun auch noch mit meiner Trauer.

      „Niemand soll dir jemals Leid zufügen. Dann bekommt er es mit mir zu tun!“

      Ljoschka lächelte dankbar und drückte meine Hand.

      Auch aus Vaters unermesslich traurigen Augen ergossen sich in einem dünnen Rinnsal Tränen in seinen Bart. Er war sich seiner eigenen Unfähigkeit bewusst, fand jedoch keinen Ausweg.

      In der Tür erschien ein Staatssekretär.

      „Majestät, Sie werden erwartet!“

      Meine Mutter winkte meinen Vater ab.

      „Geh nur zu den Verrätern, berate dich mit ihnen! Du hast mich enttäuscht! Lecke dem Gesindel den Arsch!“

      Wir schauten sie pikiert über die ungewöhnlich deftige Wortwahl an. Die Welt war wirklich aus den Fugen geraten.

      Papa wischte sich mit dem Uniformärmel die Tränen ab und erhob sich schwerfällig. Einige seiner Orden schepperten


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