Seemannsschicksale 1 – Begegnungen im Seemannsheim. Jürgen Ruszkowski
Anschließend jobbte ich ein Jahr lang bis 1990 bei Goldwäschern am Ucavali-Fluss, ebenfalls im peruanischen Urwald. Wir waren eine von einer amerikanischen Privatfirma engagierte internationale Goldsuchercrew. Die Gesellschaft stellte Ausrüstung und Material. Der Finder erhielt eine Abfindung für das Gold je nach Größe des Fundes. Es war ein Nomadenleben. Mal schliefen wir auf unseren Booten, mal in Zelten. Wir mussten uns vor Banditen schützen und ständig Wachen aufstellen. Wasserflugzeuge holten in regelmäßigen Abständen die angesammelten Goldfunde ab.
Die deutschen Botschaften verlängerten mir meinen deutschen Pass auf Grund meines guten Leumundes immer wieder, allerdings lediglich für ein Jahr. Finanzielle Unterstützung bekam ich jedoch nie, falls ich mal in wirtschaftliche Notsituationen kam. Dann setzte ich meine Kippa, mein jüdisches Gebetskäppchen, auf und ging zum nächsten Rabbiner. Die gibt es in jeder größeren Stadt in Mittel- und Südamerika. Bei meinen jüdischen Brüdern bekam ich immer Hilfe, aber sie wollten mich auch sesshaft machen und in ihre Gemeinde eingliedern. Ein deutscher Kapitän jüdischer Abstammung namens Trautmann war es auch, der mich im Frühjahr 1991 von Peru aus auf der unter Liberia-Flagge fahrenden „HORN STAR“ mit nach Deutschland nahm. Ich musste mir unbedingt neue deutsche Papiere besorgen. So kam ich Anfang Juni nach Hamburg und in das Seemannsheim am Krayenkamp, in dem ich vorübergehend ein schönes Zuhause fand. Das Sozialamt übernahm die Aufenthaltskosten. Die Behörden in Hamburg verhalfen mir zu einer Geburtsurkunde, einem Personalausweis und einem neuen Reisepass. Nach zweieinhalb Monaten flog ich auf eigene Kosten zu den Kanaren, wo ich in einem Hotel Arbeit fand.“
Im Mai 1993 kam Eberhard zum zweiten Mal für zwei Monate ins Seemannsheim am Krayenkamp. Danach fand er Arbeit als Nachtsteward auf einem Schiff der britischen Cunard-Line, das zwischen Southamton und New York mit einer größeren Anzahl Passagieren verkehrte. „Krankheitshalber musste ich nach einem Monat abmustern. Ich hielt mich noch zwei Monate in Costa Rica auf und kam Ende Oktober 1993 wieder nach Hamburg.
Meine weitere Zukunft ist völlig ungewiss. Mich zieht es immer in die Ferne. Demnächst muss ich mal wieder in den sonnigen Süden reisen. Dieses kalte Winterwetter bin ich nicht mehr gewohnt. Rentenansprüche habe ich in Deutschland nicht, weil meine versicherungspflichtigen Arbeitszeiten hier für eine Rentenanwartschaft nicht ausreichen.“ Ich fuhr fast nur auf ausländischen Schiffen und arbeitete überwiegend jenseits des Atlantiks. Große Ansprüche habe ich nicht. Ich rauche nicht und mache mir nichts aus Alkohol. Aber zum Reisen braucht man Geld, und ich reise für mein Leben gern. Wenn ich mit 30 Jahren so schlau gewesen wäre wie heute, wäre ich jetzt sicher ein Millionär.“ Der schlaue Jude Otto holt seine zusammengelegte Kippa aus der Tasche, faltet sie auf und zählt seine darin verwahrten Geldmünzen nach, ob sie für eine warme Mahlzeit reichen.
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