Sagenbuch der Bayrischen Lande. Alexander Schöppner
Du bist im ganzen Nordgauland
Die schönste Maid von allen.
Mit ihr durch manchen Wald er reit'
In Lieb' vertreiben sie die Zeit;
Er jagt nach wilden Thieren,
Seine liebste Frau in gleicher Lust
Thut er im Wald verlieren.
Drei Monat er's nicht finden mag,
Deß führten Beide große Klag',
Sein Herz litt Todesquale.
Er dacht' an ihren schwangern Leib,
Mit ihm weint Berg und Thale.
Seine Hündlein jagten auf einer G'spar
Da erst ein Hirsch hingangen war,
Der Hirsch lauft schnell zum Felse,
Wo er so lang ernähret hat
Die wunderschöne Else.
Der Ritter eilt den Hündlein nach,
Im Fels seine liebste Frau er sach,
Züchtiglich er sie umfinge;
Desselben Tags drei Knäblein schön
Er froh von ihr empfinge.
Kein Mensch auf Erden aussprechen mag,
Was große Freud' war auf Ungemach;
Im Wald nach längs und zwerche
Seine Ritter kamen und schrieen all:
Das heißt der Elsenberge.
Der Hirsch von den Knaben nimmer wich,
Kein Hund den Hirschen mehr anficht,
Sie dankten Gott gar feine,
Und fingen drauf zu bauen an
Das feste Schloß Hirschsteine1.
Er baut's für seine Söhnlein klein,
Daß sie gute Ritter möchten sein.
Von ihm drei Geschlechter kamen:
Die W a r t e r , H ü r n h e i m und N o t t h a f f t
Sind E k s e n b e r g e r eines Stammen.
Ein jeder kriegt selbst Leut' und Schloß,
Ein G'schlecht des andern schier vergaß;
Nach etlich hundert Jahren
Waren Herrn Radibold viel zerstört
Und meisten Theils verloren.
Fußnoten
1 Gemäuer von H i r s c h s t e i n rechts der Straße
von Waldmünchen über das Mauthhaus nach
Münchsdorf in Böhmen.
96. Zum Brünnlein bei Roding.
Volksbüchlein von A u r b a c h e r II., 122.
Unfern Roding, im Regenthale, liegt ein Berg, auf
dem eine Kirche steht, zum B r ü n n l e i n genannt.
Schon in uralten Zeiten floß dort eine frische, klare
Quelle, deren Wasser sich fernab in einem Becken
sammelte. Der Rasen umher war so üppig und der
Born so erquicklich, daß der Hirt gern seine Heerde
dahin trieb, wo sie sattsame Nahrung fand und Kühlung
unter Buchen und Tannen. Eines Abends, als die
Dämmerung ihn zur Rückkehr mahnte, wollte er noch
vorerst seinen Durst stillen am Brunnen. Da, wie er
an den Rand des Beckens tritt, sieht er auf dem Wasser
ein schönes Marienbild schwimmen. Mit freudiger
Begierde will er es haschen; aber je länger er darnach
greift, desto tiefer sinkt das Bild, bis es zuletzt seinen
Augen ganz entschwindet. Als er nach Hause gekommen,
erzählte er die wundersame Erscheinung dem
Pfarrer. Dieser zog des andern Tages, von vielen
Gläubigen begleitet, zur Stelle, und siehe da! das Marienbild
erschien wieder, wie es der Hirte berichtet,
auf der Oberfläche des Wassers. Der Priester hob es
ohne Mühe heraus, und trug es in die Kirche des
Ortes. Von der Zeit an geschehen große Wunder an
der Quelle. Viele, die an den Augen litten, oder lahme
Glieder hatten, oder sonst von Kräften gekommen
waren, erlangten wieder ihre Gesundheit. Es ward
daher zu Ehren Mariä ein Gotteshaus zur Stelle erbaut,
und das Bildniß dahin übertragen. Noch heutiges
Tages fließt die Quelle inmitten der Kirche, und
es finden immer noch viele Kranke Linderung und
Genesung am Gnadenorte »zum Brünnlein.«
97. Burg Steffling im Bayerwalde.
J . K . S c h u e g r a f in: Das Königreich Bayern in
seinen Schönheiten, III., 82.
In dem Schlosse Steffling oder Stefaning sollen ungeheure
Schätze verborgen sein. Die Landgräfin Adelheid,
eine geborne bayerische Prinzessin, hat hier im
alten Thurme viel Geld aufbewahrt; allein es glückte
bisher keinem Menschen, den Schatz zu erheben, weil
dieses erst zu Ende des gegenwärtigen Jahrhunderts
geschehen kann. Erst dann, wann diese Zeit gekommen
und der Schatz gehoben sein wird, wird die
Landgräfin von ihrer Strafe, als Burggeist umzugehen,
erlöst sein.
Johann Christoph Münster, der im Rufe eines Teufelsbeschwörers
stand, soll einmal mit Hülfe eines in
seinem Schlosse anwesenden Franziskaners alle
Hexen seiner Hofmark um die Geisterstunde im
Schloßhofe versammelt haben. Als sie nun alle da auf
dem Platze waren, mußten sie auf seinen Ruf in den
Backofen spazieren und darin tanzen; aber dieser
Spott wäre den beiden Frevlern bald theuer zu stehen
kommen. Die Hexen fielen nämlich nach dem Glokkenschlage
Zwölf alsobald über die Beschwörer her,
banden und kitzelten sie so heftig und anhaltend, daß
sie ihr Leben würden geendigt haben, hätte man nicht
schleunigst aus der Burgkapelle den Kreuzpartikel
herbeigebracht, und ihnen beiden auf Kopf und Brust
gelegt. Noch bis zum Jahre 1802 war dieser merkwürdige
Hexentanz am Backofen abgemalt zu sehen.
98. Der Frauenstein bei Bogen.
L. Aemil. H e m a u e r Chronik von Ober-Alteich.
Aswinische Bogen usw. Straubing 1679. A. K i e f l der
Bogenberg. Passau 1847. S. 33.
Der Frauenstein ist ein Felsen in der Donau, auf welchem
der Sage nach das jetzt in der Kirche auf dem
Bogenberg befindliche Gnadenbild sich vorgefunden
hat. Davon meldet die Oberalteicher Chronik: Im
Jahre nach