Die Pueblo-Kulturen. Werner-Wolf Turski
sein. In einigen Fundorten dieser Zeit entdeckten die Archäologen in den Speichern einen Anstieg der Wildpflanzensamen gegenüber denen der domestizierten Feldfrüchte. Es ist unbekannt, ob dies einer Änderung der Umweltbedingungen oder dem Einfluss der nomadischen Jäger-/Sammlertraditionen oder einer Kombination von beiden zuschreiben ist. Vielleicht spielte die neue (Jagd)-Waffe Pfeil und Bogen dabei eine Rolle? Auch sozial integrative Mechanismen könnten sich verändert haben. Es kann natürlich auch eine verstärkte Bezugnahme auf Erntevölkertraditionen erforderlich geworden sein. Eine solche Maßnahme war die Herstellung von sogenannten Waffel- oder Gittergärten, z.B. auf den pleistozänen Terrassenoberseiten im Safford Valley oberhalb des Gila River im südöstlichen Arizona, die sich über viele Hektar erstreckten. Der Aufbau dieser Anlage war um 750 u.Z. begonnen worden und wurde bis 1385 u.Z. genutzt. Die Menschen sammelten Steine von den Oberseiten der Terrassen und ordneten sie in Gittern von verschiedenen Größen und Formen an. Sie legten sie zu rechtwinkligen, durchschnittlich 4 x 5 m großen Rastern. Zwischen den Steinen wurden Agaven gepflanzt, die zu Mais und Bohnen ergänzend Nahrungsstoffe lieferten.
Der Waffelgarten war eine bestimmte Art, Wasser zurückzuhalten. Traditionelle Waffelgärten wurden entlang kleiner Wasserscheiden terrassenförmig angelegt, wo der Wasserablauf gesammelt werden konnte. Die Waffelgärten wurden mit Sand oder Lehm, Stein und Kies gemulcht. Die Lehm- und Adobewände hielten in jedem Gitter Feuchtigkeit zurück. Der Kies sammelte Tau und Kondenswasser. Schwarzer vulkanischer Stein speicherte Sonnenwärme und verlängerte dadurch die Wachstumsbedingungen für einige Pflanzen. In einigen Waffelgärten wurden einige Wände etwas höher gebaut, um die Pflanzen vor austrocknenden Winden zu schützen.
Die Frauen benutzten neue Typen von Mahlsteinen. Diese Sachverhalte belegen ein größer gewordenes Gewicht des Bodenbaues in der Wirtschaft der Mogollon bzw. einen allmählichen Wechsel in der Samengröße der zu mahlenden Nahrungsstoffe. Sie begannen, die Keramik stärker zu verzieren (ab 650 u.Z.), produzierten neue Muster mit roter Farbe auf braunem Lehmuntergrund (sog. Red-on-brown ware) und später auch mit roter oder schwarzer Farbe auf weißem Untergrund (sog. Red-on-white und Black-on-white). Die farbgebenden Tonüberzüge der Töpfe wurden allmählich von Rot auf Weiß umgestellt. Der Black-on-White-Malstil begann um ca. 700 u. Z. Zwischen 800/850 und 1000 u. Z. werden die Töpfereierzeugnisse zunehmend mit geometrischen Schwarz-auf-Weiß-Mustern (Black-on-white geometric pottery/Mangas Black-on-White pottery) versehen (Beginn der lokalen keramik-definierten Mimbres-Kultur). Die neuen keramischen Muster der Mimbres verweisen auf einen steigenden Kontakt mit den Anasazi hin, ihren regionalen Nachbarn nach Norden.
Die Forscher nehmen an, dass irgendwann zwischen 900 und 1100 u. Z. die Mogollon viel von der Anasazi-Kultur und umgekehrt, die Eigenschaften und kulturellen Anregungen von beiden vereinend, übernahmen. Es gibt auch Beweise für Interaktionen mit den westlichen Hohokam-Nachbarn. Ein gravierendes Beispiel dafür ist der in der Stove Canyon Site in der Nähe des Point of Pines Pueblos eingerichtete Hohokam-Ballspielplatz aus der Zeit zwischen 1000 und 1150 u.Z., der einzige im Mogollon-Gebiet. Der Ballspielplatz war durch eine große ovale Eintiefung gekennzeichnet, die von einer großen Anzahl von größeren Basaltblöcken umgeben war. Die Längsachse des Platzes hatte eine grundsätzliche Nord-Süd-Orientierung. Die Eintiefung beträgt ca. 0,5 m unter die ursprüngliche Erdoberfläche. Der Boden der Eintiefung besteht aus geglättetem weißgelbem Lavazersatz, einem weichen, verwitterten oberen Teil eines natürlichen Felsuntergrundes. Die Grabarbeit war für die Erbauer kein nennenswertes Problem, ihre Grubenhäuser waren auch in diese Schicht eingetieft worden. Alle Umgebungsartefakte deuten auf einen starken Hohokam-Einfluss.
Die Jäger nutzten jetzt hauptsächlich Bögen und Pfeile. Die Speerschleuder verschwand aus den archäologischen Befunden. Die nachweisbare Schmuckproduktion stieg leicht an. Es wurde verstärkt Schalenmaterial von pazifischen Mollusken verwendet, was auf weit reichende und wahrscheinlich stufenweise vor sich gehende Interaktionen von und mit nomadischen Gruppen verweist. Auch Jagd-, Fischfang- und Sammelaktionen der Mogollon zur Küste des Golfes von Kalifornien sind als Bezugsmöglichkeit u.a. für Molluskenschalen anzusehen.
Die Späte Grubenhaus-Periode findet ihr „Ende“ mit der Errichtung von Pueblo-Bauten auf der Erdoberfläche. Auch dieser Zeit-„Punkt“ ist lokal unterschiedlich und bewegt sich in der gesamten Mogollon-Zone in der Zeit zwischen 975 u.Z. (Süd-Mogollon/Raum Casas Grandes), 1000 u.Z. (Zentral-Mogollon/Mimbres) und 1200 u.Z. (Ost-Mogollon/Jornada).
Im Zeitraum der Späten Grubenhaus-Periode zwischen 750 und 1000 u.Z. liegt die „Etablierung des Tolteken-Reiches“ im Hochland von Mexiko, beginnend mit der kriegerisch wirksamen Einwanderung (Sturz von Teotihuacan um 750 u.Z.), der Gründung der Hauptstadt Tula um 856 oder 950 u.Z. und der Vertreibung/dem Auszug Quetzalcoatls aus Tula um 1000 u.Z. Diese Zeit ist von Chichimeken-Einwanderungen aus dem Mogollon-Gebiet nach Mesoamerika gekennzeichnet und setzt sich auch über die folgenden Jahrhunderte weiter fort.
Grundsätzlich wird der Beginn der Mogollon Pueblo Period/Mogollon Pueblo-Periode (1000/1150 bis 1400/1440 u. Z.) auf den Zeitraum von 1000 bis 1150 u.Z. angesetzt. Die Periode besteht bis zum archäologischen Erlöschen der Mogollon-Kultur zwischen 1400 und 1450 u.Z. Mit dem Beginn der Mogollon Pueblo-Periode treten aus der noch relativ einheitlichen allgemeinen Mogollon-Kultur die bereits oben genannten spezifischen regionalen Mogollon-Zweigkulturen hervor, die nur noch als separate Darstellungen sinnvoll zu beschreiben sind, da sonst die kulturellen Spezifika der einzelnen Zweige völlig verwischt und unkenntlich werden. Im nördlichen Gürtel der Nord-Mogollon konstatierten die Archäologen eine Intensivierung des bereits vorhandenen Anasazi-Einflusses auf die Mogollon und der Interaktionen zwischen Mogollon und Anasazi, vielleicht auch als Folge möglicher, aber nicht näher zu bestimmender Wanderungen. Bestimmte Entwicklungen und Wanderungen in den und aus den Regionen, die zum „Aufstieg“ oder „Kollaps“ dieser Regionalkulturen der Mogollon führten, waren von ökologischen Stress- und/oder Gunstsituationen initiiert und/oder beeinflusst.
Die Mogollon-Zweigkulturen der Mimbres einschließlich ihrer westlichen, nördlichen und östlichen Randbereiche und der Jornada im nördlichen Mogollon-Bereich (USA) und der Bewohner des Casas Grandes Gebietes und der Sierra Madre Occidental im südlichen Bereich (Mexiko) werden in Extra-Abschnitten behandelt. In den weiteren Ausführungen dieses Kapitels wird versucht, die speziellen Merkmale der genannten regionalen Kulturzweige weitgehend auszuklammern.
2.1.6. Die Mogollon-Töpferei
Bei Aussagen zur Töpferei der Mogollon wird zuerst auf die Black-on-white-Keramik des Mimbres Zweiges und an zweiter Stelle auf die polychrome Keramik von Casas Grandes verwiesen. Neben stichhaltigen künstlerischen Gründen spielt hierbei die Rolle dieser alten Indianerkunst auf dem heutigen Antik-Kunstmarkt eine entscheidende Rolle.
Unter Ausklammerung der Töpfereiprodukte der Mimbres und von Casas Grandes ergibt sich folgende Möglichkeit der zeitlichen Auflistung der Entwicklung der Mogollon-Keramikstile:
550 – 650 San Francisco Red Alma Series Plain San Lorenzo Red-on Brown.
650 – 750 San Francisco Red Alma Series Plain
zusätzlich Mogollon Red-on-Brown und Three Circle Red-on-White
750 – 1000 San Francisco Red Alma Series plain (seltener),
ersetzt durch Reserve Plain und Corrugated wares,
Entwicklungsbeginn für Puerco und Mimbres Black-on-Whites
1000 – 1125 Reserve Black-on-White
1125 – 1300 Tularosa Black-on-White, Einführung polychromer Typen (wie Plain wares
und Tularosa Fillet Rim)