Vom Glück einen Hund zu haben. Monika Drewes

Vom Glück einen Hund zu haben - Monika Drewes


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jede kleinste Bewegung ist für mich eine besondere Herausforderung. Jody hatte am Sonntag eigentlich eine Menge Spaß. Wir waren wieder mal beim Hundetreffen und dort hat sie nach Herzenslust mit den anderen Hunden gespielt und herumgetollt.

      Die Zweibeiner standen in fröhlicher Runde und wir haben über Gott und die Welt geklönt und ließen die Hunde ihr Ding machen. Niemand hat etwas gehört, dass was passiert ist oder gesehen, wie oder was passiert war. Jody blutete nur plötzlich ziemlich heftig an der linken Hinterpfote. Sie jaulte erst auf, als ich mir das ganze näher ansehen wollte. Sie ließ zunächst mal niemanden an die Pfote ran. Als sie dann aber weiter mit den anderen Hunden spielen wollte, verflogen erst einmal wieder meine Gedanken rund um die Pfote.

      Sie tobte zwischen den Bäumen hin und her, als wäre nichts Wildes passiert.

      Zuhause dann sah ich dann die ganze Bescherung. Sie hatte sich nichts in den Fußballen getreten, sondern sie muss irgendwie an der Kralle hängen geblieben sein und hatte sie sich fast komplett rausgerissen. An diesem Abend war nichts zu machen, weder meinen Mann, noch die Tochter oder ich kam an sie heran. Zu stark waren die Schmerzen.

      Ich rief dann bei der hiesigen Feuerwehr an. Es hieß immer, dass die Auskunft geben würde, welcher Tierarzt sonntags Notdienst hat. Aber unter der normalen Rufnummer war ständig besetzt. Ich telefonierte also so sämtliche Tierärzte ab, inklusive unserer Tierärztin, konnte aber niemanden erreichen, bzw. unsere Tierärztin teilte uns dann wenigstens per SMS mit, dass sie selber gerade bei einem Notfall wäre und noch länger beschäftigt sein würde. Sie gab uns den Tipp entweder die Feuerwehr zu befragen oder die Tierklinik aufzusuchen. Feuerwehr war weiterhin besetzt und die Notrufnummer wollte ich nun wirklich nicht wählen. Tierklinik... ist einfach zu weit weg.

      Die Nacht über war Jody sehr unruhig. Sie wusste die Pfote nicht abzulegen... alles war unbequem oder tat direkt so weh, dass es unmöglich war zu schlafen. Kurzzeitig verschaffte ich ihr mit dem Eisspray Linderung. Mir selber dröhnte der Kopf und ich wollte eigentlich Montag dann zu Hause bleiben, auch wenn ich damit riskierte gekündigt zu werden. Krankwerden darf man ja nicht bei mir in der Firma.

      Montagmorgen ging es Jody schon wieder etwas besser. Sie konnte besser auftreten, lief ganz normal und humpelte auch nicht. Zum Tierarzt hätten wir eh erst nachmittags fahren können. Da Herbstferien sind war Töchterchen zu Hause und hielt ein wachsames Auge auf Jody. Ich schleppte mich dann doch ins Büro, anstatt direkt zu fehlen, was montags immer besonders blöd aussieht.

      Meine Rechnung ging voll auf. Meine Chefin sah sich das Elend bis 15 Uhr an und schickte mich dann nach Hause. Eine Stunde später war mein Mann auch zu Hause und überlegte noch, wen er von uns beiden zuerst zum Arzt fahren sollte. Ich ließ aber Jody den Vortritt. Sie hatte eindeutig Schmerzen. Ich fühlte mich ja nur total bematscht. Ja gut, der Zeh, aber die Schmerzen blendete ich aus, wie immer.

      Die Tierärztin verpasste ihr dann eine Antibiotika-Spritze, gab uns eine Salbe mit und zu Hause hieß es dann Jody zu überreden sich verarzten zu lassen. Was sie bei der Tierärztin nicht tat... zittern wie Espenlaub, das tat sie dann bei uns. Ihr ganzer Körper zitterte und sie sah uns so verdammt hilflos und verängstigt an (einmal mehr fragte ich mich, was alles schlimmes sie in der Vergangenheit und innerhalb ihres kurzen Lebens erlebt/durchlebt/überlebt haben muss). Ich gab mir die allergrößte Mühe ihr nicht weh zu tun, was mir auch sehr gut gelungen ist. Die Pfote steckt jetzt in einem knallroten Strumpf, damit sie die Salbe nicht ablecken kann.

      Die Nacht war sie wieder sehr unruhig. Mit dem Socken läuft es sich halt ganz anders und sie wusste wieder nicht die Pfote so abzulegen, dass es ihr angenehm war. Sie wimmerte und jammerte zwar nicht, aber taperte die halbe Nacht von einem Zimmer ins nächste und wieder zurück. Ich probierte allerhand Kissenkonstruktionen aus, bis wir tatsächlich die Pfote so hinlegen konnten, dass es ihr angenehm war. In den frühen Morgenstunden begann dann die Spritze ihre Wirkung. Jody wurde übermannt von einer bleiernen Müdigkeit und konnte endlich schlafen.

      Die Morgenrunde fiel also aus und ich sah zu, dass ich zum Arzt kam. Nachdem ich dann wieder rundum informiert war über die Promiwelt und nach zwei Stunden im Wartezimmer, hielt ich endlich den gelben Schein in Händen und fuhr wieder nach Hause.

      Dort empfing mich Jody, schwanzwedelnd wie eh und je und drängte auch direkt zum rausgehen. Aber erst musste der Strumpf wieder runter. Sie sah mich an, als würde ihre Welt gerade ein weiteres Mal untergehen. Wieder zitterte sie wie Espenlaub und ihre Augen flehten mich an: "Bitte bitte tu mir nicht weh, ich habe doch nichts verbrochen!" Ich zeigte ihr genau, was ich alles machte und tat dies wieder so vorsichtig, wie nur möglich. Sie leckte mir die Hand und schleckte mir über meine Triefnase, ganz nach dem Motto: "Danke, jetzt weiß ich, dass du mir nie mit Absicht weh tun würdest."

      Nach unserer Gassirunde dann das Verblüffende (oder wieder reine Einbildung von mir). Sie wusste genau, dass die Pfote wieder mit der Salbe behandelt werden musste und dass auch wieder der Strumpf drum musste, damit sie an der lädierten Kralle nicht leckte. Sie legte sich direkt auf die richtige Seite und schob mir die verletzte Pfote entgegen, damit ich gut dran kam. Sie hielt still, versuchte nichts weg zu lecken und ließ mich einfach machen.

      Ich selber funktioniere im Moment nur und schleiche wie Falschgeld durchs Haus. Ab und an lege ich mich einfach hin. Dann kommt Jody an und obwohl anfänglich das Stehen auch nicht so einfach war, fing sie an mich zu betüddeln. Ganz vorsichtig leckt sie mir an meinen Zeh. Interessanterweise tut ihre "Behandlung" nicht im Geringsten weh. Ganz im Gegensatz zu dem was der Arzt da mit mir veranstaltete. Und jetzt sieht das ganze so aus, dass ich erst Jody verdokter und sie dann anschließend mich. Ich wache über ihren Schlaf, bin in ihrer Nähe, wenn sie wieder aufwacht und wenn mich die Müdigkeit packt, legt sie sich vor mein Bett oder vors Sofa (obwohl es dort wirklich unbequem ist zu liegen) und wacht über meinen Schlaf. Wache ich wieder auf, blicke ich als erstes in ihre nussbraunen Augen und bekomme ein Küsschen von ihr.

      Ich bin einfach begeistert von dieser bedingungslosen Treue, von diesem riesigen Vertrauen, das zwischen uns besteht und ich hoffe, dass es durch nichts zerstört werden kann. Aber eigentlich weiß ich im tiefsten meines Herzens, dass dieses unsichtbare Band bereits jetzt schon unzerstörbar ist.

      Der Trost eines Hundes

      Es ist mal wieder soweit. Das trostlose Wetter, die Jahreszeit, der ganze Stress der vergangenen Monate, der Stress, der noch vor uns liegt...die Tatsache, dass wir einfach nicht zur Ruhe kommen... all das führt dazu, dass ich mich wieder leicht depressiv fühle. Wir sind im Mai hier her gezogen, aber es war wohl eine übereilte Entscheidung, die wir jetzt täglich mehr und mehr bereuen. Uns wird es einfach nicht vergönnt uns heimisch zu fühlen. Unsere Tochter müssten wir eigentlich einsperren, fesseln und knebeln. Das Kind darf hier nichts mehr machen. Und unseren Hund, sie darf nicht mehr in den Garten und muss angeleint im Treppenhaus geführt werden. 4x am Tag Minimum hab ich das Treppenhaus zu putzen... und auch so sind etliche Regeln erlassen worden, an die wir uns zu halten haben.

      Die Firma, in der ich bis zuletzt gearbeitet habe, ist insolvent. Im September hieß es noch...kein Problem... das Unternehmen ist zu retten. Von irgendwelchen Maßnahmen, die dies bewirken sollen, haben wir nichts gemerkt. Stattdessen halte ich die Kündigung in Händen. Nein, ich bin und werde auch nicht arbeitslos. Ich habe es vorausgeahnt und werde jetzt wieder in der alten Firma arbeiten, in der ich vorher war. Leider ist das ganze wieder nur zeitlich begrenzt...aber immer noch tausend Mal besser, als direkt zum Arbeitsamt zu müssen.

      Mein Mann bekommt in seiner Firma immer deutlicher zu spüren, dass seine Arbeit keinen Wert hat. Von seinen netten, ewig freundlich grinsenden Kollegen wurde er bestohlen. Chef sagte nur, er müsse besser auf seine Sachen aufpassen. Gut, dass der Chef jetzt selber bestohlen wurde. Gleichen Spruch würgte mein Mann ihm jetzt rein. Den einzigen Vorteil dieser Arbeitsstelle, die absolute Krisensicherheit, müssen wir jetzt außer vor stellen. Seit 12 Jahren dasselbe bescheidene Gehalt und nein, es wird keine Gehaltserhöhung geben. Was interessiert es einem Chef, der selber Geld wie Dreck hat, dass rundherum alles teurer wird? Also begibt sich mein Mann jetzt auch wieder auf Arbeitssuche.

      Meine kleine Tochter... ja wäre schön, wenn sie wirklich noch klein


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