Pferdesoldaten 09 - Das Kanonenboot. Michael Schenk

Pferdesoldaten 09 - Das Kanonenboot - Michael Schenk


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des Schiffes zeigten sich nicht sehr glücklich darüber, dass ihr stolzes Schiff nun als Truppentransporter diente. Ihr Patriotismus hielt sich in überschaubaren Grenzen, wenn sie erlebten wie genagelte Brogans die teuren Teppiche malträtierten oder die Kolben von Gewehren immer wieder das teure Mobiliar beschädigten. Man hatte nicht genügend Zeit gehabt, alle diese Dinge in Sicherheit zu bringen. Zu überraschend waren Schiff und Besatzung in den Dienst der United States Navy gestellt worden.

      Der gehobene Standard an Bord der Nentucket war wohl auch der Grund, warum sich Commodore Isaac Lumbers auf ihr einschiffte und sie als Flaggschiff nutzte, auch wenn der Marineoffizier betonte, dies geschähe ausschließlich, da ihm das hoch gelegene Führerhaus einen besseren Überblick über das Geschehen biete, als der eines Kanonenbootes.

      Wahrscheinlich würde der Kapitän dies als akzeptables Übel hingenommen haben, wäre da nicht die Wahrscheinlichkeit gewesen, dass sein schönes Schiff unter Beschuss geraten würde. Die Konföderierten schätzten es nicht besonders, wenn ein Dampfer Versorgungsgüter oder Truppen der Union an Bord hatte, was umgekehrt ebenso der Fall war.

      Die Nentucket fuhr im Verband mit drei anderen Schiffen. Flussabwärts. Sie fuhren mit der Strömung, was ihnen zu höherer Geschwindigkeit verhalf. Die schnelle Fahrt rief bei den Wenigsten an Bord Begeisterung hervor, denn sie bedeutete, dass man auch schneller am Feind sein würde. Einem Feind, für den die Nentucket und der ähnlich große Passagierdampfer hinter ihr, kaum zu übersehende und wehrlose Ziele darstellten.

      Eigentlich sollten die beiden Truppentransporter durch zwei der neuen Kanonenboote geschützt werden, deren Waffen jeden Widerstand brechen konnten, doch die U.S.S. Calliope hatte Maschinenschaden. Die Reparatur würde zwar nur drei Tage in Anspruch nehmen, doch Commodore Lumbers wollte nicht so lange warten. Jede Verzögerung böte den Rebellen die Gelegenheit, die Unionsflottille zu entdecken und sich auf sie vorzubereiten.

      So war die U.S.S. Mayhew das einzige bewaffnete und gepanzerte Schiff des kleinen Verbandes. Immerhin war das „ironclad gunboat“ der City-Klasse ein Achtung gebietendes Schiff. Die City-Klasse war die Konsequenz aus den Erfolgen gepanzerter Fregatten zur See und dem Umstand, dass man auf Flüssen einen deutlich geringeren Tiefgang benötigte. Besonders dann, wenn man auf dem Mississippi unterwegs war.

      Die U.S.S. Mayhew verdrängte nur fünhundertzwölf Tonnen, war dreiundfünfzig Meter lang und fast sechzehn breit. Sie wurde ebenfalls durch zwei Expansionsmaschinen angetrieben und konnte mit dem 6,7 Meter durchmessenden Heckrad knapp fünfzehn Kilometer in der Stunde erreichen. Ihr Tiefgang betrug einhundertachtzig Zentimeter, was der Tatsache geschuldet war, dass sie schwere Waffen trug, allerdings nur teilweise gepanzert war. Den Spitznamen „Schildkröte“ verdankte sie der Schräge von rund sechzig bis fünfundvierzig Grad, in der die Panzerplatten auf die hölzerne Grundkonstruktion aufgeschraubt oder genietet waren. Das Schiff ragte, inklusive des Ruderhauses, kaum neun Meter aus dem Wasser und besaß nur ein einziges Deck. Die vorderen zwei Drittel gehörten der Kasematte, dem Batteriebereich, das hintere der Maschine und den Holzvorräten. Die Kasematte war vierundsechzig Millimeter dick gepanzert, das Ruderhaus achtunddreißig. Dieses bestand aus dem kegelförmigen Steuerstand, in dem sich das große Rad befand und einem tonnenförmigen Aufbau für Beobachtungszwecke und Artillerieleitung. Der Rest des Schiffes war ungeschützt, allerdings lag das Schaufelrad am Heck innerhalb der Panzerhülle.

      Während ein großer Frachtdampfer auf dem Mississippi mit kaum fünfzehn Mann Besatzung auskam, befanden sich auf der Mayhew 251 Mannschaftsmitglieder. Dies war den schweren Geschützen geduldet, die bis zu zehn Mann Bedienung benötigten.

      Das Kanonenboot verfügte am Bug über zwei 32-Pfünder, an den Seiten über je vier 20,3-Zentimeter-Hinterlader. Im Gegensatz zu den neueren Schiffen ihrer Klasse, besaßen die U.S.S. Mayhew und ihr Schwesterschiff U.S.S. Calliope noch keine Heckwaffen. Die Bewaffnung der Kanonenboote konnte sich in Zukunft erheblich unterschieden.

      Commodore Lumbers war davon überzeugt, dass die Waffen der U.S.S. Mayhew vollkommen ausreichend waren, um jeden Widerstand der Rebellen zu brechen, auch wenn er auf das zweite Kanonenboot verzichtete.

      Im Augenblick stand Isaac Lumbers im ungeschützten Ruderhaus der Nentucket, paffte gemütlich an seiner voluminösen Pfeife und sah durch die Frontscheibe auf den Fluss hinaus. Hinter dem großen Flussdampfer folgte der zweite Truppentransporter, die Missouri Lady. Vorne dampfte die U.S.S. Mayhew. Stolz wehte eine übergroße Fahne der Union über ihrem Heck, während mächtige Rauchwolken aus ihren beiden Schornsteinen stiegen.

      Die verräterischen Rauchfahnen der Dampfboote waren schon auf größere Entfernung zu erkennen und würden den Feind vorwarnen. Damit umgekehrt auch die Unions-Flottille rechtzeitig gewarnt werden konnte, benutzte Lumbers ein kleines Dampfboot als Vorhut.

      Die Louisville war ein Frachtboot. Sie besaß ungefähr die Abmessungen der Mayhew und zwei Decks, die gewöhnlich dem Transport von Holz, Baumwolle, Rindern und anderen Waren dienten. Ihr Kapitän befuhr den Mississippi seit vielen Jahren. Er kannte jede Stelle wo Untiefen drohten oder gefährliche Strömungen herrschten. Der Steuermann der Louisville behauptete felsenfest, sein Kapitän kenne sogar jeden der zahllosen Alligatoren beim Namen, die immer wieder zu beobachten waren.

      Die Aufgabe der Louisville war einfach. Dem Verband ein gutes Stück vorausfahren und einen möglichst harmlosen Eindruck machen. Entdeckte man an Bord eine konföderierte Artilleriestellung, so sollte man durch Flaggensignale die nachfolgenden Schiffe alarmieren. Der Mayhew fiel dann die Aufgabe zu, die Batterie niederzukämpfen und die Durchfahrt zu erzwingen.

      Commodore Lumbers rechnete mit keinem ernsten Widerstand. In diesem Bereich des Mississippi hielten sich keine gepanzerten Kriegsschiffe der Rebellen auf. Es gab auch keine Küstenbatterien, wie in den Forts an der Küste. Die Truppenverbände, welche die Konföderierten in diesem Gebiet unterhielten, konnten den Schiffen kaum gefährlich werden. Zudem hatten sie alle Hände voll damit zu tun, die Landtruppen der Union zu bekämpfen.

      Es war der Juni im Jahr 1863 und die Union belagerte die konföderierte Stadt Vicksburg.

      Die Stadt lag am Ostufer des Mississippi, entlang eines Höhenzuges, der sich bis zu sechzig Meter über den Fluss erhob. Diese erhöhte Lage begünstigte die Verteidigung der Stadt, die zudem durch vorgelagerte Palisaden, Forts und Gräben erweitert worden war. Die Union beabsichtigte, Vicksburg und Port Hudson, in Louisiana, einzunehmen und damit die Kontrolle über den Mississippi zu erlangen. Damit würde die Union die Konföderation geographisch in zwei Teile spalten und den Fluss als Versorgungsweg für den Süden ausschalten, während sie selbst ihn für den Transport von Truppen und Nachschub nutzen konnte.

      Vicksburg war somit für beide Seiten von enormer Bedeutung.

      Während auf Unionsseite General Ulysses Simpson Grant rund 97.000 Soldaten, bis zu 220 Geschütze verschiedener Typen und die Mississippi-Flottille in die Schlacht warf, standen dem konföderierten General John C. Pemberton nur 30.000 Soldaten und knapp 150 schwere Waffen zur Verfügung. Eine Reihe von nachträglich bewaffneten Dampfschiffen war von Pemberton in die Verteidigung eingegliedert worden.

      Die Versorgungslage der Konföderierten war jedoch nicht besonders gut. Es mangelte an Waffen und an Munition.

      Am Morgen des 17. Mai 1863 eröffnete Grant den Angriff auf die Verteidiger einer Brücke, die über den Fluss führte. Die meist unerfahrenen konföderierten Soldaten wurden vom Schwung der Unionstruppen dermaßen überwältigt, dass sie den Kampf bereits nach drei Minuten aufgaben und sich hastig, wenn auch überwiegend geordnet, nach Vicksburg zurückzogen.

      Hier stießen die verfolgenden Unionssoldaten jedoch auf gut ausgebaute Stellungen, die aus Schützengräben, Palisaden und Forts bestanden. Wie in jedem Krieg und jedem Kampf, erlitten die Angreifer nun deutlich höhere Verluste, als die Verteidiger. Doch während Grant einigen Nachschub und Verstärkungen erhielt, waren die verfügbaren Kräfte der Südstaatler begrenzt. Der Druck der Unionstruppen wurde schließlich so groß, dass es Grant gelang, die Stadt von allen Seiten einzuschließen und von jeder Versorgung abzuschneiden.

      Die Kanonenboote der Mississippi-Flottille begannen zudem,


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