Sagenbuch der Bayrischen Lande. Alexander Schöppner
still und stumm
Mit des Jünglings Sarg in der Burg herum
Zur mitternächtigen Stunde.
264. Das Kreuz bei Reußenberg.
R e u ß e n b e r g Ruine bei G e m ü n d e n . – B .
B a a d e r in M o n e ' s Anzeiger IV., 409.
Von der Burg auf dem Reußenberg ging jeden Abend
eine Magd auf den eine halbe Stunde davon entfernten
Sodenberg zur Spinnstube. Um schneller hin und her
zu kommen, machte sie einen Bund mit dem Teufel.
Eines Abends, als sie wieder heimkehren wollte, regnete
es fürchterlich. Die Sodenberger Burgleute redeten
ihr zu, noch da zu bleiben; sie aber entgegnete:
»Ich gehe fort, und sollte ich auf einem Bock heimreiten!
« Wirklich stand auch ein Bock für sie bereit, den
sie bestieg, und mit ihm gegen den Reußenberg ritt.
Aber ihre Zeit war aus, und in der Hälfte des Weges
wurde sie vom Teufel umgebracht. Auf dem Platze,
wo dieß geschehen, steht noch heutiges Tages ein
steinernes Kreuz.
265. Seyfriedsburg.
S e y f r i e d s b u r g bei G e m ü n d e n . – B .
B a a d e r in M o n e ' s Anz. IV., 410.
Ein Schweinhirtenbube, mit dem Vornamen Fritz,
fand einst beim Schwemmen seiner Heerde etwas in
der Saale. Er rieb sich damit, und wurde fest gegen
Hieb und Schuß. Nachdem er unter die Soldaten gegangen
war, erwarb er sich im Kriege durch seine
Tapferkeit Reichthum und Adel, und erhielt die Erlaubniß,
sich ein Schloß zu bauen, wo er wolle. Da
wählte er seine Heimath, und ließ unterhalb seines
Geburtsdorfes auf demselben Berg eine stattliche
Burg erbauen. Dieses Schloß wurde nebst dem Dorfe
»Säufritzburg« benannt, weil er in seiner Jugend
»Säufritz« geheißen worden1.
Viele Jahre hatte die Burg gestanden, als einmal in
der Heuärnte ein schweres Gewitter kam. Fast alle
Leute, welche auf der an das Schloß grenzenden
Wiese beschäftigt waren, wollten nach Hause; eine
Magd aber rief:
Es mag donnern oder blitzen,
So muß ich meinen Heuhaufen spitzen!
Kaum war dieß gesagt, so fuhr ein gewaltiger Blitz
herab und zerstörte das Schloß und erschlug die
Magd, und riß Heu und Wiese in's Thal hinunter. Seit
dieser Zeit liegt die Burg in Trümmern; das Dorf Seyfriedsburg
aber besteht noch heute.
Fußnoten
1 Das ist nun der hörnen Sigfrit in seiner letzten Verwandlung
als Sauhirtenbube, – quantum diversus ab
illo! und doch noch erkenntlich durch seinen geringen
Stand (Schmiedjunge oder Hirtenbube gleichviel),
durch sein Bad, seine Unverwundlichkeit, seine Thaten,
seinen Hort, ja sogar durch seinen Namen, den
das Volk nicht im Wahnwitz, sondern aus einer dunklen,
aber festen Erinnerung, daß er in seiner Jugend
niedere Arbeit verrichtet hat, so geändert hat. Lehrreich
ist dieses Beispiel, weil es beweist, wie die
große Sage bis auf die heutige Zeit noch ihre Verwandlungen
durchgeht, noch ein Pflanzenleben führt,
nachdem der Geist ihr abgestorben, wie zäh daher ihr
Leben ist, bis sie endlich in Trümmer und einzelne
Bruchstücke zerfallen wird, mit deren Auflösung sie
dann völlig untergeht. M o n e .
266. Das Schloß der Thüringerfürstin.
Von F . J . F r e i h o l z .
Des Jägers Hüfthorn mischt sich mit dem
Abendglockenklang
Und zwischendrein ertönet süß ein reizender Gesang.
Wie klang das dem Verirrten doch so hoffnungsfroh
in's Ohr
Der in dem dichtbelaubten Forst vom Wege sich
verlor.
Und wie er lauschend stille steht woher der Ton wohl
kam
Und leise flüsternd ein Gebet, vom Haupt die Mütze
nahm,
Da tönt derselbe Zauberklang noch einmal durch den
Wald,
Noch einmal ruft das Glöcklein ihm, eh' leiser es
verhallt.
Rechts klang die Glocke, links das Lied, wohin nun
soll er ziehn,
Links drängt ihn eine Stimme hin, und eine heißt ihn
fliehn;
Ob mahnend auch das Glöcklein klang, bezaubernd
rief das Lied,
So daß des Herzens Widerstreit es siegreich bald
entschied.
Links bricht der Fuß durch das Gestrüpp sich rasch
erwünschte Bahn,
Bald lacht des Himmels dunkles Blau den müden
Wandrer an;
Es dehnt die reiche Ebne sich vor seinen Blicken aus,
Und stolz vom Berge niederblickt ein mächt'ges
Ritterhaus.
Wie schlägt die Brust ihm hoch vor Lust! wie wird
ihm doch so bang!
Da von dem Schloß herniedertönt noch einmal der
Gesang;
Und freundlich vom Altane winkt ihm zu ein reizend
Weib
Die reich mit Gold und Edelstein geschmückt den
schönen Leib.
Wie er bewundernd stille steht, zu ihr den Blick
gewandt,
Die in des Waldes Dunkel ihm der Liebe Gruß
gesandt,
Da hat der Schönheit Allgewalt die Sorge bald
verbannt,
Die bei der Holden Anblick ihn schier plötzlich
übermannt.
Die Freude flügelt seinen Fuß, rasch steigt er auf zur
Burg
Und unbehindert schreitet er die Zimmer all hindurch;
Doch vor der letzten Thüre bleibt er bange zögernd
stehn,
Denn durch der Thüre Spalte hat die Holde er gesehn.
Von ungewissem Dämmerlicht war das Gemach
erhellt,