Die schönsten Weihnachtsgeschichten I. Charles Dickens

Die schönsten Weihnachtsgeschichten I - Charles Dickens


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in verschiedenen Kreisen sich drehend; das alte erste Paar blieb immer an der falschen Stelle stehen, das neue erste Paar fuhr immer wieder fort, wenn es stehenbleiben sollte. Schließlich standen alle Paare als erste da und kein einziges mehr als letztes. Als das Resultat erreicht war, klatschte der alte Fezziwig in die Hände, um den Tanz zu beenden, und rief »Bravo!« und der Geiger tauchte sein heißes Gesicht in einen Krug Porter, der besonders zu diesem Zwecke neben ihm stand. Aber kaum war er wieder daraus aufgetaucht, so fing er schon wieder an aufzuspielen, obgleich noch keine Tänzer wieder bereit waren. Es war, als wenn der eine Geiger erschöpft auf einer Bahre heimgetragen worden sei, und er ein ganz frisch importierter sei, entschlossen, ihn auszustechen oder zu vernichten.

      Dann folgten noch mehrere Tänze und Pfänderspiele und wieder Tänze. Dann kam Kuchen und Negus und ein großes Stück kaltes Roastbeef, Fleischpasteten und Bier in Überfluß. Aber der Höhepunkt des Abends setzte ein nach dem Rindfleisch, als der Geiger (ein pfiffiger Kopf; er kannte sein Geschäft besser, als du, verehrter Leser, oder ich es ihn hätte lehren können) anhob »Sir Roger de Coverley«Ein behaglicher Tanz nach der Art des deutschen: »Und als der Großvater die Großmutter nahm.« zu spielen. Da stellte sich der alte Fezziwig mit Mrs. Fezziwig an, und zwar als das erste Paar. Sie hatten allerhand zu leisten, drei- oder vierundzwanzig Paare tanzten mit, Leute, mit denen nicht zu spaßen war, Leute, die tanzen wollten und doch kaum richtig gehen konnten.

      Aber wenn es doppelt, ja viermal soviel gewesen wären, hätte es der alte Fezziwig mit ihnen aufgenommen und auch Mrs. Fezziwig. Was sie betraf, so war sie im vollen Sinne des Wortes würdig, seine Tänzerin zu sein. Wenn das kein großes Lob ist, so nennt mir ein größeres, und ich will es verkünden. Fezziwigs Waden schienen wirklich zu leuchten. Sie glänzten bei jedem Teil des Tanzes wie ein Paar Monde. Ihr hättet zu keinem Augenblick voraussagen können, was aus ihnen im nächsten werden würde. Und als der alte Fezziwig und Mrs. Fezziwig sich in allen Touren des Tanzes produziert hatten: in Vorwärts und Rückwärts, im Hin- und Herschwenken, Kompliment und Verbeugung, Umeinandertanzen, Sich-um-sich-selbst-Drehen, Zurücktanzen zum Standquartier, sprang zum Schluß Fezziwig so herzhaft in die Lüfte, daß er mit den Beinen zu winken schien, und kam dann, ohne zu wanken, wieder auf die Füße.

      Als die Glocke elf schlug, war dieser häusliche Ball zu Ende. Mrs. und Mr. Fezziwig stellten sich zu beiden Seiten der Tür auf, schüttelten jedem einzelnen der Gäste die Hand zum Abschied und wünschten ihm oder ihr fröhliche Weihnacht.

      Als alle, außer den zwei Lehrlingen, fort waren, wünschten sie diesen das gleiche. So verging der vergnügliche Lärm, und die Burschen gingen in ihre Betten, die sich unter einem Ladentisch in der hintersten Niederlage befanden.

      Während dieser ganzen Zeit hatte sich Scrooge wie närrisch gebärdet. Sein Herz und seine Seele waren bei dem Ball und seinem ehemaligen Selbst. Er erkannte alles wieder, erinnerte sich an alles, freute sich über alles und befand sich in der merkwürdigsten Aufregung. Nicht eher, als bis die fröhlichen Gesichter seines ehemaligen Selbst und Dicks verschwunden waren, fiel es ihm ein, daß der Geist neben ihm stehe und ihn betrachtete, indessen das Licht auf seinem Haupt in voller Klarheit brannte.

      »Eine Bagatelle genügt«, sagte der Geist, »um diese närrischen Leute so dankerfüllt zu machen.«

      »Eine Bagatelle«, gab Scrooge zurück.

      Der Geist gab ihm ein Zeichen, den beiden Lehrlingen zuzuhören, die ihr Herz in Lobpreisungen auf Fezziwig erleichterten; und als Scrooge das getan hatte, meinte der Geist: »Nun, ist es nicht so? Er hat nur ein paar Pfund Eures irdischen Geldes hingegeben; vielleicht drei oder vier. Macht das soviel aus, daß er deshalb Lob verdient?«

      »Das ist's nicht«, sagte Scrooge, durch diese Bemerkung gereizt, und wie sein früheres, nicht wie sein jetziges Selbst sprechend. »Das ist es nicht, Geist. Er hat die Macht, uns glücklich oder unglücklich, unsern Dienst zu einer Last oder zu einer Bürde, zu einer Freude oder zu einem dauernden Schmerz zu machen. Du kannst sagen, seine Macht liege in Worten und in Blicken, in so unbedeutenden und kleinen Dingen, daß es unmöglich ist, sie herzuzählen. Was schadet das? Das Glück, das er bereitet, ist so groß, als ob es sein ganzes Vermögen gekostet hätte.

      Er fühlte des Geistes Blick und schwieg.

      »Was ist los?« fragte der Geist.

      »Nichts, nichts«, sagte Scrooge.

      »Etwas scheint doch nicht in Ordnung zu sein«, drängte der Geist.

      »Nein«, sagte Scrooge, »nein. Ich möchte nur schnell ein paar Worte mit meinem Diener sprechen. Um weiteres handelt es sich nicht.«

      Sein früheres Selbst löschte die Lampen aus, als er diesen Wunsch aussprach, und Scrooge und der Geist befanden sich wieder im Freien.

      »Meine Zeit geht zu Ende«, sagte der Geist. »Schnell!«

      Diese Aufforderung war nicht an Scrooge oder an jemand, den er sehen konnte, gerichtet; aber es wirkte sofort. Denn wieder sah Scrooge sich selbst. Er war jetzt älter geworden, ein Mann in der Blüte seiner Jahre. Sein Gesicht hatte nicht die schroffen, rauhen Züge wie später, aber es fing schon an, die Merkmale der Sorge und des Geizes zu tragen. In seinem Auge brannte ein unruhiges, habsüchtiges Feuer, das von der Leidenschaft zeugte, die darin einen Nährboden geschlagen hatte und zeigte, wohin der Schatten des wachsenden Baumes fallen würde.

      Er war nicht allein, sondern saß neben einem schönen jungen Mädchen in Trauerkleidung. In ihrem Auge glänzten Tränen, die in dem Lichte schimmerten, das von dem Geist vergangener Weihnachten ausströmte.

      »Es hat nichts zu sagen«, versetzte sie sanft. »Für dich gewiß nicht. Ein anderes Götzenbild hat mich verdrängt; und wenn es dich in späterer Zeit trösten und aufrechterhalten kann, wie ich es versucht haben würde, so habe ich keine Ursache zu klagen.«

      »Welches Götzenbild hätte dich verdrängt?« fragte er.

      »Ein goldenes.«

      »Das ist die Gerechtigkeit der Welt!« sagte er. »Gegen nichts ist sie so feindlich, wie gegen die Armut; und dennoch verdammt sie nichts mit größerer Strenge, als das Streben nach Reichtum.«

      »Du fürchtest das Urteil der Welt zu sehr«, antwortete sie freundlich. »Alle deine andern Hoffnungen sind in der einen verschluckt von dem hoffenden Bemühen der Welt, äußerlich keinen Anlaß zum Tadel zu geben. Ich habe deine edleren Regungen eine nach der anderen verschwinden sehen, bis die eine Leidenschaft nach Gold dich ganz erfüllte. Ist es nicht so?«

      »Und was weiter«, antwortete er. »Selbst wenn ich soviel klüger geworden bin, was weiter? Gegen dich bin ich doch unverändert.«

      Sie schüttelte ihr Haupt.

      »Bin ich anders?«

      »Unser Verlöbnis ist von ehedem. Es wurde geschlossen, als wir beide arm und bei alledem zufrieden waren, bis wir unser Los durch beharrlichen Fleiß verbessern könnten. Du bist ein anderer geworden. Als wir uns verlobten, warst du ein anderer Mensch.«

      »Ich war ein Knabe«, sagte er ungeduldig.

      »Dein eigenes Gefühl sagt dir, daß du nicht so warst, wie du jetzt bist«, antwortete sie. »Ich bin noch immer die gleiche. Das, was uns das Glück versprach, als wir noch eins im Herzen waren, bedeutet uns Kummer und Unglück jetzt, wo wir im Geiste nicht mehr eins sind. Wie oft und wie bitter ich das gefühlt habe, will ich nicht sagen; es ist genug, daß ich es gefühlt habe, und daß ich dich deiner Verpflichtung entbinden kann.«

      »Habe ich meiner Verpflichtung untreu zu werden versucht?«

      »In Worten? Nein. Niemals!«

      »Worin dann?«

      »Durch ein verändertes Wesen, durch eine andere Gesinnung, durch andere Lebenskreise, an die du dich anschlossest, und durch eine andere Hoffnung als auf sein großes menschlich-göttliches Ziel. In allem, was meiner Liebe in deinen Augen einigen Wert gab. Wenn alles Frühere zwischen uns nicht gewesen wäre«, sagte das Mädchen, ihn mit sanftem, aber sicherem Blick ansehend, »sage mir, würdest du mich jetzt aufsuchen und um mich werben? Ach, nein!«

      Er


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