Der Trinkgeld-König. Wolfgangs Ratgeber
zahlreiche Filme, in denen wir Szenen von Trinkgeld fordernden Kofferträgern oder Kellnern sehen; sie reiben quasi Daumen und Zeigefinger gegeneinander: das internationale Money-Zeichen; man erwartet etwas, will Geld sehen. Oft urkomisch lösen sich auf der Leinwand solche Situationen auf: Der Page bekommt ein Bonbon oder die Tür schlägt plötzlich zu. Solche Szenen überziehen, zeigen aber deutlich, wie Servicepersonal nicht mit dem Thema Trinkgeld umgehen sollte.
Wir alle kennen doch den genialen Werbespruch einer großen Supermarktkette: „Wir lieben Lebensmittel“. Darin liegt die Wiege des Selbstverständnisses von Service. So sollte jeder Kellner denken: „Ich liebe meinen Beruf, meine Kunden – und nicht das Trinkgeld.“ Wer sich selbst so mit Leidenschaft sieht, Kellner aus Berufung und Spaß ist, wird zwangsläufig Erfolg auch beim Trinkgeld haben.
Und mal ganz ehrlich: Kellner zu sein, ist nicht immer einfach. Man ist allzu oft die Fußmatte für schlechte Launen seiner Gäste. In deren Augen ist der Kellner nämlich ein Sklave, mit dem man alles machen kann. Was Kellner und andere Servicekräfte manchmal ertragen müssen, grenzt schon an Menschenverachtung. Doch wer hier nicht Diplomat ist und mit Liebe, Ruhe und Gelassenheit antwortet, wird nie zum Trinkgeld-König. Hierin liegt aber auch die hohe Kunst des Geldverdienens; denn solche Typen von Gästen sind das gefundene Fressen für clevere Kellner. Wenn Sie einen Kotzbrocken auftauen und mit besonderem Service umgarnen, haben Sie gewonnen. Denken Sie mal an das Disney-Märchen „Die Schöne und das Biest“; am Ende schafft es die schöne Prinzessin, das schreckliche Biest zu einem handzahmen Tier zu bändigen – nur mit Liebe, Aufmerksamkeit und Zuneigung. Der Kellner muss auf jede Provokation die richtige Antwort haben. Wer rechthaberisch diesen Beruf ausübt, wird es nicht weit bringen. Als Ober müssen Sie viel einstecken können. Sie brauchen also auch die Steher- und Nehmerqualitäten eines Boxers im Ring. Nur wer sein Selbstverständnis als Servicekraft richtig sieht, gehört zu den Gewinnern und hat das Zeug zum Trinkgeld-König.
Wechseln Sie doch den Job!
Wer keine Chance auf Trinkgeld hat, sollte darüber nachdenken, ob er nicht seinen Job wechselt und neu als Kellner, Page oder Taxifahrer irgendwo anders anheuert. Natürlich müssen Sie dann auch eine gewisse Servicebereitschaft mitbringen, geschickt im Umgang mit Kunden sein und diplomatisch auftreten.
Wenn Ihnen also der Umgang mit Menschen liegt und Sie auch unter Stress die Ruhe bewahren, bewerben Sie sich doch auf eine Stelle im Service. Versuchen Sie es erst einmal aushilfsweise nebenbei, und wenn´s passt, wechseln Sie hauptberuflich in einen neuen Service-Job. Eben weil Sie wissen, dass dort viel Trinkgeld zu erwarten ist, könnte ein Jobwechsel der Sprung in ein besseres Leben sein. Denken Sie darüber einmal nach. Denn die Aussicht auf Verdoppelung oder gar Verdreifachung des Gehalts bringt Sie gleich in eine ganz andere Liga.
Was wollen Sie denn länger in Ihrem langweiligen Bürojob verhungern, wenn Sie anderswo täglich neue Kontakte haben und dazu auch noch ein Mehrfaches Ihres bisherigen Gehalts verdienen können?
Aber: Es muss gut vorbereitet sein; Sie sollten nicht einfach aus einer Laune heraus nur der Verlockung des Trinkgeldes erliegen. Das könnte auch eine Fehlentscheidung werden. Mit dem nebenberuflichen Aushilfsstart riskieren Sie nichts, im Gegenteil: Sie schaffen einen gleitenden, sicheren Übergang. Helfen Sie erst einmal an Wochenenden oder in Ihrem Urlaub und während der Abendstunden aus. Testen Sie vor allem, ob die Arbeit im Service mit Kundenkontakt überhaupt Ihr Ding ist.
Äußere Bedingungen müssen stimmen
Wenn das Essen schlecht ist, der Wein nicht gekühlt oder das Bier schlecht gezapft ist, die Räume nicht geheizt/klimatisiert oder die Sitze unbequem sind, dann stimmen die äußeren Bedingungen nicht, die Einfluss auf die Höhe des Trinkgeldes haben; darauf können Sie aber leider nicht einwirken. Hier müssen Sie handeln und täglich darauf dringen, dass diese Dinge positiv verändert werden. Denn sonst könnte ja das Geschäft insgesamt einbrechen, wenn die Gäste ausbleiben. Sprechen Sie offen mit Ihrem Chef darüber und machen Sie ihm deutlich, dass so auch sein eigenes Geschäft in Gefahr gerät. Stimmen die äußeren Bedingungen nicht – dazu gehört auch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis -, dann haben Sie keine Chance, den Trinkgeld-King zu spielen. Sie strampeln so nur wie Don Quichote gegen die Windmühlen. An der Lage eines Cafés oder Restaurants können Sie auch nichts ändern, allenfalls kündigen und einen besseren Arbeitsplatz suchen, aber alle anderen Bedingungen sind veränderbar. Das wäre ja so, wie wenn Sie ein Internet-Business starten und Ihr Browserbetreiber stellt Ihnen nur eine unsichere langsame Verbindung bereit. Was nützen Ihnen dann gute Ideen, wenn Sie nicht verkaufen können? Dann wechseln Sie ja auch den Dienstleister oder sorgen für bessere Bedingungen. Die äußeren (positiven) Gegebenheiten sind also elementare Voraussetzungen auch für ein gutes Trinkgeld. Wenn der Gast sich nicht wohlfühlt, klappt´s auch meistens mit dem Trinkgeld nicht. Sie müssen also erst mal eine entsprechende Atmosphäre herstellen.
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